Kommentar
15:14 Uhr, 15.12.2011

Japan: Tankan-Bericht von Exportabschwächung gezeichnet – inländische Entwicklungen besser als erwartet

• Die Ergebnisse der Tankan-Umfrage der Bank of Japan für das vierte Quartal 2011 sind uneinheitlich. So hat sich die Stimmung der großen Industrieunternehmen deutlicher als erwartet verschlechtert. Dagegen hat sich bei den großen Dienstleistern die Stimmung überraschend verbessern können.

• Diese Zweiteilung setzt sich in den weiteren Teilergebnissen fort. So haben sich die Befragungssalden zur Gewinnentwicklung, Investitionstätigkeit und Verkaufsaktivität je nach Wirtschaftssektor auffallend unterschiedlich entwickelt. Die Ergebnisse zur Entwicklung der Auslandsnachfrage nach japanischen Produkten haben sich deutlich gegenüber dem Vorquartal verschlechtert. Dies dürfte die Haupterklärung für die Zweitteilung der Umfrageergebnisse sein.

• Die Ergebnisse der Tankan-Umfrage sind einerseits beruhigend. Die Befürchtungen einer erneuten inländischen Wachstumsverlangsamung wurden nicht bestätigt. Die Verschlechterungen der Umfrageergebnisse kommen von außen. Diese Abschwächungen könnten sowohl im Zusammenhang mit den Überschwemmungen in Thailand als auch mit der realwirtschaftlichen Abkühlung Eurolands stehen.

1. Überschwemmungen in Thailand oder Eurolandkrise? Der jüngste Tankan-Bericht für das vierte Quartal offenbart, dass die japanischen Unternehmen unter einer Abschwächung der ausländischen Nachfrage leiden. Die inländischen Entwicklungen scheinen von dieser Abschwächung noch verschont geblieben zu sein. Deutlicher als erwartet hat sich der Saldo aus der Anzahl der Optimisten gegenüber den Pessimisten im Falle der großen Industrieunternehmen von +2 auf -4 Punkte (Bloomberg-Median und DekaBank: -2 Punkte) verschlechtert. Insbesondere die großen Industrieunternehmen gelten als sehr exportabhängig. Demgegenüber hat sich der Saldo im Falle der großen Dienstleister von 1 auf 4 Punkte überraschend verbessern können (Bloomberg-Median und DekaBank: 2 Punkte).

2. Die Stimmungsverschlechterung fand tatsächlich nur bei den großen Industrieunternehmen statt. So blieben die Salden im Falle der mittleren Industrieunternehmen unverändert und im Bereich der kleinen Unternehmen sind sie sogar angestiegen. Da die Stimmungsverbesserung der Dienstleister in allen Bereichen
vorlag, hat sich der Saldo aller Unternehmen von -9 auf -7 Punkte verbessert. Der Blick in die Details zeigt eine deutliche Abschwächung der Umfrageergebnisse hinsichtlich der Entwicklung der Auslandsnachfrage. Hier wird nur auf die Güternachfrage abgestellt. Für die Gewinnentwicklung im Fiskaljahr 2011 (endet im März 2012) wird nun über alle Unternehmen hinweg mit einem noch stärkeren Gewinnrückgang gerechnet, und auch die Investitionsabsichten haben sich verschlechtert. Im Falle der großen Unternehmen wird für das Fiskaljahr mit einem Anstieg der Investitionen um 1,4 % gerechnet. Dies ist schwächer als noch vor einem Quartal (3,0 %) und ebenfalls niedriger als erwartet (Bloomberg-Umfrage: 2,5 %). Über alle Unternehmensgrößen hinweg blieben die Investitionsabsichten nahezu unverändert. Die Ergebnisse im Bereich der Verkaufsaktivität entsprechen diesen Entwicklungen: Im Gesamtaggregat blieben hier die Umfrageergebnisse im Vergleich zum Vorquartal nahezu unverändert, während sie sich im Bereich der großen Unternehmen
deutlich verschlechtert haben. Für alle drei Bereiche (Gewinne, Investitionen, Verkaufsaktivität) gilt, dass die Verschlechterungen fast ausschließlich aus dem Bereich der großen Industrieunternehmen kommen.

3. Auch im Bereich der Preisentwicklung unterscheiden sich die Ergebnisse: Entlastung kommt für die Industrieunternehmen von nun weniger stark steigenden Inputpreisen. Allerdings scheinen hier auch die Outputpreise wieder stärker zu fallen. Im Falle der Dienstleistungsunternehmen sind die jeweiligen Saldenwerte nahezu unverändert geblieben. Somit dürfte sich für beide Unternehmensbereiche an den Gewinnmargen kaum etwas verbessert haben.

4. Im Oktober ist die thailändische Industrieproduktion aufgrund der dortigen Überschwemmungen um gut 35 % gegenüber dem Vormonat gesunken. Thailand ist der sechstgrößte Absatzmarkt für japanische Erzeugnisse. Der Anteil an den Exporten beträgt zwar nur knapp 5 % (entspricht der Bedeutung Belgiens für den deutschen Export). Aufgrund von Produktionsketten, die nun unterbrochen sind, beschränkt sich die Beeinträchtigung
der japanischen Volkswirtschaft aber nicht alleine auf die direkten Nachfrageeffekte. Dies könnte eine Erklärung dafür sein, dass sich die Verschlechterungen in der Tankan-Umfrage so einseitig verteilen. Die zweite Erklärung wäre, dass sich die realwirtschaftliche Abschwächung Eurolands auch in Ostasien bemerkbar macht. Zwar sind einzelne europäische Länder nahezu bedeutungslos für die japanische Exportentwicklung. In der Summe liegt Euroland mit knapp 12 % aber nur hinter China (knapp 20 %) und den Vereinigten Staaten (knapp 15 %) und ist damit nicht zu vernachlässigen. Es kann durchaus entscheidend sein, welcher dieser beiden Erklärungsansätze maßgeblich für die Stimmungsentwicklung der Unternehmen gewesen ist. Ist es die Eurolandkrise, dann ist mit einer längeren Belastung zu rechnen. Die Überschwemmungen in Thailand stellen dagegen ein temporäres Ereignis dar und bedeuten somit nur eine kurzfristige Belastung. Die halbwegs positiven inländischen Entwicklungen zeigen, dass die japanische Volkswirtschaft nicht unmittelbar vor einer erneuten Rezession steht. Das Szenario eines Tripledip lässt sich aber mit Blick auf das kommende Jahr nicht vollständig ausblenden.

Quelle: DekaBank

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