K: Ausblick Deutschland zur Jahresmitte
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Externe Quelle: Bankgesellschaft Berlin
Ausblick Deutschland zur Jahresmitte
Die erste Jahreshälfte 2004 verlief (nicht nur) für den deutschen Aktienmarkt enttäuschend. Die nach wie vor schwierige Lage im Irak, der anhaltend hohe Ölpreis, der bevorstehende Zinserhöhungszyklus in den USA und die Angst vor einer "harten Landung" in China haben den DAX daran gehindert, sich deutlich von der 4,000-Punkte Marke vom Jahresbeginn zu entfernen.
Dabei gab es nicht nur Anlass zum Pessimismus. Wie die jüngsten Makrozahlen bestätigen, befindet sich die deutsche Konjunktur auf dem Weg der Erholung. Auch die Unternehmen haben für das erste Quartal überwiegend positiv berichtet. Wir halten daher auf Basis der Gewinnschätzungen für 2004 unserer Mikroanalysten unseren Fair Value für den DAX von 4,500 Indexpunkten weiterhin für gerechtfertigt. Wie sind bei dieser Ausgangslage die Aussichten für den weiteren Verlauf des Jahres und für das nächste Jahr einzuschätzen?
Deutsche Konjunktur aufwärts auf wackeligen Beinen
Zur Jahresmitte haben sich die konjunkturellen Aussichten in Deutschland aufgehellt. Die jüngsten Daten zur Produktion und zum Auftragseingang für den Monat April bestätigen, dass sich die deutsche Industrie im Aufschwung befindet. Beide Datenreihen zeigen seit einem Jahr einen klaren Aufwärtstrend. Wachstumsmotor ist dabei vor allem die Auslandsnachfrage. Allerdings ist der Impuls aus dem Ausland bisher kaum auf die Binnennachfrage übergesprungen.
Alles in allem sind die Aussichten für die deutsche Konjunktur zur Jahresmitte nicht schlecht. Trotz der nach wie vor schwachen Binnennachfrage ist die deutsche Wirtschaft gut in das zweite Quartal 2004 gestartet. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit einer Wachstumsbeschleunigung im Vergleich zum ersten Quartal. Entsprechend haben in den vergangenen Tagen die ersten Institute ihre Prognose für das BIP-Wachstum 2004 leicht nach oben genommen. Die Consensus-Schätzung liegt derzeit bei preisbereinigt 1.7% für das Jahr 2004 und für 2005.
Auf dem ersten Blick legt die Consensus-Schätzung nahe, dass die deutsche Wirtschaft im nächsten Jahr im gleichen Tempo wachsen wird wie im laufenden Jahr. Tatsächlich unterstellen die Prognosen aber eine moderate Beschleunigung. Im laufenden Jahr fallen außergewöhnlich viele Feiertage auf ein Wochenende, so dass arbeitstäglich bereinigt das jahresdurchschnittliche Wachstum - rein rechnerisch - bis zu 0.5 Prozentpunkte niedriger liegen dürfte. Ausgehend von den aktuellen Consensus-Schätzungen würde sich das arbeitstäglich bereinige Wachstum von 1.2% in 2004 auf mindestens 1.8% in 2005 beschleunigen.
Das derzeitige Wachstum in Deutschland ist vornehmlich auf dem Export zurückzuführen. Das Hauptrisiko für die deutsche Ausfuhr sehen wir nicht im Wechselkurs, sondern in einer Abschwächung der Weltkonjunktur. Sollte die US-Konjunktur in Folge der nachlassenden geld- und fiskalpolitischen Impulse stärker als erwartet abkühlen und eine "weiche Landung" in China misslingen, würde dies den "Exportweltmeister" Deutschland überdurchschnittlich treffen. Nur dank des hohen Wachstums der Exporte von real rd. 7% kann trotz der schwachen Binnenwirtschaft ein BIP-Wachstum von 1.7% erzielt werden. Eine Halbierung des Exportzuwachses würde cet. par. das BIP-Wachstum auf nur noch 0.4% abschmelzen.
Wir können uns aber auch positive Abweichungen vom Basisszenario vorstellen. Chancen für ein stärkeres BIP-Wachstum im laufenden Jahr sehen wir bei den BIP-Komponenten Ausrüstungsinvestitionen und privater Verbrauch. Gemäß unserem Investmentthema "investitionsgetriebener Aufschwung" rechnen wir mit einer Erholung der Investitionstätigkeit in Deutschland. Davon war jedoch im 1. Quartal 2004 noch nichts zu spüren, als die Ausrüstungsinvestitionen nur real 1.4% über dem Vorjahresstand lagen und gegenüber dem Vorquartal sogar zurückgegangen sind.
Angesichts der zuletzt guten Konjunkturdaten ist die Consensus-Prognose mit einem Anstieg der realen Ausrüstungsinvestitionen von 3.3% gg. Vj. für 2004 und 4.6% für 2005 vorsichtig. Als positive Überraschung können wir uns eine Entwicklung wie in früheren Zyklen vorstellen, als die Investitionstätigkeit der Unternehmen nach mehrjähriger Flaute kräftig stieg (1976 und 1985). Dazu unterstellen wir, dass sich bei den Unternehmen nach dreijähriger Abstinenz ein Nachholbedarf an Investitionen aufgestaut hat und die Überinvestitionen um die Jahrtausendwende speziell im Hightech-Bereich nach vier Jahren weitgehend überholt sind.
Angesichts des großen Gewichts der BIP-Komponente privater Verbrauch von rd. 56% würde sich eine Aufwärtsrevision hier besonders stark auf das BIP-Wachstum insgesamt auswirken. Im langjährigen Durchschnitt ist der private Verbrauch in Deutschland um real 2.3% p.a. gewachsen, im Zeitraum 1990 bis 2003 um 1.7% p.a. Dagegen ist die Consensus- Prognose für das laufende Jahr mit 0.4% gg. Vj. recht vorsichtig.
Die Belebung beim privaten Konsum lässt noch auf sich warten. Zwar konnten die Einzelhandelsumsätze im März und April zweimal in Folge zulegen, für den Monat Mai werden jedoch schon wieder schlechtere Daten erwartet. Dafür spricht auch die deutlich verschlechterte Stimmung der Einzelhändler im jüngsten ifo-Geschäftsklima. Trotz der ernüchternden Umfrageergebnisse können wir uns eine positive Überraschung beim privaten Konsum in der zweiten Jahreshälfte vorstellen. Dieses optimistische Konsumszenario unterstellt,
· dass die steuerliche Entlastung durch die Einkommensteuerreform 2004 und durch die weitere Stufe Anfang 2005 doch noch zusätzliche Ausgaben der deutschen Verbraucher stimuliert;
· dass diese sich an die Mehrbelastungen durch die Gesundheitsreform gewöhnen und über eine geringere Nachfrage nach Gesundheitsleistungen dazu beitragen, die Kostenexplosion im Gesundheitswesen zu dämpfen;
· und dass sich neben der konjunkturellen Erholung auch die Einzelmaßnahmen zur Reform am Arbeitsmarkt in der zweiten Hälfte 2004 positiv in den Arbeitslosenzahlen niederschlagen.
Sollte der private Verbrauch 2004 gemäß diesem freundlicheren Konsumszenario nicht nur um 0.4%, sondern um 1% zulegen, dann würde dies das BIP-Wachstum um 0.3 Prozentpunkte erhöhen. Ein Anstieg des privaten Verbrauchs um 1.5% - immer noch unter dem langjährigen Durchschnitt - könnte das BIP-Wachstum um 0.6 Prozentpunkte auf 2.3% anheben.
Die beiden Beispiele zeigen, dass unter nur etwas günstigeren Annahmen ein BIPWachstum in Deutschland von 2% und mehr in diesem und im nächsten Jahr nicht unwahrscheinlich ist. Je nachdem, von welcher Komponente des Sozialproduktes eine solche Aufwärtskorrektur ausgehen würde, wäre mit einer überdurchschnittlichen Kursentwicklung von investitions- oder konsumnahen Aktien zu rechnen.
Der Reformmotor stottert
Auch wenn der Reformprozess in Deutschland kurzfristig nur eine untergeordnete Rolle an der Börse spielt, bleibt er eine wesentliche Determinante für den langfristigen Wachstumspfad und damit für das Potential des deutschen Aktienmarktes. Nach dem Schwung zum Jahreswechsel ist aber Ruhe an der Reformfront eingekehrt. Die Mehrbelastungen im Gesundheitswesen und die Reformen am Arbeitsmarkt stoßen in der Bevölkerung und vor allem bei den traditionellen SPD-Wählern auf große Ablehnung, während die Entlastungen durch die Einkommensteuerreform bisher wenig Beachtung gefunden haben.
Bei der Wahl zum Europäischen Parlament am 13. Juni, der Landtagswahl am gleichen Tag in Thüringen sowie kommunalen Wahlen in weiteren Bundesländern erlebten die Sozialdemokraten einen Einbruch. Die Bundesregierung ist durch die bereits durchgesetzten Reformen geschwächt und angesichts der Wahlniederlagen kaum in der Lage, ihren Wählern weitere Belastungen zuzumuten. Im September 2004 folgen Wahlen in vier Bundesländern.
Von entscheidender Bedeutung werden die Wahlen in Schleswig-Holstein und in Nordrhein- Westfalen im Februar bzw. Mai 2005 sein. Verlieren die Regierungsparteien auch diese beide Wahlen - was angesichts der derzeitigen Umfrageergebnisse nicht auszuschließen ist - kann es zu der historisch einmaligen Situation einer Zweidrittelmehrheit der Opposition in der Länderkammer kommen, mit der die Oppositionsparteien sämtliche Gesetze der Regierung zurückweisen können. Dies würde die weitgehende Handlungsunfähigkeit der Bundesregierung bedeuten.
In den nächsten Monaten sind keine großen Reformen mehr zu erwarten. Dennoch zeigt die jüngste Einigung beim Einwanderungsgesetz, dass trotz Wahlmarathon noch Fortschritte möglich sind. Schon bei den Maßnahmen im Gesundheitswesen und beim Alterseinkünftegesetz konnte ein Konsens zwischen Regierung und der im Bundesrat zustimmungspflichtigen Opposition gefunden werden. Ein Reformstillstand in Deutschland bis zur Bundestagswahl im September 2006 ist deshalb keineswegs programmiert.
Nicht vergessen werden darf, dass eine Reihe von Reformen auf den wichtigen Handlungsfeldern Arbeitsmarkt, Sozialversicherung und Steuern bereits umgesetzt wurde. So ist ein Großteil der Agenda 2010 abgearbeitet, auch wenn viele der Maßnahmen erst allmählich oder mit großer Verzögerung wirken. Beispielsweise greift die Verringerung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes wegen des Bestandsschutzes erst ab 2006 und die Absenkung der Arbeitslosenhilfe Anfang 2005. Zu Jahresbeginn 2005 kommt es zu einer weiteren Entlastung bei der Einkommensteuer. Obwohl also der Wahlkalender und die politischen Konstellationen keinen "großen Wurf" erwarten lassen, dürften die Perspektiven für Deutschland deutlich besser sein als die gegenwärtige Stimmung erkennen lässt.
Deutscher Aktienmarkt mit Potential ins Jahr 2005
In der ersten Jahreshälfte 2004 hat es der DAX trotz mehrmaliger Versuche nicht geschafft, mehr als 5% über seinen Stand zu Jahresbeginn zu steigen. Der Jahreshöchststand wurde am 23. Januar mit 4,152 Indexpunkten erreicht. Deutlich besser entwickelten sich jedoch in den vergangenen Monaten die beiden MidCap-Indizes, der MDAX für Werte aus klassischen Branchen und der TecDAX für Technologietitel.
Die Unternehmen haben für das erste Quartal überwiegend positiv berichtet. Die Bewertung der deutschen Aktien ist - insbesondere im Vergleich zum amerikanischen Aktienmarkt - nach wie vor günstig. Wir halten daher auf Basis der Gewinnschätzungen für 2004 unserer Mikroanalysten unseren Fair Value für den DAX von 4,500 Indexpunkten weiterhin für gerechtfertigt. Dabei unterstellen wir eine Risikoprämie von 2.5%-Punkten und einen Anstieg der Umlaufrendite von Anleihen von derzeit 4.0% auf 4.5%. Die erste Zinserhöhung durch die Fed Ende Juni wird sich noch nicht deutlich negativ am Aktienmarkt niederschlagen.
Erst mit fortscheitendem Zinserhöhungszyklus in den USA und der ersten Zinserhöhungen auch in Euroland, die wir frühestens Anfang 2005 erwarten, wird auch der deutsche Aktienmarkt an Momentum verlieren. Aufgrund des hohen Gewichts von Technologie- und Finanzwerten ist dann mit einer im Vergleich zu anderen europäischen Indizes eher unterdurchschnittlichen Entwicklung des DAX zu rechnen.
Allerdings hat der DAX von der Bewertungsseite her auch im kommenden Jahr noch Potenzial. Unsere derzeitigen Gewinnschätzungen für die DAX-Unternehmen liegen im Schnitt für 2005 rd. 12% über dem Vorjahr (nach 37% in 2004). Unter der Annahme einer anhaltend hohen Risikoprämie von 2.5%-Punkten und einem weiteren Anstieg der Umlaufrendite auf 4.75% sehen wir in unserem Basisszenario "moderates Wachstum" den Fair Value des DAX 2005 bei 5,000 Basispunkten. In diesem Szenario, dem wir eine Wahrscheinlichkeit von 70% beimessen, sollte sich der wichtigste deutsche Aktienindex in einer Bandbreite zwischen 4,200 und 5,000 Punkten bewegen. Dabei wird der DAX weiterhin stärker von den weltwirtschaftlichen Trends als von der Entwicklung im Inland bestimmt. Unser Basisszenario setzt dabei voraus, dass es nicht zu einer Ölkrise kommt und sich die Weltwirtschaft weiter positiv entwickelt.
In unserem Risikoszenario, dem wir eine Wahrscheinlichkeit von 20% beimessen, schwächt sich das weltwirtschaftliche Wachstum 2005 spürbar ab. Zu diesem negativen Szenario passen eine deutliche Abkühlung der Konjunktur in den USA und in Asien, weitere Terroranschläge sowie ein anhaltend hoher Ölpreis. Für diesen Fall sehen wir die Gewinne der größtenteils stark exportabhängigen DAX-Unternehmen unter die des laufenden Jahres zurückfallen. Der DAX sollte dann in einer Spanne zwischen 3,500 und 4,200 Indexpunkten verharren.
Die jüngsten Aufwärtskorrekturen beim BIP-Wachstum in Deutschland weisen jedoch auch auf die Möglichkeit positiver Überraschungen hin. Für dieses günstigere Szenario, das ein anhaltend kräftiges Wachstum in den USA und in Asien, ein deutlich unter 30 USD/Barrel sinkender Rohölpreis (Brent) sowie eine bessere Entwicklung in Europa unterstellt, sehen wir eine Wahrscheinlichkeit von 10%. Zu diesem Fall einer kräftigen Erholung in 2005 passt eine Bandbreite beim DAX von 4,600 bis 5,300 Indexpunkten.
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