Kommentar
16:58 Uhr, 08.03.2018

Jetzt werden auch meine Sorgenfalten tiefer

Seit Beginn der Korrektur Anfang Februar propagiere ich Optimismus. Ich gehe auch nach wie vor von neuen Allzeithochs in diesem Jahr aus. Der Kampf um diese Hochs wird aber von Tag zu Tag härter.

Lässt man die letzten Wochen und vor allem auch die letzten Tage Revue passieren, wird die Liste an Problemen immer länger. Das jüngste Beispiel kam am Dienstag. Der Top Wirtschaftsberater im Weißen Haus, Gary Cohn, trat zurück. Auslöser soll gewesen sein, dass sich Trump nicht von den Schutzzöllen auf Stahl und Aluminium abbringen lässt.

Der Rücktritt hinterlässt einen Beigeschmack. Cohn galt als moderat. Nun ist er weg. Es war irgendwie absehbar, denn bereits nach Cohns Kritik an Trumps Äußerungen nach Charlottesville im Sommer war klar, dass der Präsident nicht mehr viel von Cohn hält. Das ändert allerdings nichts daran, dass Erinnerungen an die ersten Monate von Trumps Präsidentschaft wach werden. Ein wichtiges Mitglied nach dem anderen verschwand aus der Administration. Es lähmte das Weiße Haus, weil es nur mit sich selbst beschäftigt war.

Ein wenig Lähmung würde jetzt vermutlich nicht wehtun. Bringt Trump die Zölle durch, wird das Wellen schlagen. Es geht dabei nicht nur um die vage Angst eines Handelskrieges und den Zusammenbruch der Welthandelsorganisation, sondern auch um die Lage in den USA. Die Republikaner wollen die Zölle eigentlich nicht. Kommen sie dennoch, droht eine politische Krise.

Die Unsicherheiten nehmen zu. Trotz allem hält die US-Notenbank tapfer an ihrem Kurs fest und bestärkt ihn sogar noch. Obertaube Lael Brainard, die die Zinsen noch vor einem Jahr am liebsten gesenkt hätte, spricht inzwischen von so viel Rückenwind (Steuern, höhere Staatsausgaben), dass eine beschleunigte Zinswende Sinn machen könnte. Das ist ein radikaler Kurswechsel und zieht die Fed das durch, grenzt es an Wahnsinn.

Ganz nebenbei drohen die Verhandlungen um das Nordamerikanische Freihandelsabkommen NAFTA zu scheitern. Die Schutzzölle sollen Mexiko und Kanada zwar zu Zugeständnissen bewegen, doch es ist unwahrscheinlich, dass sich beide Länder erpressen lassen.

In Asien ist die Welt derzeit auch nicht mehr rosig. In China sackt der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe kräftig ab. In Japan brach die Industrieproduktion im Januar so stark ein wie seit der Atomkatastrophe von Fukushima nicht mehr. Es lief schon deutlich runder.

Auch in Europa muss man sich nichts vormachen. In Italien droht erneuter Stillstand mit möglicherweise problematischem Ausgang. Eine Neuauflage der Eurokrise ist unwahrscheinlich, doch die Situation hilft nicht gerade.

Schwerer wiegt der Brexit. Er wird Großbritannien härter treffen als die EU, doch unterm Strich verlieren alle. Es wird die aktuelle Dynamik zweifelsohne dämpfen. Eine Fortsetzung des hohen Tempos in der wirtschaftlichen Entwicklung ist unwahrscheinlich.

All dies trifft auf einen Markt, der hoch bewertet ist und Anleger, die Angst vor höheren Zinsen und Inflation haben. Freilich ist nicht alles schlecht und negativ. Die US-Steuersenkung und das „kleine“ Konjunkturprogramm von 300 Mrd. USD werden zumindest die US-Wirtschaft stützen. Man darf auch nicht vergessen, dass die EZB und Bank of Japan nach wie vor in QE-Modus sind.

Zudem helfen die Rohstoffpreise vielen Entwicklungs- und Schwellenländern aus der Krise. Nach jahrelangem Abschwung zeigt sich wieder Wachstum. Dieses Wachstum hilft auch dem Westen. Investitionen steigen und die Nachfrage nach Technologie und Maschinen wirkt positiv auf die Wirtschaften in Europa und Japan.

Zu guter Letzt gibt es Hoffnungen auf ein Ende der Spannungen mit Nordkorea. Ein Ende der latenten Gefahr eines ausgewachsenen Krieges in Asien schadet nicht. Die Probleme überwiegen derzeit jedoch die guten Nachrichten. Nichtsdestotrotz sehe ich noch kein Grund dafür, die Flinte ins Korn zu werfen.

Die Sorgenfalten sind definitiv tiefer geworden. Ich bleibe aber bei meinem neutralen Bias zum Markt, welches seit Herbst 2017 gilt. Dies schließt explizit mit ein, dass der Markt neue Allzeithochs erreicht, bevor es richtig nach unten geht.

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8 Kommentare

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  • While E. Coyote
    While E. Coyote

    Schade um die schöne Haut

    22:11 Uhr, 08.03.2018
  • Bigdogg
    Bigdogg

    jaja.....England versinkt mit Sicherheit im Meer!

    21:46 Uhr, 08.03.2018
    1 Antwort anzeigen
  • 1 Antwort anzeigen
  • tschak
    tschak

    passt schon. Don't worry too much - for the MOMENT ! cheers

    16:59 Uhr, 08.03.2018

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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