Kommentar
18:56 Uhr, 01.10.2008

Japan: Pessimisten auf dem Vormarsch

1. Die Stimmung der japanischen Unternehmen hat sich im dritten Quartal 2008 nochmals eingetrübt. Der Indexwert für die Einschätzung der wirtschaftlichen Lage sank bei den großen Industrieunternehmen im dritten Quartal von 5 auf -3 Punkte (Bloomberg-Median: -2 Punkte, DekaBank: -4 Punkte), bei den großen Dienstleistern von 10 auf 1 Punkt (Bloomberg-Median: 5 Punkte, DekaBank: 3 Punkte). Bei allen Großunternehmen gab es einen Rückgang des Indexwertes um 7 auf 0 Punkte. Ein Saldo von 0 Punkten bedeutet, dass der prozentuale Anteil der pessimistischen Unternehmen mit dem Anteil der optimistischen Unternehmen übereinstimmt. Entsprechend bedeutet ein negativer Saldo, dass der prozentuale Anteil der pessimistischen Unternehmen den Anteil der optimistisch eingestellten Unternehmen übersteigt, was nunmehr bei den großen Industrieunternehmen der Fall ist.

Bei den Erwartungen zeigt sich für beide Sektoren eine weitere Verschlechterung der Tankan-Umfragewerte. Bei den großen Industrieunternehmen sank der Indexwert für die Erwartungen für das vierte Quartal um einen weiteren Punkt auf -4 Punkte, bei den großen Dienstleistungsunternehmen um zwei auf -2 Punkte. Somit überwiegen bei den Erwartungen für das Schlussquartal 2008 bei allen Großunternehmen die Pessimisten. Bezüglich des Stimmungsbildes bei den mittelgroßen und den kleinen Unternehmen hat sich wenig verändert. Nach wie vor sind die kleinen Unternehmen mit Abstand am pessimistischsten eingestellt. Hier lag der Tankan-Wert im dritten Quartal bei -21 Punkten, das ist Rezessionsniveau. Bezüglich der Erwartungen für das vierte Quartal rutschte der Saldo sogar auf -29 Punkte.

2. Eine Verschlechterung gab es auch bei fast allen Teilfragen, bei denen die Unternehmen das dritte Mal Prognosen für das Fiskaljahr 2008 abgegeben haben. Die Umsatzperspektiven wurden zwar über alle Unternehmensgrößen und Sektoren hinweg (von 2,4 %) auf 3,0 % nach oben korrigiert. Damit sind wir aber auch schon am Ende der guten Nachrichten. Die Gewinnerwartungen wurden erneut nach unten angepasst. Schon bei der letzten Umfrage erwarteten die japanischen Unternehmen einen Gewinnrückgang für das Fiskaljahr 2008 um 4,4 %, nun revidierten sie ihre Erwartungen auf -8,1 %. Das lässt nach wie vor nicht viel hoffen für die Investitionstätigkeit, vor allem auch in Verbindung mit den nach unten angepassten Erwartungen bezüglich des Gewinn-Umsatz-Verhältnisses. Die Investitionspläne für alle befragten Großunternehmen wurden für das Fiskaljahr 2008 von 2,4 % auf 1,7 % nach unten korrigiert.

3. Eine weitere Eintrübung zeigt sich auch in den Teilfragen zur Finanzierungssituation der Unternehmen. Inzwischen ist der Anteil der großen und mittelgroßen Unternehmen, die ihre Finanzierungslage als entspannt („easy“) einschätzt, genauso groß, wie der Anteil der Unternehmen, die sie als angespannt („tight“) ansieht. Vor allem die kleinen Unternehmen haben hier ihre Probleme. In der Teilfrage nach dem Kreditgewährungsverhalten von Finanzinstitutionen sank der Indexwert erneut, aber er verharrte mit 3 Punkten noch im positiven Bereich, was angibt, dass die Lage hier mehrheitlich noch als unproblematisch („accomodative“) gesehen wird. Bei den Kreditkosten rechnet im dritten Quartal ein geringerer Anteil der Unternehmen mit einem Anstieg als noch ein Quartal zuvor.

4. Die Ergebnisse der heutigen Tankan-Umfrage zeigen eine sich weiter verschlechternde Stimmung der japanischen Unternehmen. Eine so starke Abwärtsdynamik bei den Tankan-Werten, wie wir sie seit vier Quartalen beobachten können, hat in der Vergangenheit beinahe immer in eine Rezession gemündet. Die heutigen Umfragewerte verstärken – zusammen mit den jüngsten Konjunkturdaten – zwar die Rezessionsgefahren für die japanische Volkswirtschaft merklich. Zugleich befinden sich bislang weder die Stimmungsindikatoren noch die realwirtschaftlichen Daten auf Rezessionsniveau. Damit ist eine Rezession der japanischen Volkswirtschaft unserer Meinung nach noch keine ausgemachte Sache.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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