Kommentar
15:50 Uhr, 02.04.2007

Japan: Tankan-Umfragewerte in Q1 – ein zweischneidiges Schwert

1. Die Ergebnisse der Tankan-Befragung, die von der Bank of Japan durchgeführt wird, ergab für das erste Quartal 2007 ein eher gemischtes Bild und ist tendenziell als neutral zu bewerten. Erwartungsgemäß beurteilen die großen Industrieunternehmen ihre wirtschaftliche Lage schlechter als ein Quartal zuvor: Der entsprechende Indexpunkt sank von 25 auf 23 Punkte (Bloomberg-Median: 24 Punkte, DekaBank: 23 Punkte). Bei den mittelgroßen und kleinen Industrieunternehmen trübt sich die Stimmung noch stärker ein. Die Indizes sanken hier sogar um 5 bzw. um 4 Punkte.

Die großen Dienstleistungsunternehmen hingegen schätzten ihre Lage als genauso gut ein wie ein Quartal zuvor. Der Tankan-Umfragewert verharrte bei 22 Punkten (Bloomberg-Median und DekaBank: 23 Punkte). Auch bei den Dienstleistern ergeht es den mittelgroßen und kleinen Unternehmen schlechter, deren Indexpunkte um jeweils 2 Punkte sogar rückläufig waren. Über alle Sektoren hinweg wird die wirtschaftliche Lage der großen Unternehmen für das erste Quartal 2007 mit 23 Indexpunkten als gleich gut beurteilt wie das vierte Quartal 2006.

Auch bezüglich der Erwartungen für das zweite Quartal 2007 setzt sich der negative Trend bei der Industrie fort, während ein positiver Impuls bei den Dienstleistungen zu sehen ist. Entsprechend sank der Indexwert bei den großen Industrieunternehmen um 2 Punkte auf 20 Punkte. Ein Plus um 3 Punkte auf 23 Punkte verzeichnete hingegen der Indexwert bei den großen Dienstleistungsunternehmen. Dass die großen Unternehmen tendenziell optimistischer geworden sind als die Mittelgroßen und die Kleinen, gilt jedoch bezogen auf die Erwartungen nur für die Dienstleistungen. Der Indexwert für die mittelgroßen Industrieunternehmen verringerte sich mit einem Indexpunkt nicht so stark wie für die Großen. Die kleinen Industrieunternehmen sehen gar überhaupt keine Verschlechterung im Vergleich zum vierten Quartal 2006. Über alle Sektoren hinweg stiegen die Erwartungen der großen Unternehmen für das zweite Quartal um einen Punkt an.

2. Mit den Absatzperspektiven sowohl auf dem japanischen als auf den internationalen Märkten sind die Unternehmen weniger zufrieden als bei der letzten Umfrage. Während der Indexwert für die Konditionen am Binnenmarkt noch tiefer ins Minus rutsche, das Überschussangebot also weiter ausgebaut wurde, konnte sich der Indexwert für die weltwirtschaftlichen Absatzperspektiven mit einem Punkt gerade noch im positiven Bereich halten und zeigt noch eine leichte Überschussnachfrage auf. Unerfreulich ist die Erwartung sinkender Outputpreise vor allem im Bereich des verarbeitenden Gewerbes. Hingegen rechnen die japanischen Firmen weiterhin mit steigenden Inputpreisen. Demnach gehen sie davon aus, dass ihre Preisüberwälzungsspielräume im Vergleich zur letzten Umfrage gefallen sind. Dies zeigt sich auch in den nur zurückhaltenden Gewinnerwartungen. Im Querschnitt aller Wirtschaftszweige und Unternehmensgrößen wird mit einem Anstieg der Gewinne im Fiskaljahr 2007 um 1,6 % gerechnet. Als belastend empfinden japanische Unternehmen weiterhin die Beschäftigungssituation. Sie erwarten nochmals eine Verschlechterung beim Beschäftigungsausblick, also eine Zunahme der Beschäftigungsengpässe. Dieses Problem dürfte sich in den kommenden Jahren sogar noch verschärfen, wenn die Baby-Boomers sukzessive in Rente gehen.

3. Dennoch überraschte der geplante Anstieg der Investitionstätigkeit großer Unternehmen im Querschnitt aller Sektoren um 2,9 % für das Fiskaljahr 2007 positiv (Bloomberg-Median: 1,7 %). Erwartungsgemäß werden diese die Investitionspläne im Verlauf der weiteren Tankan-Befragungen des Jahres nach oben korrigiert, daher interpretieren wir diesen Wert als eine gute Basis für eine anhaltend robuste Investitionstätigkeit. Auch hier zeigen sich die Dienstleistungsunternehmen mit einer Ausweitung der Investitionen um 3,1 % optimistischer als die Industrie mit 2,5 %. Die kleinen Unternehmen sehen sich allerdings sowohl im verarbeitenden als auch im nicht-verarbeitenden Gewerbe gezwungen, ihre Investitionstätigkeit im Fiskaljahr 2007 einzuschränken.

4. Insgesamt sind die Aussagen der Tankan-Befragung eher als neutral zu werten. Als Gegenpol zur merklichen Verschlechterung bei der Industrie, dient die Aufhellung der Stimmung bei den Dienstleistungen. Für die Konjunktur dürfte die nachhaltige positive Entwicklung im nicht-verarbeitenden Gewerbe die Abschwächung in der Industrie mittelfristig mehr als wettmachen. Daher rechnen wir unverändert mit einer leicht anziehenden konjunkturellen Dynamik im Verlauf von 2007 und einer Zunahme des realen BIP in diesem Zeitraum um 2,4 %.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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