Analyse
12:49 Uhr, 26.06.2006

K: Konjunkturelle Belastungen kontra Bewertung

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Externe Quelle: HVB

Konjunkturelle Belastungen kontra Bewertung

Verschlechterung der Konjunkturerwartungen bei moderater Bewertung lassen eine Seitwärtsbewegung erwarten. Unsere Indexziele (6 Monate) lauten 3600 Punkte für den Euro STOXX 50 und 5500 Punkte für den DAX. Im folgenden gehen wir auf einige Aspekte der Markteinschätzung ein, die derzeit unter Investoren intensiver diskutiert werden.

Wie viel Unterstützung geht aktuell von der moderaten Bewertung für Euro STOXX 50 und DAX aus?

Der negative zyklische Impuls ist bedeutender als die Unterstützung von der Bewertungsseite. Die Richtung des zyklischen Impulses entscheidet darüber, ob sich der Aktienmarkt eher in der Phase einer Bewertungsausdehnung befindet oder in einer Phase mit sinkender Bewertung. Im aktuellen Umfeld sinkender Konjunkturerwartungen (in der Grafik grau markiert) erhöht sich das Risiko negativer Gewinnrevisionen. In der aktuellen Phase des Zyklus – „Übergang vom Konjunkturoptimismus zu Pessimismus“ – gilt dies umso mehr. Der negative zyklische Impuls beginnt sich gerade erst zu entfalten und wird über Monate hinweg fortwirken. Darüber hinaus besteht das Risiko, dass sich die Wachstumssorgen zunächst noch verstärken könnten (z. B. US-Konjunkturrisiken durch weitere Zinserhöhungen der Fed, Risiko einer Wachstumsverlangsamung in China durch eine restriktivere Kreditvergabe). Bewertungsüberlegungen haben in dieser Phase des Zyklus zunächst nur eine eingeschränkte Bedeutung.

Droht an den Aktienmärkten die „Wiederholung“ einer Entwicklung vergleichbar der in den Jahren 2000/2002?

Der Kursrückgang spiegelt eine zyklische Konjunkturabschwächung wider, er ist jedoch nicht der Beginn eines Bear-Marktes. In dem aktuellen Umfeld lassen sich folgende Gemeinsamkeiten und Unterschiede mit dem letzten Zinserhöhungszyklus der US-Notenbank hervorheben:

• US-Konjunktur: Die Zeitverzögerung, mit der geldpolitische Entscheidungen aktuell auf die Konjunktur wirken, weckt Erinnerungen an den letzten Zinserhöhungszyklus der Fed. Damals war die Zinsstrukturkurve bereits zu Beginn des Jahres 2000 invers geworden, die Konjunkturabschwächung wurden jedoch erst Quartale später massiv spürbar. Der Abschwung wurde dabei von Sonderfaktoren verstärkt (Ende des Investitionsbooms, Zwang zur Sanierung der Unternehmensbilanzen infolge des großen Leverage). Bei der aktuellen Abschwächung der Konjunkturerwartungen handelt es sich um einen eher „normalen zyklischen Vorgang“ der allerdings zunächst noch weiter negativ auf den Euroland-Aktienmarkt wirken wird.

• Aktienmarktbewertung: Im Jahr 2000 hatten die Aktienmärkte (USA und Euroland) eine massive Überbewertung erreicht. Die Bewertung auf Basis von KGV, Risikoprämie und Dividendenrendite weist heute wesentlich günstigere Werte auf. Während dies kurzfristig noch nicht wirkt (siehe oben), macht sie einen erneuten Bear-Markt jedoch äußerst unwahrscheinlich. Darüber hinaus steht der Unternehmenssektor heute im Hinblick auf die Unternehmensbilanzen auf wesentlich festeren Füßen als im Jahr 2000. Die Dividendenrendite sollte dem Euro STOXX 50 und dem DAX ab Q3 sukzessive wieder eine stärkere Unterstützung bieten. Angesichts des moderaten Pay Out Ratios dürften sich die Dividenden als vergleichsweise stabil erweisen und bei sinkenden Kapitalmarktzinsen im zweiten Halbjahr den Aktienmarkt stützen.

Wie könnte sich eine neue mittelfristige Investment- Gelegenheit für die Asset-Klasse herausbilden?

Die Aktienmärkte werden ihren Aufwärtstrend nicht schnell wieder aufnehmen. Der Aktienmarkt antizipiert derzeit mit den deutlichen Kursrückgängen die u. E. für die kommenden Monate zu erwartende Verschlechterung des Makroumfelds. Zur Frage, wie sich eine neue mittelfristige Investment-Gelegenheit für die Asset-Klasse Aktien insgesamt herausbilden könnte, lassen sich aus unserer Sicht folgenden Überlegungen anstellen:

• Wahrscheinliches Szenario: Allmähliche Bodenbildung in einer Seitwärtsbewegung. Im Rahmen einer Bodenbildungphase könnte sich gegen Ende des dritten Quartals das Chance/Risiko-Verhältnis für Aktienengagements wieder verbessern. Zu diesem Zeitpunkt dürfte die Wachstumsverlangsamung dann weitgehend in den Kursen berücksichtigt sein. Zugleich ist das unter Performancegesichtspunkten saisonal schwierigste Quartal vorüber. Ein Investor könnte dann zudem seine Entscheidungen bei einem im Vergleich zu heute besseren Informationsstand treffen: Die Zinsentscheidungen der Fed vom Juni und August sind dann bekannt. Es ist deutlich geworden wie nachhaltig negativ die US-Zinsstruktur geworden ist und das Risiko einer Abschwächung bis hin zur Rezession lässt sich besser einschätzen. Bei dem Risikofaktor „Iran-Konflikt“ dürfte dann ebenfalls besser einschätzbar sein, ob die Bemühungen der westlichen Länder um eine diplomatische Lösung Chancen auf Erfolg haben.

• Alternativ-Szenario: Druck im Markt mündet in einen „Sell Out“. Natürlich wäre bei einem deutlichen und schnellen weiteren Kursrückgang irgendwann ein Punkt erreicht, an dem die Risiken einer weiteren Verschlechterung der Rahmenbedingungen in der Bewertung ausreichend enthalten wären. Unter welchen Umständen sich auf diesem Weg neue Chancen bieten würden, lässt sich jedoch u. E. nur in dem dann konkreten Umfeld bewerten und nicht schon im vorhinein.

• Anmerkung zur nächsten Aufwärtsbewegung: Unterstützung durch trendmäßig steigende Frühindikatoren vermutlich erst wieder 2007. Das Chance/Risiko-Verhältnis für Aktienengagements ist dann besonders gut, wenn das Marktumfeld von steigenden Frühindikatoren geprägt wird. Dies wird jedoch auf absehbare Zeit nicht wieder der Fall sein. In den vergangenen Zyklen lagen zwischen einem Hochpunkt und dem nächsten Tiefpunkt bis zu 18 Monate. Einer Markterholung in Q4 würde ein solcher Rückenwind zunächst noch fehlen.

Fazit: Die derzeitige Kursschwäche bietet Trading- Chancen in selektiven Einzelwerten, aber noch keine Investment-Gelegenheit für die Asset-Klasse insgesamt. Wir erwarten zwischenzeitlich niedrigere Aktienkurse.

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Über den Experten

Alexander Paulus
Alexander Paulus
Technischer Analyst und Trader

Alexander Paulus kam zunächst über Börsenspiele in der Schule mit der Börse in Kontakt. 1997 kaufte er sich seine erste Aktie. Nach einigen Glückstreffern schmolz aber in der Asienkrise 1998 der Depotbestand auf Null. Da ihm das nicht noch einmal passieren sollte, beschäftigte er sich mit der klassischen Charttechnik und veröffentlichte seine Analysen in verschiedenen Foren. Über eine Zwischenstation kam er im April 2004 zur stock3 AG (damals BörseGo AG) und veröffentlicht seitdem seine Analysen auf stock3.com (ehemals GodmodeTrader.de)

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