Kommentar
14:14 Uhr, 15.03.2022

Ist es dumm, deutsche Aktien zu kaufen?

Der deutsche Aktienmarkt ist im Vergleich zu anderen Märkten ein Underperformer. Das gilt insbesondere im Vergleich mit den USA. Sollte man auf deutsche Aktien lieber verzichten?

Was vielen Anlegern nicht bewusst ist: Die Kurse deutscher Aktien stehen heute dort, wo sie auch schon im Jahr 2000 standen. Ein Blick auf den DAX erzählt eine andere Story. Mehrmals scheiterte der DAX an der Marke von 8.000 Punkten, steht aktuell aber bei fast 14.000 Punkten.

Die Berechnung des DAX berücksichtigt Dividenden. Die meisten anderen Leitindizes tun dies nicht. Ein direkter Vergleich von DAX zu S&P 500 ist daher nicht korrekt. Der eine Index beinhaltet Dividenden (DAXx), der andere nur die Kurssteigerungen (S&P 500). Will man auf vergleichbarer Basis wissen, wie sich der DAX schlägt, muss man den DAX Kursindex betrachten.

Das tut Grafik 1. Seit 1986 fällt der Dax gegenüber US-Aktien immer weiter zurück. Wer im Jahr 1959 z.B. 100 Euro in den Dax investierte, hat heute 1.400 Euro aufgrund der Kurssteigerungen. Beim S&P 500 sind es 7.400. Das ist ein enormer Unterschied und man fragt sich, wieso man überhaupt noch in deutsche Aktien investieren sollte, wenn es andere Märkte gibt, die so viel besser sind.

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Gerade erst erreichte der DAX im Verhältnis zum S&P 500 wieder ein neues Allzeittief (Grafik 2). Es ist schon ein Trauerspiel. Da der Trend unter Schwankungen seit Jahrzehnten anhält und der DAX im Vergleich immer weniger wert wird, wirken US-Aktien sehr verlockend. Eine nachhaltige Trendumkehr zur Outperformance des DAX kann man nicht erwarten.

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Man muss aber auch nicht gleich auf Sicht von Jahrzehnten investieren und auf Outperformance hoffen. Es reicht, wenn es kurzfristig zu einer Outperformance kommt. Dass dies geschieht, ist wahrscheinlich. Es gibt immer wieder Zeitfenster, in denen der DAX kurzfristig outperformt. Das ist der Fall, wenn die Werte in Grafik 3 positiv sind. Aktuell ist die Underperformance extrem. Historisch waren solche Abweichungen Kaufgelegenheiten.

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Dafür spricht auch die Bewertung. Deutsche Aktien sind im Verhältnis zum S&P 500 so tief bewertet wie noch nie (Grafik 4). Auch andere europäische Märkte sind historisch günstig. Natürlich gibt es dafür Gründe. Kurzfristig wird die Wirtschaft durch den Krieg stärker belastet als die US-Wirtschaft.

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Die Politik arbeitet daran, die Auswirkungen abzufedern. Wie schon in der Coronakrise sollen Unternehmen geschützt und gestützt werden. Der Staat wird auch mehr investieren (z.B. in die Bundeswehr) und es deutet sich an, dass generell zur Unterstützung der Wirtschaft mehr Schulden aufgenommen werden.

Zugleich ist Deutschland eine Exportnation. Durch die Krise hat der Euro erneut an Wert verloren. Deutsche Exporte werden dadurch attraktiver. All diese Aspekte zeigen sich nicht sofort. Mittelfristig gesehen gab es jedoch deutlich ungünstigere Zeitpunkte, um in deutsche Aktien zu investieren.

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3 Kommentare

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  • mariahellwig
    mariahellwig

    "Zugleich ist Deutschland eine Exportnation."

    Deutschland mangelt es nicht an Aufträgen. Wir müssen aber gerade feststellen, dass unser Modell der verlängerten Werkbank ausgedient hat. Das reorganisieren wird Geld und Margen kosten. Deshalb die Underperformance. Eines der wenigen Dinge, die ich an den Finanzmärkten aktuell nachvollziehen kann.

    08:56 Uhr, 16.03. 2022
  • MDO77
    MDO77

    Die Währung spielt keine Rolle, da man diese im Bedarfsfall über währungsgesicherte ETF ausschalten kann.

    17:44 Uhr, 15.03. 2022
  • sepper
    sepper

    Wichtig ist bei solchen Vergleichen auch immer: wenn ich als Deutscher in den S&P investiert hätte, welche Rendite hätte sich unter Einbeziehung des US-Dollars ergeben. Tut man das nicht, hinkt der Vergleich. Meines Erachtens verringert sich dann der US-Vorteil enorm.

    14:22 Uhr, 15.03. 2022

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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