K: Die US-Wahlen und die Fiskalpolitik
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Externe Quelle: Schroders
Die US-Wahlen und die Fiskalpolitik
Die Schroders-Gruppe ist eine führende internationale Vermögensverwaltungsgesellschaft, die 1804 gegründet wurde. Schroders verwaltet Anlagen für Pensionsfonds, Regierungsbehörden, Wohltätigkeitsorganisationen, Körperschaften, Familienunternehmen und vermögende Privatpersonen weltweit und ist ein führender Verwalter von Investmentfonds. Schroders bietet Anlagen in allen wichtigen Vermögenskategorien in entwickelten Ländern und Schwellenländern an: Aktien, Schuldtitel, Geldmarktinstrumente, Beteiligungen und Immobilien. Das weltweit verwaltete Vermögen betrug zum 31. März 2004 rund 147,9 Mrd. Euro.
Nachdem in den USA Präsident Bush wiedergewählt wurde, kontrolliert die republikanische Partei nun beide Häuser des Kongresses. Zumindest für die nächsten zwei Jahre (dann finden die nächsten Kongresswahlen statt) verfügt die Führung der republikanischen Partei in der Legislative über eine nahezu uneingeschränkte Handlungsfreiheit.
Im Wahlkampf nannte Präsident Bush die Steuerreform und eine Art Teilprivatisierung der Sozialversicherungssysteme als Hauptziele für eine zweite Amtszeit. Nachstehend diskutieren wir diese beiden Wirtschaftskonzepte sowie die allgemeine Richtung der in den nächsten Jahren zu erwartenden Fiskalpolitik.
Steuersenkungen, Verschuldung und Ausgaben
Die Reform der Sozialversicherungssysteme in der Art, wie sie von Präsident Bush vorgeschlagen wird - möglicherweise können Privatpersonen in ihre eigenen "persönlichen Rentenkonten" statt in das staatliche System einzahlen - würde in der Übergangsperiode das Haushaltsdefizit erhöhen. Eine derartige Übergangsperiode dürfte auch mit dem Zeitraum zusammenfallen, in dem die Masse der Baby Boomer-Generation allmählich in Rente geht und die Zahlungen der Sozialversicherung ansteigen - nicht gerade das optimale Timing für ein derartiges Projekt. Sobald die Details des aktuellen Vorschlags verfügbar sind, werden wir sie genauer untersuchen.
Die Größe des Defizits wird allerdings direkter durch das Ausmaß bestimmt werden, in dem die Führung der republikanischen Partei bereit ist, zu den - wie es einige nennen würden - traditionellen haushaltspolitischen Werten dieser Partei zurückzukehren: Fiskalische Verantwortung und ausgeglichene oder zumindest beinahe ausgeglichene Haushalte.
In der ersten Amtszeit von Präsident Bush verschlechterte sich der Finanzierungssaldo der US-Bundesregierung so schnell wie nie zuvor seit dem II. Weltkrieg - um insgesamt 6,2% des BIP (von einem Überschuss von 2,6% im Jahr 2000 zu einem Defizit von 3,6% im Jahr 2004). Das Beunruhigende daran ist, dass diese fiskalische Verschwendungssucht weitgehend auf strukturellen und nicht auf zyklischen Faktoren beruht. Der Haushaltsausschuss des USKongresses (Congressional Budget Office, CBO) schätzt, dass der größte Teil der Verschlechterung (2,5 Prozentpunkte) auf Steuersenkungen beruht und weitere 2,1 Prozentpunkte auf der Erhöhung der frei verfügbaren Ausgaben.
Wir erwarten, dass das Wirtschaftswachstum in den USA 2005 mit 3,0% unter das Trendwachstum fällt. Da das Wachstum der Steuereinnahmen jedoch meist hinter den Veränderungen der Wirtschaftsaktivität herhinkt, rechnen wir mit einer zyklischen Verbesserung des Haushaltsdefizits im nächsten Jahr, da die Steuereinnahmen von den diesjährigen Wachstumsraten, die über dem Trendwachstum liegen, und dem diesjährigen, hohen Gewinnwachstum der Unternehmen profitieren. Das CBO geht für 2005 von einem auf 2,8% des BIP verringerten Haushaltsdefizit aus - eine angemessene Schätzung angesichts der zyklischen Unterstützung, die für die Defizitposition im nächsten Jahr zu erwarten ist.
Wegen der von Präsident Bush in seiner ersten Amtszeit eingeführten Veränderungen dürfte allerdings das US-Bundesdefizit bei etwa 2 - 3% des BIP bleiben - selbst am Scheitelpunkt des Konjunkturzyklus.
Um die US-Bundesfinanzen wieder so zu gestalten, dass sie auf Dauer nachhaltig sind, müsste man die strukturelle Verschlechterung bereinigen. Entweder müsste man die Steuern erhöhen (dies ist nicht so unwahrscheinlich, wie die Akteure der republikanischen Partei es öffentlich zugeben würden - siehe nachstehend Der Traum von der Flatrate), oder alternativ die frei verfügbaren Ausgaben senken - bzw. ihr Wachstum zumindest unter dem BIP-Wachstum halten, um so ihren Anteil am Gesamthaushalt zu verringern.
Direkte Kürzungen bei den frei verfügbaren Ausgaben sind äußerst unwahrscheinlich. Unabhängig von den Ansichten des Weißen Hauses - das sich bisher offensichtlich kaum auf die Verschlechterung der Haushaltslage geachtet hat - war auch der Kongress bisher wenig geneigt, Ausgaben zu senken. Im Juni 2004 stimmten 72 Republikaner im Repräsentantenhaus gemeinsam mit allen Demokraten gegen das Spending Control Act (Gesetz zur Ausgabenkontrolle), und die Veränderungen in der Zusammensetzung des Repräsentantenhauses nach der Wahl sind - gemessen an der überparteilichen Unterstützung für fiskalische Verantwortungslosigkeit - unbedeutend. Da die nächsten Kongresswahlen bereits in zwei Jahren erfolgen, dürften verantwortungsvolle, aber unpopuläre Ausgabenentscheidungen bei beiden Parteien kaum oben auf der Prioritätenliste stehen.
Wie wir bereits vorher besprochen haben, führen übermäßige Käufe von US-Bundesanleihen durch asiatische Zentralbanken (die so die Dollars "parken", die als Nebenprodukt ihrer Devisenmarktinterventionen zur Schwächung ihrer Währungen anfallen) dazu, dass der natürliche Zusammenhang zwischen langfristigen Zinsen und einer zunehmenden Kreditaufnahme des Staates (Verdrängungseffekt) weggebrochen ist. Was nicht nachhaltig ist, ist letztendlich auch nicht haltbar - aber zumindest auf absehbare Zeit bestraft der Markt diese fiskalische Verschwendungssucht nicht mit Kosten. Wie lange dieser Zustand anhält, liegt jedoch nicht in den Händen amerikanischer Politiker. Die Entscheidung fällt u. a. in den Notenbanken Japans und Chinas - und dazu wollte sich keiner der Kandidaten im Präsidentschaftswahlkampf äußern.
Präsident Bush dürfte daher in der Lage sein, in der ersten Hälfte seiner zweiten Amtszeit einige Verdienste für sich zu reklamieren, weil er seine Wahlkampfaussage, das Defizit zu halbieren, erfüllen konnte - auch wenn er, gemessen in Prozent des BIP, etwas hinter diesem tatsächlichen Ziel zurückbleiben dürfte. Nach unserer Auffassung wird es sich wohl um eine rein zyklische Verbesserung handeln. Daher dürfte - zumindest für die nächsten zwei Jahre - das Ergebnis aus fiskalischer Sicht generell neutral bleiben.
Dies würde es den Führern der republikanischen Partei ermöglichen, eine fiskalische Expansion auf den Wahlzyklus abzustimmen und so in den Quartalen unmittelbar vor der Präsidentschaftswahl 2008 ein Umfeld zu schaffen, in dem das Wachstum über dem Trendwachstum liegt. Sie waren bereits 2004 damit erfolgreich.
Der Traum von der Flatrate
Der in wirtschaftlicher Hinsicht radikalere Flügel der Republikaner in den USA träumt seit langem von der Einführung einer Flatrate (eines Einheitstarifs) bei der Einkommenssteuer Eine derart krasse Umkehrung des gegenwärtigen progressiven Steuertarifs bleibt jedoch wahrscheinlich politisch nicht durchsetzbar, selbst bei der aktuellen Beherrschung der Legislative durch die republikanische Partei.
Ein Vorschlag, der weitgehend die gleichen Auswirkungen haben würde wie eine Flatrate, und der kürzlich von Präsident Bush angesprochen wurde, beinhaltet den teilweisen (oder, in extremeren Variationen des Vorschlags, den vollständigen) Ersatz der US-Bundes-Einkommenssteuer durch eine nationale Umsatzsteuer.
In diesem Jahr brachten 54 Republikaner des Repräsentantenhauses eine Gesetzesvorlage ein, laut der der Internal Revenue Service (eine US-Bundessteuerbehörde, IRS) abgeschafft und durch eine nationale Umsatzsteuer von 23% auf die meisten Produkte ersetzt werden soll. Auf der Wahlkampf-Tour beantwortete Präsident Bush entsprechende Fragen auf eine Weise, die den Schluss zulässt, dass die Grundsatzentscheidung bereits gefallen ist und es nur noch darum geht, den Steuersatz festzulegen:
"Wissen Sie, ich weiß nicht genau, wie hoch die nationale Umsatzsteuer sein muss, aber es handelt sich um eine interessante Idee, die wir gründlich untersuchen sollten."
Die Einführung einer nationalen Umsatzsteuer in der nächsten Legislaturperiode ist daher nicht so abwegig, wie man auf den ersten Blick meinen könnte. Eine vollständige Abschaffung der IRS (laut der vorstehenden Gesetzesvorlage) ist allerdings wesentlich unwahrscheinlicher. Der Umsatzsteuersatz, der erforderlich wäre, um das gesamte IRS-Steueraufkommen zu ersetzen, dürfte bei etwa 50% liegen - und wäre damit politisch nicht durchsetzbar. Zudem könnte die Regierung dann bestimmten demografischen Gruppen keine Steuervergünstigungen - z.B. Kinderfreibeträge und die bei der US-Mittelschicht so beliebte steuerliche Absetzbarkeit der Eigenheimhypotheken - mehr gewähren.
Selbst wenn das ultimative Ziel darin läge, die IRS vollständig durch eine Umsatzsteuer zu ersetzen - was wir für ziemlich unwahrscheinlich halten - würde die erste Stufe einer derartigen Maßnahme in einer schrittweisen Ersetzung bestehen. Man würde eine niedrige nationale Umsatzsteuer einführen, die Einkommenssteuersätze senken und die Maßnahme als "steuerneutral" verkaufen. Dann könnte man stufenweise die indirekte Besteuerung erhöhen und die direkte Besteuerung verringern, bis der gewünschte Mix erreicht ist. Das entspricht genau dem Ansatz der britischen konservativen Regierung in den 80-er Jahren. Damals war die Absenkung der Einkommenssteuersätze verbunden mit der Erhöhung der Mehrwertsteuer von ursprünglich 10% auf ihren derzeitigen Stand von 17,5%.
Starker Widerstand gegen eine nationale Umsatzsteuer in den USA kam bis vor kurzem von den Regierungen der Bundesstaaten. Diese können ihre eigene Umsatzsteuer erheben und nutzen sie bisher als Einkommensquelle, die nicht der bundesstaatlichen Kontrolle unterliegt. Mit der Zunahme von Verkaufszentren an Hauptstraßen und von Internetkäufen mussten jedoch viele Staaten erfahren, dass Erhöhungen ihrer eigenen Umsatzsteuersätze nur zu einem bescheidenen Anstieg des gesamten Steueraufkommens geführt haben (da Verbraucher bei Großeinkäufen nur über die nächste Autobahn in ein geeignetes Einkaufszentrum in einen Bundesstaat mit niedrigen Steuern zu fahren brauchen). Die Bundesstaaten konnten daher leicht überzeugt werden, diese zunehmend ineffiziente Steuer aufzugeben und dafür einen garantierten Anteil am Aufkommen der nationalen Umsatzsteuer zu erhalten.
Da eines der wirtschaftspolitischen Top-Wahlkampfversprechen von Präsident Bush in einer Vereinfachung des Steuersystems bestand, ist davon auszugehen, dass er eine Expertenkommission berufen wird, die diesbezügliche Vorschläge untersucht. Einer der Lösungsvorschläge dieser Kommission dürfte die nationale Umsatzsteuer sein.
Gute Nachrichten für TIPS
Wir gehen davon aus, dass im nächsten Jahr in den USA zunehmend über die Möglichkeit einer nationalen Umsatzsteuer spekuliert werden wird. Im Fall der Umsetzung würde sich dies kräftig auf die Inflationsrate bei den Verbraucherpreisen auswirken. Dieser Anstieg könnte in einem Schritt erfolgen oder allmählich aufgebaut werden, wenn das Finanzministerium den Mix aus direkten und indirekten Steuern abstimmt, d. h. in den nächsten Jahren die Lohnsteuern senkt und die nationale Umsatzsteuer erhöht.
Auf jeden Fall würde ein derartiger Vorschlag oder auch nur die zunehmende Spekulation darüber die Wertentwicklung von TIPS (Treasury Inflation Protected Securities - inflationsindexierte USBundesanleihen) unterstützen.
Die Ankündigung einer Expertengruppe für das bestehende Steuersystem wäre ein Frühindikator dafür, dass ein derartiger Vorschlag erwogen wird, ebenso jede Veränderung des Gesamtverhaltens des US-Finanzministeriums bei der Emission von TIPS.
Quelle: Schroders
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