Kernkraft und Uran: Das sollten Sie darüber wissen
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Obwohl die Kernkraft wegen ihrer Sauberkeit ein wichtiges Puzzleteil zur Lösung des Klimawandel-Problems darstellt, müssen Anleger genau auf die politische Bereitschaft zum Bau neuer Kernkraftwerke achten, wenn sie in diesen Sektor investieren möchten. Sie muss den AKW-Betreibern und den Stromkonzernen die Sicherheit geben, sowohl was die politischen Rahmenbedingungen als auch die Finanzierung neuer Anlagen anbelangt.
Stromkonzerne planen in Europa betriebenen vier neue Kernkraftwerke, die keine Treibhausgase emittieren, doch werden diese Kraftwerke wohl erst gebaut werden, wenn die finanziellen Mittel dafür von Regierungsseite bereitgestellt werden. In den USA gilt das gleiche Credo: Dort könnten in den nächsten Jahren vier bis acht neue AKWs gebaut werden. Die finanziellen Garantien wurden bereits vor Jahren in den Energiegesetzen angedacht, aber nie von der Regierung und dem US-Kongress bewilligt.
Als die letzten Kernkraftwerke in den 70er und 80er Jahren gebaut wurden, haben sich zahlreiche Probleme aufgetan, die den Elektrizitätskonzernen einen Strich durch die Rechnung machten. Zum einen stiegen die Sicherheitsbefürchtungen und damit die gesetzlichen Auflagen und Regulierungen. Hinzu kam eine hohe Inflation, hohe Zinsen, und die hohen Ölpreise, die schließlich zu einem Rückgang der Stromnachfrage führten. Schließlich kosteten der Kraftwerksbau deutlich mehr, als ursprünglich erwartet.
Heute fürchtet man sich davor, dass sich diese Entwicklungen wiederholen könnten. Die Stromkonzerne müssen mit Faktoren planen, über die sie keine Kontrolle haben – wie die hohe Inflation oder neue Regularien der Regierung. Banken bestehen heute bei Finanzierungen neuer Kernkraftwerke auf Kreditgarantien des Staates.
Dabei sind Kreditgarantien für die Stromerzeugung nicht neu. Ohne massive Subventionen der Regierung würde heute keine Öl-, Gas- oder Kohleindustrie in der Form existieren, wie wir sie heute haben. Auch die Wind- und Solarenergie ist nur dadurch entstanden, dass Regierungen die Unternehmen im Sektor subventionieren. In den USA ist die Herstellung von Ethanol ausschließlich dadurch entstanden, dass die Regierung Gelder bereitstellt. Die Regierungen der Länder spielen also eine große Rolle im Energiesektor. Das Thema Energiesicherheit ist ein politisches Thema. Bei der Nachfrage nach Krediten geht es allerdings nicht um die Finanzierung der Kraftwerke, sondern lediglich um Zusagen, dass plötzlich entstehende, deutlich höhere Kosten durch Kredite abgefangen werden. Dabei sind sich Experten einig, dass die Kreditzusagen der Regierung höchstwahrscheinlich nicht benötigt werden, wenn die Kraftwerke dann wirklich gebaut werden.
In Deutschland ist der Bau neuer Kernkraftwerke derweil kein Thema. 32% der Stromerzeugung stammen in Deutschland aus Kernkraftwerken. Der Anteil der sauberen Energie liegt weit darüber. In den USA lag er 2006 bei 75%. Deutschland hat alle alten Kernkraftwerke, die vor der Wiedervereinigung im Osten Deutschlands gebaut wurden, wegen Sicherheitsbedenken geschlossen. Bis zum Jahr 2020 soll die Kernenergie in Deutschland keine Rolle mehr spielen. Außerdem werden alle AKWs geschlossen, die älter als 32 Jahre sind. Doch auch in Deutschland scheinen einige Parteien umzudenken. Studien der regierungsnahen Energieagentur Dena zufolge droht bereits ab 2012 eine Versorgungslücke für Strom in Deutschland. „Ohne Kernenergie oder Strom aus einem modernen Kohlekraftwerk wird die Versorgung ab 2012 kritisch und teuer“, so Fritz Vahrenholt, Geschäftsführer bei RWE im Spiegel-Interview. Vahrenholt sieht nach Bundestagswahl 2009 auch bei der SPD „einen überfälligen Schwenk in dieser Frage“. Man werde dann der britischen Labour-Partei folgen und sich für die Kernkraft aussprechen, „weil andernfalls die Grundstoffindustrie aus Deutschland vertrieben wird.“
Vorreiter bei der Kernenergie in Europa ist Frankreich. Seit der Ölkrise in den 80er Jahren baute das Land Dutzende Atomkraftwerke und heute stammen 78% des französischen Stroms aus Atomkraftwerken. Heute ist Frankreich außerdem einer der größten Exporteure von Elektrizität und gehört zu den weltweit führenden Anbietern von Kernkraftstechnologie.
Die Atomenergie ist die einzige Energieform, die saubere Energie in großen Mengen bereitstellen kann. Obwohl Strom aus der Kohle mit 49% die größte Energiequelle in Deutschland ist, ist sie auch der größte Erzeuger von Treibhausgasen. Solar- und Windenergie sind dagegen frei von Treibhausgasen, benötigen aber die Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen in Zeiten, in denen nicht genügend Wind weht oder die Sonne nicht scheint.
Rund um den Globus lässt sich feststellen, dass eine wachsende Zahl von Regierungen sich für die friedliche Nutzung der Kernkraft aussprechen. Der Kandidat der Republikaner, John McCain, sprach sich für eine Gesetzesvorlage aus, die eine Senkung der Treibhausgase bis zum Jahr 2050 um 60% auf ein Niveau vorsieht, das zuletzt im Jahr 1990 zu beobachten war. Eine große Rolle solle dabei die Kernkraft spielen. Auch Hillary Clinton und Barack Obama stehen für das Gesetz. Sollten in den USA Kredite zum Bau neuer Kernkraftwerke genehmigt werden, so dürfte dies dem Sektor neuen Aufwind verleihen.
Uran – der Grundstoff für die Kernkraft
Uran ist heiß begehrt. In der Atomindustrie, die mit ihren bereits abgeschriebenen Atommeilern hohe Gewinne erzielt. In den aufstrebenden Ländern Asiens, deren Energiehunger unersättlich scheint. Und in zunehmendem Maße auch bei Umweltschützern, die mehr Atomkraftwerke und weniger CO2-Ausstoß fordern. Und schließlich ist Uran auch bei Anlegern beliebt. Sie setzen auf Uran-Aktien, da sie den Rohstoff Uran in direkter Form nicht über Zertifikate oder andere Anlageinstrumente handeln können. Denn der Handel mit dem strahlenden Metall findet ausschließlich über Auktionen oder direkte Verhandlungen zwischen Käufer und Verkäufer statt und wird durch die Internationale Atomenergiebehörde IAEA streng kontrolliert. Sie passt darauf auf, dass Uran nicht in die falschen Hände gerät. Die neuen Uran-Futures an der New Yorker Rohstoffbörse Nymex dienen dabei ausschließlich der Preisfeststellung, ein physischer Handel findet nicht statt.
Der weltweite Uranmarkt ist mit einem jährlichen Umsatzvolumen von 5 Milliarden US-Dollar (Jahr 2005) relativ klein (Vergleich: am Goldmarkt wurden im gleichen Jahr 57 Milliarden US-Dollar umgesetzt). Der Handel von Uran spaltet sich in zwei Bereiche auf: Den kurzfristigen Kassamarkt und den langfristigen Vertragsmarkt. 85% des Uranhandels findet über Verträge mit einer Regellaufzeit von drei bis fünf Jahren statt. Da in den letzten Monaten die Angst um eine Verknappung von Uran gewachsen ist, werden aber immer häufiger Lieferverträge mit einer Laufzeit von zehn oder mehr Jahren geschlossen. Die Uranpreise in den Lieferverträgen sind keineswegs fix, sondern richten sich nach verschiedenen Variablen, wozu der Kassapreis, das BIP-Wachstum oder die Inflationsentwicklung zählen. Neben den mehrjährigen Lieferverträgen haben die Versorger außerdem die Möglichkeit, sich am Kassamarkt einzudecken. Ein Kauf am Kassamarkt sieht in der Regelung eine Uranlieferung in sechs Monaten nach Kaufdatum vor. 15% des Uranhandels werden am Kassamarkt abgewickelt.
Es gibt mehrere Unternehmen, die Vertrags- und Kassapreise von Uran beobachten und regelmäßig publizieren. Eines davon ist Ux Consulting. (Das Unternehmen publiziert seine wöchentlichen Uranpreise im Internet unter http://www.uxc.com/review/uxc_ Prices.aspx). Der von Ux festgestellte Uranpreis hat eine Berg- und Talfahrt hinter sich. Kostete Uran vor einem Jahr noch über 140 Dollar pro Pound und erreichte damit ein neues Rekordhoch, so ist es seither um 50% gefallen. Heute kostet das Pound Uran 73 Dollar.
Neben Ux ist es heute auch möglich, den Uranpreis an der New York Merchantile Exchange zu beobachten und zu handeln. Sie kooperiert mit Ux Consulting, um die Futureskontrakte anzubieten. Die Futures sehen zwar keine physische Lieferung des streng regulierten Urans vor, geben den Marktteilnehmern aber eine höhere Transparenz und außerdem die Möglichkeit, sich gegen Preisschwankungen abzusichern. Der Preis ist unter www.nymex.com abrufbar.
Die Nachfrage
Die Stromerzeugung ist heute die größte Nachfragegruppe von Uran. Sie ist maßgeblich für die Entwicklung der Urannachfrage. Angaben der Internationalen Energieagentur IEA zufolge erzeugt die Kernkraft heute 16% des weltweit nachgefragten Stroms. Wie viele neue Kernkraftwerke in den nächsten Jahren entstehen werden, hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter vor allem von dem politischen Kurs der Regierungen. Eine wichtige Komponente dabei ist die Energiesicherheit, die besonders in Ländern mit geringen eigenen natürlichen Vorkommen eine große Rolle spielt. Neben der Energiesicherheit spielt auch die Umweltpolitik eine große Rolle. In allen Ländern, die das Kyoto-Protokoll unterzeichnet haben, gewann die Kernkraft in der letzten Zeit an Popularität. Nicht zuletzt wegen der Einführung der zunehmend teuren Emissionsrechte. Sie verteuern alle Kraftwerke, die auf fossile Brennstoffe setzen. Die relativen Kosten der Kernkraft sinken somit, ihre Attraktivität steigt. Der Bau von Atomkraftwerken ist zwar sehr teuer, ihr Betrieb und ihre Wartung aber sehr günstig. Sie eignen sich daher ideal für die Deckung der Basisstromversorgung eines Landes und sichern damit den Betrieb der wichtigen Industrie. Der Uranpreis spielt für die Kernkraftwerke nur eine untergeordnete Rolle. Drei Viertel der Kosten eines Atomkraftwerks werden durch Betriebs und Wartung verursacht, nur ein Viertel entfällt auf die Beschaffungskosten für Uran.
Die internationale Energieagentur IEA schätzt, dass die weltweite Energienachfrage bis 2030 um 1,6% pro Jahr wachsen wird. Das stärkste Wachstum wird in den BRIC-Staaten Brasilien, Russland, Indien und China zu sehen sein: Ihr Anteil am weltweiten Energieverbrauch wird bis dahin von 17% auf 25% zunehmen. Wie bei vielen anderen Rohstoffen spielt auch bei Uran China eine zentrale Rolle. Dort werden heute zwei neue Atomkraftwerke gebaut, weitere 63 befinden sich in Planung. Weltweit werden nach Angaben von World Nuclear Association (WNA) 30 neue Reaktoren gebaut, während sich 70 in Planung befinden. Unter diesem Szenario rechnen Analysten damit, dass die Kernenergie so stark wachsen wird, wie der Energieverbrauch. Der Anteil der Kernenergie an der gesamten Energieerzeugung wird damit bei 16% bleiben. Gerade die jüngste Debatte um den Klimawandel und die steigenden Ölpreise legen aber nahe, dass diese Schätzungen zu niedrig gegriffen sein könnten.
Jochen Stanzl
Chefredakteur Rohstoff-Report.de
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