Kommentar
18:28 Uhr, 09.09.2019

Kann die Fed wirklich so blind sein?

Die Ruhe der US-Notenbank hätte ich gerne. An allen Ecken und Enden bröckelt die Wirtschaft und die Notenbank schaut gelassen zu.

Vollkommen untätig war die Notenbank nicht. So fair muss man auch sein. Sie hat die Zinsen bereits um 25 Basispunkte gesenkt und die Bilanzverkleinerung früher beendet als zunächst gedacht. Allein durch diese beiden Effekte sind die Marktzinsen massiv gesunken, teils auf neue historische Tiefs wie etwa die 30-jährigen Staatsanleihen.

Man kann der Notenbank nicht vorwerfen, dass sie die Zinsen nicht gleich auf 0 % senkt. Selbst ohne großangelegte Leitzinssenkungen hat sich die Lage am Finanzmarkt deutlich entspannt. Zinsen für Unternehmenskredite, Anleihen und Hypotheken sind naher historischer Tiefs. Das ist schon etwas wert und es ist daher auch verständlich, dass die Notenbank keine übergeordnete Dringlichkeit erkennt.

Noch immer werden pro Monat über 100.000 neue Jobs geschaffen und die Arbeitslosigkeit war das letzte Mal in den 60er Jahren so niedrig wie jetzt. Die Lage kann man selbstmit blühender Fantasie nicht als schlecht bezeichnen. Die Notenbank soll aber nicht danach handeln, was ist, sondern danach, was sein wird.


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Sie sollte die Entwicklung vorhersehen und entsprechend mit Vorlaufzeit agieren, um etwa einer Abschwächung auf dem Arbeitsmarkt entgegenzuwirken. Genau hier hapert es nun. Der Handelskrieg sorgt dafür, dass Unternehmen ihre Investitionen aufschieben. Das ist ein Grund dafür, weshalb jeden Monat weniger Jobs geschaffen werden.

Inzwischen greift das Thema auch auf die Verbraucher über. Das Verbrauchervertrauen dürfte nun wohl endgültig eine Trendwende vollzogen haben (Grafik 1). Das ist für den Arbeitsmarkt kein gutes Zeichen. Der Konsum ist wichtig. Beginnen Amerikaner Zweifel am Aufschwung zu bekommen, werden sie vorsichtiger und schieben gewisse Konsumausgaben auf. Das führt zu einem Abschwung im größten Teil der Wirtschaft, Dienstleistungen.

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Noch deutlicher wird die Sache, wenn man die Lagebeurteilung mit der Arbeitslosenrate vergleicht (Grafik 2). Das Sentiment läuft dem Arbeitsmarkt dabei um ca. 15 Monate voraus. Will die Notenbank den Abschwung Ende 2020 verhindern, muss sie nun so langsam mutiger werden.

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Sie wartet allerdings auf neue Daten, die einen Abschwung bestätigen, um entschlossen zu reagieren. Sind die Daten erst schlecht und bestätigen das, was man vermutet, ist es jedoch schon zu spät.

Es muss zu keinem Abschwung kommen. Es gibt keine Garantie dafür. Will man eine Garantie, dann wartet man, bis es soweit ist. Die Aufgabe der Notenbank ist es aber, Vollbeschäftigung und Preisstabilität zu gewährleisten. Das funktioniert nur, wenn sie proaktiv handelt. Erst aufräumen, wenn das Schaden schon geschehen ist, ist ineffizient und für die Bevölkerung schmerzhaft.

Der Finanzmarkt rechnet inzwischen so fest mit weiteren Zinssenkungen, dass die Fed wohl dazu gezwungen ist, den Markt nicht zu enttäuschen. Ansonsten ist die Hölle los. So kann die Notenbank gegen ihre Überzeugung zum richtigen Handeln gezwungen werden.

Für Anleger heißt das, dass der Bullenmarkt nach wie vor nicht zu Ende ist. Das Schönste kommt zum Schluss. Aller Voraussicht nach können wir noch monatelang von steigenden bzw. seitwärts tendierenden Kursen profitieren.


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9 Kommentare

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  • Goethe63
    Goethe63

    Selbst ein Bild machen und nicht immer alles glauben, das geschrieben wird.

    Ich kann mit Fug und Recht sagen, dass ich in viele Inndustrien (Uhren, Optik, Dreschmaschinen, allgem. Maschinenbau, PKW u LKW, Medizin, Luft u Raumfahrt etc.) Einblick habe. Die mittleren und oberen Führungsebenen bis hin zur GL dieser Unternehmen und so manchen Verband spricht da eine andere Sprache. Glaube also nur das,, das du selbst gefälscht hast.

    22:57 Uhr, 09.09.2019
  • kingkong007
    kingkong007

    Noch immer werden pro Monat über 100.000 neue Jobs geschaffen . So schauts aus.

    Der größte Niedriglohnsektor Europas. Minijobber, Aufstocker,Teilzeit Republik.

    Ein wahres Jobwunder. Schaut wirklich gut aus.

    21:50 Uhr, 09.09.2019
  • Goethe63
    Goethe63

    Für wen soll denn die Zinssenkung oder das Gelddrucken gut sein? Für Börsenakteure? Für Anleger? Für Firmen, die gefälligst investieren sollen? Den Bürger, der die Zeche zahlen soll?

    Selbst habe ich bemerkt und von Firmen wie auch von Verbänden erzählt bekommen, dass Investitionen keinen Sinn für sie machen, denn eine Maschinenhalle voller Maschinen und Roboter, auch das gibt es, benötigen Personal um betrieben zu werden. Und, meine Damen und Herren, die EZB kann durch Zinssenkungen und QE kein fachkundiges oder sonstwie gewilltes Personal generieren um diese Hallen zu betreiben!

    Auch sind leere, oder mit gebrauchten Maschinen gefüllte Fabrik- und Werkhallen von keinem grossen Interesse, und für Banken wenig wertvoll, sollte die Firma zu Grunde (in der Krise) gehen. Also tut sich so manche Bank schwer, dafür Geld zu geben. Es wird also lieber Strafzins gezahlt als risikobehaftet Kredit gegeben.

    Denkt mal einfach darüber nach.....

    21:43 Uhr, 09.09.2019
  • wizardmw
    wizardmw

    Aber wie immer ein hin und her Artikel - Crash Boom Crash Boom, Eyecatcher ohne Ende aber absolut keine Linie........

    21:40 Uhr, 09.09.2019
  • wizardmw
    wizardmw

    Die Börsen stehen nahe am Rekordhoch, die Wirtschaft schwächt sich auf hohem Niveau ab - ja. Was würden Sie denn tun Herr Schmale?? Die Zinsen massiv senken, QE machen und wenn das voraussichtlich nicht hilft, die Helikopter starten? Sie sollten sich bei der EZB bewerben. Die brauchen dringend Hilfe beim Geld drucken. Die FED hatte wenigstens die Eier und hat es versucht, aber es ist sinnlos. Keine Notenbank wird uns eine heile Welt drucken können....

    21:37 Uhr, 09.09.2019
  • emsländer2
    emsländer2

    bin beim öl 2,02 short gegangen, mal sehen ob noch nen 5er drin ist.

    20:48 Uhr, 09.09.2019
  • wolp
    wolp

    Vielen Dank, sehr guter Beitrag. Merci

    20:39 Uhr, 09.09.2019
  • Husky
    Husky

    das sinkende Verbrauchervertrauen ist der bessere Indikator als alle Statistiken der USA (vor allem, wenn man weiß, wie die ermittelt werden) - die USA sind in einer Rezession, wollen es aber verheimlichen.

    20:19 Uhr, 09.09.2019
  • Gänseblümchen
    Gänseblümchen

    tja den kleinen Jerome durch die Drehtür zu schicken ist nicht so einfach wie bei seinen sonstigen Marionetten

    19:36 Uhr, 09.09.2019

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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