Kommentar
14:40 Uhr, 01.10.2007

Japan: Unternehmen zeigen sich unbeirrt von den Finanzmarktturbulenzen

1. Die Ergebnisse der Tankan-Befragung, die von der Bank of Japan durchgeführt wird, ergaben für das dritte Quartal 2007 erwartungsgemäß eine leichte Eintrübung der Stimmung, allerdings auf hohem Niveau. Trotz des Befragungszeitraums, der in den September fiel, sind die Auswirkungen der Finanzmarktturbulenzen, wenn überhaupt, moderat ausgefallen. Bei den großen Dienstleistungsunternehmen sank der Indexwert von 22 auf 20 Punkte (Bloomberg-Median und DekaBank: 21 Punkte). Positiv überraschen konnte jedoch die Stimmungsbeurteilung bei den großen Industrieunternehmen.

Diese sind unverändert optimistisch im Vergleich zum Vorquartal mit einem Indexwert von 23 Punkten (Bloomberg-Median: 21 Punkte, DekaBank: 22 Punkte). Über alle Sektoren hinweg wird die wirtschaftliche Lage der großen Unternehmen für das dritte Quartal mit 21 Indexpunkten leicht schlechter bewertet als bei der letzten Tankan-Umfrage (Q2: 22 Punkte).

Die Schere zwischen den großen Unternehmen einerseits und den mittelgroßen bis kleinen Unternehmen andererseits klafft allerdings weiter auseinander. Die Stimmungsverschlechterung war auch im dritten Quartal bei den mittelgroßen und kleinen Unternehmen deutlich stärker ausgeprägt als bei den Großunternehmen, dabei befinden sich die Indexwerte hier bereits seit einiger Zeit auf einem merklich tieferen Niveau. Über alle Sektoren hinweg sanken die Indexwerte für die Stimmung bei den mittelgroßen und kleinen Unternehmen um jeweils drei Punkte auf 7 bzw. auf -5 Punkte. Bei den kleinen Unternehmen überwiegt also der Pessimismus, der vor allem im Dienstleistungssektor zu finden ist. Eine Ursache für das Auseinanderklaffen der Schere dürfte darin liegen, dass die Großunternehmen im Gegensatz zu den kleineren neben der Binnennachfrage auch von einer regen Exporttätigkeit profitieren. Über alle Sektoren und alle Unternehmensgrößen hinweg sinkt die Stimmung bei den japanischen Unternehmen im dritten Quartal um 3 Punkte auf einen Indexwert von 4 Punkten.

Die gestiegene Unsicherheit im Zuge der Finanzmarktturbulenzen scheint sich bei den großen Industrieunternehmen allerdings bezüglich der Erwartungen für das vierte Quartal 2007 bemerkbar zu machen. Der entsprechende Indexwert sinkt um 4 Punkte auf 19 Punkte. Die großen Dienstleistungsunternehmen sehen die Eintrübung nur im dritten Quartal und rechnen für das vierte Quartal bereits mit einer Verbesserung. Der entsprechende Indexwert steigt um einen Punkt auf 21 Punkte. Bei den mittelgroßen und kleinen Unternehmen ist eine weitere Verschlechterung der Stimmung im vierten Quartal nur im Dienstleistungssektor zu erwarten. Über alle Sektoren und alle Unternehmensgrößen hinweg sinkt die Stimmung bei den japanischen Unternehmen im vierten Quartal um einen Punkt auf 3 Indexpunkte.

2. Mit den Absatzperspektiven auf dem japanischen Markt sind die Unternehmen ähnlich unzufrieden wie bei der letzten Umfrage. Auch die internationalen Absatzperspektiven werden weitgehend unverändert eingeschätzt, allerdings sind die Unternehmen an den internationalen Märkten deutlich zufriedener. Das heißt, am japanischen Markt sehen sie ein Überschussangebot, während an den internationalen Märkten nach Meinung der japanischen Firmen eine leichte Überschussnachfrage herrscht. Erfreulicherweise wird im dritten Quartal mit steigenden Outputpreisen gerechnet, sowohl im verarbeitenden Gewerbe als auch im Dienstleistungssektor. Offenbar verbessern sich langsam aber sicher die Preisüberwälzungsspielräume der Unternehmen, denn steigende Inputpreise werden bereits seit einigen Quartalen gemeldet, so auch in dieser Tankan-Umfrage. In Ansätzen bestätigt dies unsere Erwartung von leicht steigenden Inflationsraten im weiteren Verlauf des Jahres. Die Umsatzerwartungen für das Fiskaljahr 2007 wurden ebenfalls nach oben korrigiert, bei den Großunternehmen jedoch am stärksten. Nur die Gewinnerwartungen trotzen der insgesamt guten Entwicklung und bleiben zurückhaltend, wenngleich im verarbeitenden Gewerbe mit deutlich höheren Gewinnen gerechnet wird als noch im Vorquartal. Im Dienstleistungssektor ist die Gewinnerwartung jedoch zurückgeschraubt worden. Im Querschnitt aller Wirtschaftszweige und Unternehmensgrößen wird mit einem Anstieg der Gewinne im Fiskaljahr 2007 um nur 0,5 % gerechnet. Als belastend empfinden japanische Unternehmen weiterhin die Beschäftigungssituation. Aber nur die mittelgroßen und großen Industrieunternehmen erwarten nochmals eine Verschlechterung bei der Beschäftigungssituation, also eine Zunahme der Beschäftigungsengpässe. Dieses Problem dürfte sich in den kommenden Jahren noch verschärfen, wenn die Baby-Boomers sukzessive in Rente gehen.

3. Nach den rückläufigen gewerblichen Investitionen (capex) im zweiten Quartal (VGR-Abgrenzung) wurde die Einschätzung bezüglich der Investitionspläne der Unternehmen mit Spannung erwartet. Hier kam es zu einer positiven Überraschung. Die Großunternehmen erhöhten ihre Investitionspläne für das Fiskaljahr 2007 (von 7,7 % im zweiten Quartal) auf 8,7 % im dritten Quartal (Bloomberg-Median: 7,5 %). Bei allen Unternehmensgrößen und allen Sektoren wurden die Investitionspläne im Vergleich zum Vorquartal ausgeweitet und stützen somit unsere Erwartung, dass die gewerblichen Investitionen bereits im dritten Quartal wieder positive Wachstumsbeiträge für das BIP liefern werden. Über alle Unternehmensgrößen und Sektoren hinweg dürften die Investitionen im Fiskaljahr 2007 um 4,9 % ausgeweitet werden.

4. Die heutigen Tankan-Umfragewerte spiegeln zum einen wider, dass die japanischen Unternehmen durch die internationalen Finanzmarkt- und Kreditmarktturbulenzen kaum verunsichert sind. Die Stimmung hat sich im dritten Quartal nur geringfügig auf hohem Niveau eingetrübt, was aber auch durch die bislang vorliegenden realwirtschaftlichen Zahlen aus der Industrie und dem Dienstleistungssektor für das dritte Quartal erklärt werden kann. Zum anderen bestätigen die Umfragewerte unsere Erwartung von positiven BIP-Wachstumsbeiträgen von den gewerblichen Investitionen in der zweiten Jahreshälfte 2007. Somit fühlen wir uns in unserer BIP-Wachstumsprognose von 2,1 % für das Jahr 2007 bestätigt.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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