Kommentar
10:43 Uhr, 30.07.2021

Klimawandel als Trojanisches Pferd

Was haben Klimawandel, Vermischung von Staat und Notenbank und mehr Macht für Zentralbanken miteinander zu tun? Hier gibt es eine Antwort.

Notenbanken werden immer mächtiger, die Grenze zwischen Fiskal- und Geldpolitik verschwimmt und nun sollen Notenbanken auch noch das Klima retten. Letzteres ist besonders heikel, da die Notenbank hier Wirtschaftspolitik übernimmt. Man kann die Klimapolitik der Notenbanken als Trojanisches Pferd interpretieren. In diesem Fall zu dem Zweck, dass Notenbanken immer mehr staatliche Aufgaben übernehmen. Rückblickend gesehen musste es fast so kommen. Aber wie war das überhaupt möglich?

Vor der Finanzkrise waren Notenbanken nicht im Scheinwerferlicht. Ein kleiner Kreis innerhalb der Finanzwirtschaft hing an den Lippen der Top-Notenbanker. Darüber hinaus waren die Namen kaum ein Begriff. Notenbanker waren keine prominenten Persönlichkeiten. Schlagzeilen machten Zentralbanken nicht.

Vor 2008 erschienen die damaligen Chefs der EZB (Trichet) und der Fed (Bernanke) nur auf den unteren Rängen der mächtigsten Personen der Welt, sofern sie überhaupt auftauchten. Mit der Finanz- und Eurokrise änderte sich das schlagartig. Plötzlich waren die Chefs der EZB und Federal Reserves unter den Top 10 (siehe Grafik).

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Mit einer solideren Verfassung der Wirtschaft verloren sie an Bedeutung. Dann kam die Coronakrise. Bereits vor Covid hatten Notenbanken ihre Macht erheblich ausgebaut. Offiziell diente die Geldpolitik immer nur der Mandatserfüllung: Preisstabilität. Preisstabilität dürfte allerdings nicht das gewesen sein, an das Notenbanken dachten, als sie im großen Stil Staatsanleihen kauften.

Quantitative Easing war wichtig und richtig. Im Nachhinein muss man jedoch feststellen, dass das Instrument zu lang und zu exzessiv gebraucht wurde. Notenbanken selbst geben zu, dass sehr tiefe Zinsen über einen langen Zeitraum zu mehr Ungleichheit führen. Das Problem erkannte auch die Bevölkerung. Es gab in den USA und Europa Proteste gegen die Notenbankpolitik.

Geschickt wie Notenbanken sind, gingen sie das Thema an. Ungleichheit wird großgeschrieben. Vor einem Jahrzehnt kam das Wort in Reden praktisch nicht vor. Heute gibt es kaum noch eine Rede, ohne die Ungleichheit zu thematisieren. Dabei haben Notenbanken das Problem selbst geschaffen. QE lässt Vermögenswerte stark steigen. Noch nie wurden die Reichen so schnell reicher als in den vergangenen Jahren.

Das Problem wollen Notenbanken angehen, indem sie eine noch aggressivere Politik umsetzen. Das Soziale daran: Möglichst schnell wieder Vollbeschäftigung erreichen. Das ist nobel, die Kollateralschäden in Form von Vermögenspreisblasen lassen jedoch daran zweifeln, dass es einen positiven Effekt geben wird.

Das Mandat Preisstabilität wird inzwischen sehr weit gefasst. Mit der Pandemie haben Notenbanken zudem unter dem Deckmantel der Preisstabilität Staaten finanziert. Damit wird Fiskalpolitik betrieben. Nun soll ein weiteres Kernstück der Politik auf Notenbanken übergehen: Wirtschaftspolitik. Klimawandel ist hier das Trojanische Pferd.

Die Bank of England ist hier Vorreiterin. Andere dürften folgen. Sie will ihre Geldpolitik unter anderem an der Klimafreundlichkeit ausrichten. Unternehmensanleihen im Rahmen von QE kommt dann z.B. Solaranlagenbauern zugute, nicht aber dem Gaskraftwerk, das für die Grundversorgung einsteht.

Wenn Geldpolitik beginnt, Sektoren der Wirtschaft zu begünstigen, sollten die Warnleuchten angehen. Eine solche Lenkung kann nur zu Ineffizienzen und Preisblasen führen. Nach der Geldpolitik übernehmen Notenbanken Teile der Sozial- und Wirtschaftspolitik. Es gibt einen Grund, weshalb Notenbanken unabhängig von Politik sein sollten. Genau das Gegenteil geschieht derzeit.


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4 Kommentare

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  • Marc1
    Marc1

    Wir können es nicht ändern, nur darauf reagieren. Was sind die richtigen Maßnahmen, um sich selbst, seine Familie und sein Vermögen zu schützen?

    17:27 Uhr, 30.07. 2021
    1 Antwort anzeigen
  • mkgeld
    mkgeld

    Die Unabhängigkeit der Zentralbanken wird für politische Ziele geopfert und das ist mehr als nur ein Skandal. Es wird die Grundlage sein für die größte Blase aller Zeiten und diese genau wird platzen. Sobald die Märkte das Vertrauen in die Zentralbanken komplett verlieren. Nicht die Stabilität des Geldes steht im Vordergrund sondern die Entschuldung der Staatshaushalte auf Kosten der Bürger und deren Altersvorsorge die sich in Luft auflöst. Als sichere Größe in dem Spiel bleibt den Rentnern das Dosen- und Flaschenpfand was der Inflation angepasst werden dürfte. Es sind rosige Aussichten. Denn das Klima ist das letzte was sich ändert oder durch die Maßnahmen verbessern wird; darauf bauen die Politiker und niemand kann sie für irgendwas verantwortlich machen. "Wir wollten doch alle nur das Beste"

    14:24 Uhr, 30.07. 2021
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
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Finanzmarktanalyst
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Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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