Kommentar
08:37 Uhr, 18.08.2015

Japan jetzt mit neuem Konjunkturprogramm?

Die griechische Wirtschaft wächst, die japanische schrumpft - beides ist überraschend. Für Japan wird es jetzt jedenfalls eng.

Die Vermutung über ein Schrumpfen der japanischen Wirtschaft hatte ich bereits Anfang des Monats angestellt. Grund für die Annahme war ein Rückgang der Exporte im zweiten Quartal. Die Vermutung hat sich nun bestätigt. Japans Wirtschaft schrumpft somit wieder, nachdem sie lediglich 2 Quartale hintereinander gewachsen war.

Die Übeltäter für das negative Wachstum sind schnell ausgemacht. Es sind asiatischen Länder wie China, die weniger aus Japan importieren. Es sind aber auch die japanischen Konsumenten, deren Ausgaben im zweiten Quartal um 0,8% sanken. Die Wirtschaft wird von diesen zwei Bereichen getragen: Export und Konsum. Investitionen tragen schon seit längerem wenig zum Wachstum bei.

Da die Wirtschaft nur von zwei Bereichen getragen wird, kann man zu der Misere auch pauschal sagen: alle sind schuld. Es läuft gar nichts. Das äußert sich wie in Grafik 1 dargestellt. Das Wachstum ist negativ. Im zweiten Quartal lag es bei -0,4% oder 1,6% auf annualisierter Basis. Sieht man von dem starken Einbruch vor einem Jahr ab, der durch die Mehrwertsteuererhöhung verursacht wurde, dann schrumpfte die Wirtschaftsleistung so schnell wie seit 2012 nicht mehr. Das letzte Quartal, das so schlecht war, war das dritte Quartal 2012 und damit das letzte vor Beginn der Abenomics.
Die Wirtschaftspolitik von Shinzo Abe ist aggressiv. Trotzdem bewegt sich nichts. Die Industrieproduktion ist heute gerade einmal 4% über dem Niveau der Zeiten vor den Abenomics. Der private Konsum steht lediglich 2% höher. Das alles zusammen führt zu einer äußerst bescheidenen Bilanz der Wirtschaftspolitik. Grafik 2 zeigt Japans Bruttoinlandsprodukt seit 1980. Es zeigt sich die lange Phase der Stagnation seit Ende der 90er Jahre. Seit 1997 wächst die Wirtschaft mit durchschnittlich 0,5% pro Jahr.

Seit Beginn der Abenomics vor knapp drei Jahren ist die Wirtschaft um durchschnittlich 0,53% gewachsen. Ein Mehrwachstum von 0,03% pro Jahr kann man sicherlich nicht als großen Erfolg verbuchen. Das ist sogar vielmehr als grandioser Misserfolg zu sehen. Stagniert die Wirtschaft im kommenden Quartal oder geht leicht zurück, dann hätte sich das Wachstum seit Beginn der Abenomics sogar weiter abgeschwächt und würde nur noch bei 0,47% stehen.

Seit Ende 2012 hat die Notenbank Staatsanleihen im Volumen von 216 Billionen Yen gekauft (ungefähr 1,55 Bio. EUR). Gleichzeitig steigen die Staatsschulden ungebremst weiter an. Grafik 3 zeigt um wie viele Milliarden die Schulden jedes Quartal weiter ansteigen. Seit Ende 2012 betrug der Anstieg 620 Mrd. USD. Ein Großteil dieser Schulden wurde unter anderem in Konjunkturprogramme gesteckt. Die Abenomics sollen die Wirtschaft nicht nur durch Geldpolitik, sondern auch durch Fiskalpolitik anschieben. Beides hat bisher nicht geholfen. Dennoch wird in Japan nach den schlechten Wachstumsdaten ein neues Konjunkturprogramm von mindestens 25 Mrd. gefordert, damit die Wirtschaft wenigstens nicht weiter schrumpft.

Wenn man das einmal rekapituliert, dann kann man nur den Kopf schütteln. Die Geldpolitik sollte die Inflation bringen und den Export beflügeln. Beides hat nicht funktioniert. Unternehmen wurden gedrängt Löhne anzuheben. Das taten sie bis zu einem gewissen Grad, aber zu wenig. Unternehmen erwirtschaften Rekordgewinne (Grafik 3). Arbeitnehmer haben davon wenig und das, was sie mehr haben, geben sie nicht aus. Ihnen ist die gefühlte Inflation zu hoch. Lebensmittelpreise steigen wegen des schwachen Yen an. Das senkt die Konsumlaune. Die Abenomics scheitern nicht nur daran den Export zu stärken, sondern dämpfen jetzt auch noch die Konsumlaune. Da der Konsum über 60% der Wirtschaft ausmacht, ist das fatal. Nach knapp 3 Jahren kann man wohl sagen: der Schuss ging nach hinten los.

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3 Kommentare

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  • dschungelgold
    dschungelgold

    Da kann man sich jetzt schon ausrechnen was Draghis QE bringen wird und schon jetzt bringt. Steigende Pixelwelten abseits der Realitaet. Sonst gar nix.

    12:27 Uhr, 18.08.2015
  • 1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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