Kommentar
14:37 Uhr, 14.11.2011

Japan: Raus aus der Rezession

1. Nach drei Rückgängen in Folge ist das Bruttoinlandsprodukt im dritten Quartal wieder angestiegen – die jüngste Rezession ist also beendet. Der Zuwachs um 1,5 % gegenüber dem Vorquartal entsprach den Erwartungen (Bloomberg-Umfrage: 1,5 %; DekaBank: 1,6 %) und stellt für japanische Verhältnisse eine außerordentlich hohe Wachstumsrate dar. Dennoch wurde das Ausgangsniveau der wirtschaftlichen Aktivität vor Beginn der Rezession noch nicht ganz wieder erreicht. Im Vergleich zum dritten Quartal 2010 lag die Höhe der wirtschaftlichen Aktivität noch um 0,2 % tiefer. Die Rückgänge der wirtschaftlichen Aktivität zu Beginn des Jahres waren eine direkte Folge der Naturkatastrophe im März dieses Jahres. In Folge dessen begann bereits im zweiten Quartal ein Aufholprozess, der nun im dritten Quartal weitgehend abgeschlossen ist.

2. Die Zusammensetzung der wirtschaftlichen Aktivität im dritten Quartal entspricht zwar grundsätzlich unseren Erwartungen. Gleichwohl liefern die Detailinformationen durchaus Überraschungen: Mit einem Anstieg der Konsumausgaben der privaten Haushalte konnte aufgrund der guten Entwicklung der Einzelhandelsumsätze zwar gerechnet werden. Der Zuwachs um 1,0 % (qoq) übertraf unsere Erwartungen aber bei Weitem. Extrem stark nahmen zum zweiten Mal in Folge die Ausgaben für Gebrauchsgüter gegenüber dem Vorquartal zu (8,4 %). Gestützt wurde diese starke Konsumaktivität durch eine ebenfalls sehr starke Einkommensentwicklung der privaten Haushalte. Diese nahmen um 1,3 % gegenüber dem Vorquartal zu. Allerdings gilt auch hier wie beim Bruttoinlandsprodukt insgesamt, dass in den drei Quartalen zuvor Rückgänge vorlagen und das Einkommensniveau vom dritten Quartal 2010 bislang noch nicht wieder erreicht wurde.

3. Schwächer als von uns erwartet war die Dynamik der Anlageinvestitionen. Dies lag einerseits an einem Rückgang der Staatsinvestitionen. Im Zuge der Naturkatastrophe nahmen diese bereits im zweiten Quartal sehr stark zu. Den anschließenden negativen Rückpralleffekt hatten wir erst für das kommende Jahr erwartet. Schwächer als von uns erwartet war allerdings auch der Zuwachs der gewerblichen Investitionen. Die Investitionsdynamik der Unternehmen kann bereits seit Anfang 2009 nach dem Ende der globalen Rezession als ein Trauerspiel bezeichnet werden. So liegt das Investitionsniveau im dritten Quartal 2011 um mehr als 18 % tiefer als Anfang 2008, also vor der damaligen Rezession. Kein anderer Bereich der Volkswirtschaft zeigt sich so wenig erholt wie die Investitionstätigkeit der Unternehmen. Diese ist aber für die zukünftigen Wachstumsperspektiven entscheidend, denn eine dauerhaft niedrige Investitionstätigkeit macht sich letztlich über den Arbeitsmarkt auch beim privaten Konsum bemerkbar. Durchaus erfreulich ist der starke Anstieg der Wohnungsbauinvestitionen. Allerdings verliert dieser Bereich seit Ende 1997 fast kontinuierlich an Bedeutung. Dies erklärt, weshalb der sehr starke Anstieg der Wohnungsbauinvestitionen nur einen unbedeuteten Wachstumsbeitrag liefern konnte. Die Lagerinvestitionen lieferten einen positiven Wachstumsbeitrag, der unseren Erwartungen weitgehend entsprach. Anhand des nach wie zu geringen Niveaus der Lagerinvestitionen, ist in den kommenden Quartalen mit weiteren positiven Wachstumsbeiträge zu rechnen.

4. Der Rückgang der wirtschaftlichen Aktivität im zweiten Quartal war wesentlich auf den Außenhandel zurückzuführen. So brach der Export sehr deutlich ein, während die Importe noch marginal zulegten. Es folgte ein sehr stark ausgeprägter Aufholprozess der Exporte, sodass im dritten Quartal, erstmals seit dem zweiten Quartal 2010 der Außenhandel einen positiven Wachstumsbeitrag liefern konnte.

5. Vergangene Woche wurde vom Unterhaus ein Wiederaufbauprogramm zur Beseitigung der Schäden der Naturkatastrophe in Höhe von 12,1 Billionen Yen verabschiedet. Dies entspricht 2,6 % des nominalen Bruttoinlandsprodukts bzw. knapp 110 Mrd. Euro. In früheren Jahren wurden solche Aufbauprogramme mittels einer höheren Schuldenaufnahme des Staates finanziert. Die extrem hohe Verschuldung des Staates verhindert nun solch ein Vorgehen, sodass zur Gegenfinanzierung 11,2 Billionen an anderer Stelle eingespart bzw. Steuern erhöht werden sollen. Rechnet man beides gegen, dann bleibt ein Nettoeffekt von 0,2 % des Bruttoinlandsprodukts. Von einem zusätzlichen Wachstumsimpuls kann im kommenden Jahr also kaum gesprochen werden. Hinzu kommt, dass die zeitliche Abfolge noch unklar ist. So ist es denkbar, dass einzelne Quartale vom Konjunkturpaket profitieren werden und andere die Last der Finanzierung tragen müssen. Die ohnehin volatile wirtschaftliche Entwicklung könnte hierdurch im kommenden Jahr noch schwankungsanfälliger werden.

Quelle: DekaBank

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