Kennedys neues Impfstoff-Gremium legt los
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Eine knappe 5-zu-2-Abstimmung über ein neues RSV-Medikament für Säuglinge und eine Entscheidung gegen das Konservierungsmittel Thimerosal in Grippeimpfstoffen verdeutlichen die neue Agenda: Alles wird infrage gestellt.
Die jüngste Sitzung des beratenden Ausschusses für Immunisierungspraktiken (ACIP) in Atlanta zeigte klar den Wechsel.
Retsef Levi, Professor am Massachusetts Institute of Technology und neues Mitglied des Gremiums, stimmte gegen die Empfehlung eines Medikaments zum Schutz von Säuglingen vor dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV), obwohl Daten der US-Gesundheitsbehörde CDC dessen Wirksamkeit belegten.
Seine Begründung ließ aufhorchen: "Als Vater von sechs Kindern fühle ich, dass ich mir Sorgen über mögliche Nebenwirkungen für gesunde Babys machen würde", erklärte Levi und fügte vielsagend hinzu, seine Perspektive gehe "über Wissenschaft und Daten hinaus".
Das ist der neue Tenor des Gremiums, welches Kennedy nach der Entlassung aller 17 bisherigen Mitglieder neu berufen hatte. Der Vorwurf: Das alte Gremium sei ein reiner "Erfüllungsgehilfe" der Pharmaindustrie gewesen. Der neue Vorsitzende, der ehemalige Harvard-Professor Martin Kulldorff, formulierte die neue Leitlinie unmissverständlich: "Impfstoffe sind nicht pauschal gut oder schlecht. Keine Fragen sollten tabu sein."
Die Thimerosal-Kontroverse
Besonders deutlich wurde der Bruch mit der Vergangenheit bei der Debatte um Thimerosal, einem Konservierungsmittel. Lyn Redwood durfte eine Präsentation halten, eine langjährige Verbündete von Kennedy und bekannte Impfstoff-Skeptikerin.
Redwood, die kürzlich eine Anstellung im Gesundheitsministerium erhielt, bezeichnete das Konservierungsmittel als "bekanntes Nervengift". Sie argumentierte, dessen Entfernung aus Impfstoffen sei ein wichtiger Schritt, "um Amerika wieder gesund zu machen".
Diese Darstellung stieß selbst innerhalb des neuen Gremiums auf Widerspruch. Dr. Cody Meissner, ebenfalls neues Mitglied, hielt dagegen: "Der ACIP gibt Empfehlungen so weit wie möglich auf der Grundlage wissenschaftlicher Beweise ab, und es gibt keine wissenschaftlichen Beweise dafür, dass Thimerosal ein Problem verursacht hat."
Tatsächlich wurde Thimerosal bereits 2001 aus den meisten Impfungen in den USA vorsorglich entfernt, und zahlreiche Studien konnten keinen Zusammenhang mit Autismus oder anderen neurologischen Entwicklungsstörungen nachweisen.
Dennoch stimmte das Komitee am Ende dafür, künftig nur noch Grippeimpfstoffe ohne Thimerosal zu empfehlen. Dies stellt eine Abkehr von der bisherigen Akzeptanz von Mehrdosis-Fläschchen dar, die das Konservierungsmittel enthalten, um Verunreinigungen zu verhindern. Dr. Meissner war die einzige Gegenstimme, mit dem Hinweis, dass diese Mehrdosis-Fläschchen für ärmere Länder wichtig seien, die sich die teureren Einzeldosen nicht leisten könnten.
Experten schlagen Alarm
Immunisierungsexperten zeigten sich alarmiert über die Entwicklung. Sie befürchten, dass die neuen Mitglieder unnötige Zweifel an der Sicherheit lebensrettender Impfungen schüren. "Einige Mitglieder des ACIP haben offenbar die Absicht, die Sicherheit und Wirksamkeit von Impfstoffen und anderen Präventionsmaßnahmen in der öffentlichen Wahrnehmung zu untergraben", so Elizabeth Jacobs, eine Epidemiologin an der Universität von Arizona.
Die Skepsis gegenüber der neuen Ausrichtung des offiziellen Gremiums hat bereits zur Gründung von Alternativen geführt. An der Universität von Minnesota formiert sich das "Vaccine Integrity Project", das unabhängige Empfehlungen erarbeiten soll. Michael Osterholm, ein Epidemiologe, der das Projekt mitleitet, zog ein klares Fazit: "Die Sitzung hat erneut bewiesen, dass Impfstoffinformationen und -empfehlungen – zumindest vorübergehend – ein neues, unabhängiges Zuhause außerhalb der US-Regierung benötigen."
Fazit
Ich will hier sicher keine Debatte über das Pro und Contra des Impfens anstoßen. Fakt ist: Das Klima ändert sich, Skepsis wird geschürt. Viele Menschen werden sich wahrscheinlich beeinflussen lassen. Es ist sehr gut möglich, dass die Impfquoten in den USA deutlich zurückgehen.
Für die Impfstoffhersteller sind das zumindest keine guten Nachrichten. Aber es hätte auch noch schlimmer kommen können. Vielleicht wird es auch noch schlimmer.
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