Kommentar
13:50 Uhr, 01.07.2008

Japan: Tankan zeigt Stimmungseintrübung in Q2

1. Die Stimmung bei den japanischen Unternehmen hat sich im zweiten Quartal 2008 zum dritten Mal in Folge eingetrübt. Der Indexwert für die Einschätzung der wirtschaftlichen Lage sank bei den großen Industrieunternehmen im zweiten Quartal von 11 auf 5 Punkte (Bloomberg-Median: 3 Punkte, Deka- Bank: 4 Punkte), bei den großen Dienstleistern von 12 auf 10 Punkte (Bloomberg-Median: 8 Punkte, DekaBank: 9 Punkte). Bei allen Großunternehmen gab es einen Rückgang des Indexwertes um 5 auf 7 Punkte. Insgesamt trübte sich die Stimmung damit weniger stark ein als erwartet. Gerade im Bereich der Dienstleistungen hat sich die Abwärtsdynamik merklich verlangsamt.

Bei den Erwartungen zeigt sich für beide Sektoren eine Verschlechterung der Tankan- Umfragewerte. Bei den großen Industrieunternehmen sank der Indexwert für die wirtschaftliche Lage im dritten Quartal auf 4 Punkte, bei den großen Dienstleistungsunternehmen auf 8 Punkte. Doch gerade bei den Dienstleistern gibt es eine Reihe von Wirtschaftszweigen, wie z.B. Informations- und Kommunikationsdienstleistungen sowie Transport, Immobilien und Großhandel, die eine Aufhellung der Lage für das dritte Quartal sehen. In der direkten Schlussfolgerung von der Stimmung auf die Gesamtwirtschaft würde das bedeuten, dass sich das Tempo der Abkühlung ab Mitte 2008 verlangsamt.

Bezüglich des Stimmungsbildes bei den mittelgroßen und den kleinen Unternehmen hat sich wenig verändert. Nach wie vor sind die kleinen Unternehmen mit Abstand am pessimistischsten eingestellt, wobei der entsprechende Indexwert über alle Sektoren hinweg um 5 Punkte auf -16 Punkte gefallen ist. Hierbei sehen die kleinen Unternehmen im Dienstleistungssektor mit -20 Punkten ihre wirtschaftliche Situation als noch ungünstiger an als die kleinen Industrieunternehmen mit -10 Punkten. Ein ähnliches Schema zeigt sich auch für die mittelgroßen Unternehmen: Die Stimmung bei den Dienstleistern sank um 2 auf -5 Punkte, und bei den mittelgroßen Industrieunternehmen fiel der Indexwert nunmehr mit einem Rückgang um 7 auf -2 Punkte ebenfalls ins negative Terrain.

2. Gemischte Antworten ergaben sich bei den anderen Teilfragen, bei denen die Unternehmen das zweite Mal Prognosen für das Fiskaljahr 2008 abgegeben haben. Die Umsatzperspektiven wurden über alle Unternehmensgrößen und Sektoren hinweg (von 1,4 %) auf 2,4 % nach oben korrigiert, liegen aber nach wie vor niedriger als für das Fiskaljahr 2007. Bei den Gewinnerwartungen gab es hingegen einen richtigen Einbruch. Während die japanischen Unternehmen bislang noch mit einem erwarteten Gewinnzuwachs für das Fiskaljahr 2008 von 2,4 % gerechnet hatten, revidierten sie nunmehr ihre Erwartungen auf einen Rückgang der Gewinne um 4,4 %. Sowohl in der Industrie als auch bei den Dienstleistern rechnen die Unternehmen mit rückläufigen Gewinnen im Fiskaljahr 2008. Das lässt nicht viel hoffen für die Investitionstätigkeit, vor allem auch in Verbindung mit den nach unten korrigierten Erwartungen bezüglich des Gewinn-Umsatz- Verhältnisses. Die Investitionspläne selbst, die in der Umfrage vom ersten Quartal für das Fiskaljahr 2008 mit -1,6 % enttäuschend ausfielen, wurden erwartungsgemäß nach oben korrigiert und liegen jetzt bei 2,4 %. Das Phänomen, dass die Unternehmen zu Beginn des Fiskaljahres sehr moderate Investitionserwartungen angeben, die dann nach und nach aufwärts korrigiert werden, ist bekannt. Doch die 2,4 % sind auch im Vergleich zu den vergangenen Jahren als niedrig einzustufen. Zuletzt wurden für ein Fiskaljahr (bei einer Tankan-Umfrage vom zweiten Quartal) vor sechs Jahren so niedrige Investitionspläne vorgelegt wie jetzt.

3. Was auf die Investitionslaune der Unternehmen drückt, zeigt sich in den Teilfragen zu Corporate Finance. Die Mehrheit der großen und mittelgroßen Unternehmen schätzt zwar die Finanzierungslage als unverändert locker („easy“) ein, doch die kleinen Unternehmen haben hier weiterhin ihre Probleme. In der Teilfrage nach dem Kreditgewährungsverhalten von Finanzinstitutionen sank der Indexwert erneut, aber er verharrte noch deutlich im positiven Bereich, was angibt, dass die Lage hier eher als unproblematisch („accomodative“) gesehen wird. In der jetzigen Tankan-Umfrage rechnen aber viel mehr japanische Unternehmen mit einem Anstieg der Kreditkosten als ein Quartal zuvor. Alles in allem erwarten wir für die kommenden Quartale bestenfalls eine Seitwärtsbewegung beim Niveau der gewerblichen Investitionen.

4. Die Ergebnisse der heutigen Tankan-Umfrage bestätigen unser Konjunkturbild von einer merklichen konjunkturellen Abkühlung in Japan zur Jahresmitte 2008. Wir bleiben zwar nach wie vor bei der Prognose, dass die japanische Volkswirtschaft dieses und nächstes Jahr mit 1 ½ % nur knapp unterhalb des Potenzialpfads wachsen wird. Angesichts des sehr starken Wachstums im ersten Quartal 2008 beinhaltet jedoch dieses Festhalten an der jahresdurchschnittlichen Wachstumsrate für 2008 eine Verschlechterung des Ausblicks vor allem für die Quartale zwei und drei.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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