Kommentar
12:24 Uhr, 16.02.2005

Japan: BIP schrumpft das dritte Mal in Folge

1. Das japanische Bruttoinlandsprodukt ist im vierten Quartal um 0,1 % gegenüber dem Vorquartal geschrumpft. Damit wurden sowohl die Markterwartungen (Bloomberg-Median: +0,1 % qoq) als auch unsere Erwartungen enttäuscht (DekaBank: +0,2 % qoq). Gleichzeitig mit der Veröffentlichung des vierten Quartals hat das nationale Statistikamt ESRI auch die Vorquartale deutlich nach unten revidiert. Am augenscheinlichsten wird dies beim dritten Quartal, welches vormals mit einem Plus von 0,1 % qoq zu Buche schlug, sich nunmehr mit -0,3 % qoq aber deutlich im negativen Bereich befindet. Nachdem das zweite Quartal ebenfalls eine negative Wachstumsrate auswies, waren damit drei negative Quartale in Folge zu verzeichnen. Getragen durch das starke Wachstum im ersten Quartal und den statistischen Überhang vom Jahr 2003 ergibt sich für das Gesamtjahr 2004 ein Wachstum von 2,6 %.

2. Nach einem fulminanten Start ins Jahr 2004 hat sich das Wirtschaftswachstum in Japan im Jahresverlauf deutlich abgekühlt. Ganz so trostlos wie es auf den ersten Blick erscheinen mag, stellt sich die Lage aber dennoch nicht dar. Fakt ist, dass der private Konsum weiterhin nicht in Gang kommt. Einem Rückgang um 0,2 % qoq im dritten Quartal folgte ein Minus von 0,3 % qoq im vierten Quartal. Hoffnung auf eine deutlich dynamischere Entwicklung besteht auch in den nächsten Quartalen kaum. Auf Unternehmensseite hingegen scheint die Erholung weiterhin intakt. So konnten die gewerblichen Investitionen um 0,7 % gegenüber dem Vorquartal zulegen. Steigende Unternehmensgewinne und die Tatsache, dass die Produktionskapazitäten japanischer Unternehmen seit 1998 deutlich geschrumpft sind, sollten auch in den nächsten Quartalen für eine verstärkte Investitionstätigkeit sorgen. Dafür spricht auch die ausgesprochen günstige Entwicklung der Auftragseingänge in der jüngsten Vergangenheit. Die Nettoexporte generierten bereits ein zweites Mal in Folge einen negativen Wachstumsbeitrag von 0,2 Prozentpunkten. Doch auch hier ist festzustellen, dass die Exporte trotz der Abkühlung des weltwirtschaftlichen Umfelds immer noch 1,3 % gegenüber dem Vorquartal zulegen konnten. Angesichts der verstärkten Investitionstätigkeit stiegen die Importe mit einem Plus von 3,1 % qoq aber noch kräftiger an, was insgesamt zu dem negativen Wachstumsbeitrag führte.

3. Trotz der deutlich schlechteren Zahlen hat sich am grundsätzlichen Bild nicht viel geändert: Während sich auf Seiten der Unternehmen die Restrukturierungserfolge der vergangenen Jahre langsam positiv bemerkbar machen, und es den Unternehmen erlauben wieder verstärkt zu investieren. Nachdem die Personalkosten über Jahre hinweg mühsam reduziert werden konnten, sind die Unternehmen aber offensichtlich noch nicht bereit, diese Effizienzgewinne durch die Schaffung neuer Arbeitsplätze bzw. durch Lohnerhöhungen aufs Spiel zu setzen. Bei einer bestenfalls stagnierenden Lohnentwicklung und einer lediglich moderaten Entwicklung am Arbeitsmarkt ist es daher nicht verwunderlich, dass die japanischen Konsumenten bei ihren Kaufentscheidungen eine große Zurückhaltung an den Tag legen. An dieser Situation dürfte sich auch in den nächsten Quartalen nicht viel ändern. Ob die Nettoexporte in den nächsten Quartalen positive Wachturmsbeiträge leisten können, wird neben der Nachfrage aus China auch stark von der Entwicklung der Halbleiterindustrie abhängen. Sollte sich dort im zweiten Halbjahr die erhoffte Erholung abzeichnen, wäre auch auf der Exportseite wieder mit einem kräftigeren Wachstum zu rechnen. Für unsere Wachstumsprognose für 2005 ergibt sich schon allein durch den nun negativen statistischen Überhang aus 2004 deutlicher Revisionsbedarf nach unten.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 130 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

Mehr Experten