Kommentar
07:58 Uhr, 10.07.2020

Kommt doch ein Inflationsschock?

Als Notenbanken ihre Geldschleusen öffneten, bekamen viele Angst vor Inflation. Zunächst konnte man beruhigen, doch jetzt geschieht etwas Unerwartetes.

Als die EZB, Fed, Bank of England und viele weitere Notenbanken im März die Geldschleusen öffneten, kamen vermehrt Fragen nach Sachwerten auf. Dabei ging es nicht nur um Gold, sondern auch andere Sachwerte wie Immobilien. Viele fühlten sich geradezu gedrängt das Geld in Sachwerten zu verstecken, denn es wurde ein Inflationsanstieg befürchtet. Dieser Inflationsanstieg wurde auch 2009 befürchtet. Er kam am Ende nicht. Auch diesmal sollte es so sein. Nun geschieht aber etwas Unerwartetes. Die Inflationsrate fiel zunächst im März, April und Mai. In Deutschland ging die Teuerung von 1,7 % auf 0,6 % zurück. Es sah überhaupt nicht nach Inflation aus. Wenn überhaupt, dann musste man Deflation erwarten. Im Juni stiegen die Inflationsraten in vielen Ländern plötzlich an. In Deutschland ging es auf 0,9 % nach oben. Das ist noch weit von einer hohen Inflationsrate oder gar Hyperinflation entfernt, es ist aber ein unerwarteter Anstieg. Dieser Anstieg kommt zudem zu einer Zeit, in der die Wirtschaft noch weit unter Potenzial arbeitet.

Als wäre das nicht beunruhigend genug, steigen auch die Inflationserwartungen deutlich an. Je nach Umfrage erreicht die Inflationserwartung der Verbraucher in den USA Werte, die seit 6 bis 10 Jahren nicht mehr gesehen wurden (Grafik 1). Inflationserwartungen machen noch keine Inflation. Es ist aber interessant, dass Verbraucher trotz schwieriger Lage einen deutlichen Inflationsanstieg erwarten.


Anleger sehen das weitaus gelassener. Anhand der Renditen für Staatsanleihen und inflationsgebundenen Anleihen lassen sich die Inflationserwartungen berechnen. Je weiter man in die Zukunft blickt, desto stabiler sind die Erwartungen. Kurzfristig kann sich viel tun. Es reicht, wenn der Ölpreis einknickt und in einzelnen Monaten können die Preise sinken. Langfristig bleiben die Markterwartungen jedoch gut verankert (Grafik 2).

Kurzfristig wird eine Inflationsrate gesehen, die unter den Vorjahren liegt. Langfristig hat die Krise den Inflationsausblick kaum verändert. Auf der einen Seite haben wir Anleger, die keinen Inflationsanstieg sehen und auf der anderen Seite sehen wir Verbraucher, die eine vergleichsweise hohe Inflation erwarten. Wer hat Recht?

Im Zweifelsfall hat der Zinsmarkt Recht. Aktuell haben wir aber keinen Zweifelsfall. Wegen Unterbrechung von Lieferketten waren bestimmte Güter knapp. Die Preise einiger Lebensmittel stiegen rasant an. Preisanstiege bei Lebensmitteln sind das, was Verbraucher sofort wahrnehmen. Daher steigt die Inflationserwartung. Man sieht ja, dass die Preise steigen...

Auch der Ölpreis hat sich von seinen Tiefs gelöst. Der starke Sog nach unten fällt weg. Kurzfristig könnte die Inflation weiter steigen. Das liegt am Ölpreis und an bestimmten Gütern, die wegen unterbrochener Lieferketten knapp sind. 2009 waren es andere Gründe, aber auch damals gab es direkt nach der Krise einen kurzlebigen Inflationsanstieg. Ähnliches ist auch heute zu erwarten. Dauerhaft höhere Inflation ist nicht absehbar.

Clemens Schmale


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2 Kommentare

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  • JainZhar
    JainZhar

    Hoffe die Inflation kommt. Ist gut für Sachwerte, ist gut für die hohen Staatsschulden. Denke aber, im Moment sind das eher Preissteigerungen durch Hygieneauflagen, Lieferschwierigkeiten und Ölpreisanstieg. Langfristig sehe ich in Europa bei dem Wirtschaftsschock keine hohe Inflation. Leider.

    09:54 Uhr, 10.07. 2020
  • mariahellwig
    mariahellwig

    Es sind nicht nur Lebensmittel, die im Preis stiegen. Da wird an vielen Ecken mit Verweis auf Corona an der Preisschraube gedreht. Viele technische Bauteile sind seit Jahresbeginn um 20-30% im Preis gestiegen, Hotelübernachtungen sind um 20% teurer geworden. Ich glaube eher das der Anleihenmarkt wie der Aktienmarkt in einer Blase lebt.

    08:10 Uhr, 10.07. 2020

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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