Kommentar
11:49 Uhr, 23.10.2007

Kein Grund für Rezessionsängste

Obwohl die Probleme am US-Markt für bonitätsschwache Hypothekenkredite und ihre Auswirkungen auf die globalen Kreditmärkte das Marktgeschehen in den vergangenen zwei Monaten dominiert haben, sieht INVESCO-Chefvolkswirt John Greenwood „zunehmende Anzeichen“ für eine Überwindung der Krise ohne erhebliche langfristige Auswirkungen auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung. „Das Rezessionsrisiko ist überbewertet worden”, schreibt er in seiner vierteljährlichen Wirtschaftsprognose.

„Die Abkühlung am Häusermarkt und im Bereich der Hypothekenfinanzierungen dürfte durch Steigerungen der Nettoausfuhren und Nichtwohnbauinvestitionen wettgemacht werden”, erklärt Greenwood. Zudem sollten die Notenbanken angesichts der moderaten Inflationsentwicklung ihre Maßnahmen zur kurzfristigen Unterstützung der Finanzmärkte fortsetzen können. Daher erwartet Greenwood eine Übergangsphase mit schwächeren Wachstumsraten in den USA und Europa, bevor die wirtschaftliche Dynamik in den Jahren 2008 und 2009 wieder zunimmt.

Greenwood rechnet auf absehbare Zeit nicht mit einer Wiederbelebung des Primärmarktes für verbriefte Hypothekenprodukte und prognostiziert eine Reallokation in traditionellere Unternehmensschuldtitel und vor allem Emerging-Market-Papiere, die von der Kreditklemme weitestgehend verschont geblieben sind.

Mit Blick in die Zukunft verweist Greenwood auf eine Reihe von Risiken wie eine Verstärkung des Abwärtstrends am US-Häusermarkt oder Einschränkungen der Kreditvergabe durch die Banken aufgrund hoher Kreditverluste bzw. der Notwendigkeit, Kapital aufzunehmen. Allerdings weist er darauf hin, dass die zu erwartende Reallokation vor allem bewirken wird, dass es in den großen Volkswirtschaften nicht zu einer Rezession, sondern nur zu einer umfangreichen Neugewichtung kommt.

Greenwood vergleicht die Kreditkrise mit den Ereignissen der Jahre 1998 und 1987, als ein kurzer Einbruch an den Finanzmärkten von einer deutlichen Lockerung der Geldpolitik gefolgt war, die für eine Fortsetzung des Geschäftszyklus um weitere zwei oder drei Jahre sorgte, bevor die Notenbanken die Geldpolitik wieder verschärfen mussten und so eine Rezession auslösten.

Insgesamt zeichnet Greenwood ein eher optimistisches Bild. „Ich rechne zwar mit leicht niedrigeren Wachstumsraten in den USA, Großbritannien und Europa. Allerdings meine ich auch, dass eine derartige Abschwächung in Großbritannien und Europa ohnehin anstand, während die mittzyklische Korrektur in den USA schon lange im Gange war“, sagt er.

Quelle: Invesco

INVESCO zählt als Teil der AMVESCAP Gruppe zu den führenden Asset Managern weltweit. Zusammen mit den Schwesterunternehmen verwaltet INVESCO weltweit über 490 Milliarden Euro (Stand: 31.5.2007). Über 5.000 Mitarbeiter, darunter rund 500 Investmentspezialisten, sind in 19 Ländern im Einsatz.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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