Kommentar
09:34 Uhr, 28.09.2016

Japans Geldpolitik: Unmöglich

Die japanische Notenbank hat in der vergangenen Woche ihre Geldpolitik angepasst. Ein vom Markt wenig beachtetes Detail: Die geldpolitischen Ziele können gar nicht umgesetzt werden.

Die japanische Notenbank (BoJ) hat es wieder geschafft. Sie hat den Markt überrascht. Bedenkt man, wie umfassend die geldpolitischen Maßnahmen bereits sind, ist das wirklich ein Kunststück gewesen. Es war vor allem auch deswegen ein Kunststück, weil die BoJ vor der Sommerpause angekündigt hatte, ihre Geldpolitik umfassend zu überprüfen.

Die Überprüfung führte zu dem Schluss, dass immer tiefere Zinsen nicht gut für die Wirtschaft sind. Die Notenbank räumte ein, dass die Negativzinsen gegenteilige Effekte zu dem haben, was eigentlich erreicht werden soll. Die Notenbank will eine Reflationierung der Wirtschaft. Das geht nur, wenn Unternehmen investieren, Bürger konsumieren und die Inflationserwartungen steigen.

Die Negativzinsen führten zu einem gegenteiligen Effekt. Bei Bürgern lösten sie einen Sparreflex aus. Unternehmen reduzierten ihre Investitionen, allerdings vor allem deshalb, weil der Yen nicht weiter abwertete. Die Inflationserwartungen stiegen nicht, sie gingen in einen freien Fall über. Gleichzeitig sank die Bereitschaft von Banken mehr Kredit zu vergeben. Die niedrigen Zinsen lasten zu sehr auf den Margen. Andere Finanzmarktakteure wie Versicherungen und Pensionsfonds kamen ebenfalls in die Bredouille. Bei einer schnell überalternden Gesellschaft reichen so niedrige Zinsen nicht, um den Verpflichtungen nachzukommen. Kurz gesagt: die Negativzinsen waren ein Fehlschlag.

Nun konnte die Notenbank die Negativzinsen aber auch nicht einfach zurücknehmen. Das hätte weitreichende Konsequenzen gehabt. Die Negativzinsen abzuschaffen hätte eine weitere Aufwertung des Yen bedingt. Das ist das letzte, was Japan nun braucht.

Die Aufgabe der BoJ war entsprechend groß. Sie musste einen Weg finden, bei dem die Zinsen nicht weiter sinken bzw. zugunsten der Banken, Versicherungen und Pensionsfonds am langen Ende der Zinskurve sogar steigen, ohne die Geldpolitik zu straffen, um eine Aufwertung des Yen zu verhindern. Diese Kombination aus Zielen ist schwierig, denn sie ist praktisch unmöglich. Man kann nicht für steigende Zinsen sorgen und gleichzeitig weiter lockern. Genau das will die Notenbank durch ihre Maßnahmen nun erreichen. Unmöglich.

Die Geldpolitik wird von der Notenbank effektiv gestrafft. Dies soll aber nicht zu einem Ende der Geldflut führen. Das soll funktionieren, indem eine Zinskontrolle eingeführt wird. Konkret peilt die Notenbank einen Zehnjahreszins von 0 % an. Um diesen durchzusetzen muss sie im Markt kräftig intervenieren. Das ist keine Neuerung. Die BoJ kauft bereits jährlich um knapp 800 Mrd. Dollar Staatsanleihen.

Nun sind die Zinsen jedoch bereits niedrig und der Bestand an Staatsanleihen in der Notenbankbilanz ist gigantisch. Kaufen Investoren nun weiter 10-jährige Staatsanleihen im großen Stil, dann lässt sich der Zielzinssatz nur umsetzen, wenn die BoJ Anleihen verkauft. Das ist eine effektive Straffung der Geldpolitik.

Dass es genau dazu kommen kann, zeigt die Erstreaktion des Marktes auf die Maßnahmen der BoJ. Grafik 1 zeigt den Anstieg der Zinskurve. Dieser wird dargestellt, indem der Zins für 2-jährige Anleihen von länger laufenden Anleihen abgezogen wird. Vor dem Entscheid der Notenbank war die Zinskurve schon flach. Am Tag des Entscheids selbst flachte sie weiter ab und Ende vergangener Woche erreichte die Zinskurve fast ein historisch niedriges Niveau.

Das entspricht nicht dem Ziel der Maßnahmen. Diese zielten darauf ab, die Zinskurve ab 10 Jahren wieder in den positiven Bereich zu drücken und die kurz- und mittelfristigen Zinsen (Laufzeiten unter 10 Jahren) weiter zu senken. Die Zinskurve sollte so steiler werden. Das ist offensichtlich misslungen.

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Die BoJ kann ihre Zinskontrolle nur effektiv durchsetzen, wenn sie beginnt Anleihen mit Laufzeiten von ca. 10 Jahren zu verkaufen. Das ist eine Straffung der Geldpolitik. Die BoJ hat aber auch angekündigt, dass sie weiterhin 800 Mrd. Dollar pro Jahr in den Markt pumpen will. Das ist nur möglich, wenn sie vor allem Anleihen mit extrem kurzen Laufzeiten kauft.

Aufgrund der Marktdynamik müsste die BoJ Anleihen mit Laufzeiten von 10 Jahren und mehr verkaufen und vermehrt kurze Laufzeiten in die Bücher nehmen. Soll sich die Geldmenge dann noch um 800 Mrd. pro Jahr ausweiten, wird es schwierig. Von den insgesamt 9,2 Billionen Dollar an Staatsschulden haben 6,5 Billionen eine Laufzeit von mehr als 10 Jahren. Der Markt für Anleihen mit kürzeren Laufzeiten ist mit anderen Worten viel zu klein, um tatsächlich in diesem Bereich 800 Mrd. (oder auch nur 500 Mrd.) pro Jahr unterzubringen.

Hier ergibt sich der erste Widerspruch der Geldpolitik der BoJ. Das bedeutet nicht, dass die Zinskontrolle nicht funktionieren wird. Sie wird halt nur nicht funktionieren, wenn gleichzeitig pro Jahr 800 Mrd. in den Markt gepumpt werden sollen. Dass sich Zinskontrollen durchsetzen lassen, hat die US-Notenbank bewiesen. Sie deckelte den Zins für langfristige Staatsanleihen im Zweiten Weltkrieg und danach bis Anfang der 50er Jahre auf 2,5 %. Sie musste damals viele Bonds kaufen, um den Zins niedrig zu halten (Grafik 2). Bei der BoJ besteht eher das umgekehrte Problem. Sie müsste Anleihen verkaufen.

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Da die BoJ die Geldpolitik straffen muss, wenn sie ihre Zinskontrolle durchsetzen will, braucht sie ein anderes Instrument, damit es irgendwie dann doch nicht zu einer Straffung kommt. Diese Meisterleistung (Geldpolitik straffen, ohne zu straffen) soll gelingen, indem das Inflationsziel angepasst wird.

Die BoJ behält ihr Ziel von 2 % Inflation bei. Das definiert sie als Preisstabilität. Nun bleibt dieses Ziel bestehen, allerdings mit der Ergänzung, dass die Geldpolitik erst gestrafft wird, wenn das Ziel von 2 % nachhaltig und dauerhaft übertroffen wird. Das ist eine dialektische Glanzleistung. Sollen 2 % langfristig übertroffen werden, dann ist das Ziel nicht mehr 2 %, sondern mehr als 2 %. Anstatt das Inflationsziel gleich auf 3 % anzuheben, bleibt die BoJ bei diesem Widerspruch. Es sollen 2 % erreicht werden, jedoch soll die tatsächliche Inflation nachhaltig darüber liegen. Unmöglich.

Die indirekte Anhebung des Inflationsziels soll dem Markt signalisieren, dass die Geldmenge so lange steigt, bis die Inflation zurückkehrt. Das ist zumindest auf dem Papier wie eine Lockerung. Das Zinsziel kann dem Inflationsziel absolut konträr gegenüberstehen. Im Prinzip sind die neuen Maßnahmen und Ziele der BoJ sinnlos.

Lars Gottwik
Partner & CEO JFD Brokers
JFD Brokers – Just FAIR and DIRECT

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