Kommentar
22:00 Uhr, 03.11.2008

KGV des S&P 500 Index: So niedrig, wie seit Jahrzehnten nicht mehr - historische Kaufchance oder Finger weg?

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Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) am US-Aktienmarkt ist in der letzten Woche auf den niedrigsten Stand seit mehreren Jahrzehnten abgefallen. Gemessen an den Gewinnerwartungen für die im S&P 500 Index gelisteten Unternehmen betrug es am 27. Oktober nur noch 10,69. Viele Marktkommentatoren bezeichneten dieses Niveau aus fundamentaler Sicht als eine der besten Kaufchancen in ihrem Leben. Zum Schlussstand am Freitag, als sich der S&P 500 Index wieder um rund 15 Prozent auf 968,75 Punkte erholt hatte, betrug das KGV 12,25.

Das KGV, das auf den vergangenen Gewinnen der Unternehmen basiert, liegt aktuell jedoch bei 21,32. Der hohe Wert resultiert auf dem starken Gewinnrückgang in den letzten 12 Monaten, was den Nenner der KGV-Berechnung stark senkte und somit das KGV entsprechend erhöhte. Dieses so genannte „nachlaufende KGV“ ist für Journalisten in den Medien leichter verfügbar und führt dazu, dass viele Medien den Aktienmarkt auch nach dem jüngsten Kursrückgang noch als teuer bezeichnen. Das auf Gewinnerwartungen basierende KGV bietet jedoch einen besseren Hinweis auf die Bewertungen am Aktienmarkt als das nachlaufende KGV, ist aber auch anfälliger für Schätzungsfehler.

Das aktuelle, auf Gewinnschätzungen basierende KGV von 12,25 ist sehr niedrig im historischen Vergleich. Der Dreijahresschnitt dieses Werts beträgt 15,2, der 10-Jahresschnitt sogar 19,1. Der S&P 500 Index könnte also um 26 Prozent steigen, um den Dreijahresschnitt zu erreichen. Dies impliziert natürlich die Annahme, dass die jetzigen Gewinnschätzungen in den nächsten Wochen nicht allzu stark nach unten korrigiert werden. Denn: Fielen die Gewinnerwartungen von jetzt an um 21 Prozent, so hätte dies ebenfalls einen Anstieg des KGVs auf 15,2 zur Folge, und der S&P 500 Index wäre immer noch bei 968,75 Punkten.

Als das wahrscheinlichere Szenario muss aktuell eine weitere Senkung der Gewinnerwartungen betrachtet werden. Dies wird eher zu einer Normalisierung des KGVs führen, als steigende Aktienkurse.

Schöne Grüße
Ihr Jochen Stanzl
Chefredakteur Rohstoff-Report.de

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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