Kommentar
16:02 Uhr, 12.03.2020

Ist die Maßnahmenpanik gegen Covid gerechtfertigt?

An der Grippe sterben jährlich hunderttausende Menschen. Wieso sind die Maßnahmen bei Covid-19 so drastisch?

Man könnte fast zum Verschwörungstheoretiker werden. Verübeln kann man das niemandem, denn die Lage ist schon etwas bizarr. An der Grippe sterben weltweit jährlich mehrere hunderttausend Menschen. Genau weiß man es nicht. Die Zahlen werden nicht überall auf der Welt akkurat erhoben. Man kann aber davon ausgehen, dass es global jedes Jahr zwischen 300.000 und 600.000 Todesfälle gibt.

Je nach Verlauf der Grippesaison können die Zahlen erheblich schwanken. In den USA starben laut CDC (Center for Disease Control) in der Saison 2011/12 ca. 12.000 Menschen. 2017/18 lag die Zahl hingegen bei ca. 60.000, also gleich um den Faktor 5 höher. Doch wie auch immer die Zahl genau aussieht, es gibt viele Todesfälle. Trotzdem bleibt eine jährliche Panik aus. Was wird uns da verschwiegen, fragt man sich ganz automatisch.

Verschwiegen wird uns vermutlich nichts. Man muss nur analysieren, was wir derzeit wissen. Das reicht, um die drastischen Maßnahmen zu rechtfertigen. Die Sterblichkeitsrate einer normalen Grippewelle liegt bei ca. 0,1 %. Bei Covid liegt die Sterblichkeitsrate derzeit bei 3,4 %, also 34 Mal höher. Die Raten variieren derzeit nach Land und Alter stark. Unter den über 80-jährigen stirbt jeder siebte Infizierte (siehe Grafik).

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Ganz akkurat ist der Vergleich natürlich nicht. Viele Menschen wurden nie getestet. Die bisherigen Todesfälle stehen also vermutlich einer weitaus größeren Masse an Menschen gegenüber als es die Statistiken vermuten lassen. Dennoch könnte die Sterblichkeit, wenn man die Gesamtzahl berücksichtigt, bei 0,5-1 % liegen.

Nach allem, was wir derzeit wissen, ist die Sterblichkeitsrate im Vergleich zur normalen Grippe um ein Vielfaches höher. Das allein rechtfertigt eine hohe Aufmerksamkeit. Bei der Spanischen Grippe war die Sterblichkeitsrate nicht höher als bei Covid. Damals gab es Dutzende Millionen Todesopfer.

Erschwerend kommt aktuell hinzu, dass es keinen Impfstoff gibt. In den USA lassen sich jedes Jahr zwischen 35 % und 45 % aller Erwachsenen gegen Grippe impfen. Würde man Covid in den USA freien Lauf lassen, gäbe es vermutlich bis zu 5 Mio. Todesopfer. Die Panik scheint also durchaus gerechtfertigt.

Als wären die Sterblichkeitsrate und fehlender Impfstoff nicht schon schlimm genug, ist die Inkubationszeit relativ lang. Infizierte können den Virus tagelang weitergeben, ohne dass sie Symptome zeigen. Dadurch steckt ein Infizierter im Durchschnitt doppelt so viele andere Menschen an wie bei einer normalen Grippe.

Kurz gesagt: Die radikal erscheinenden Maßnahmen sind angebracht. Eine Rechtfertigung der Panik bedeutet allerdings nicht, dass automatisch auch die getroffenen Maßnahmen adäquat sind. Vor allem ältere Menschen scheinen gefährdet. Man kann sich also durchaus fragen, ob nicht für unterschiedliche Altersgruppen auch unterschiedliche Maßnahmen sinnvoll wären. Eine solche Unterscheidung effektiv zu implementieren dürfte allerdings schwierig sein.

Auf den ersten Blick erscheinen die derzeitigen Maßnahmen überzogen und panisch. Es gibt weltweit bisher 126.000 Fälle und 4.600 Todesfälle. Das ist im Vergleich zu einer Grippewelle wenig. Es geht aber nicht darum, was ist und was war, sondern darum eine Wiederholung der Spanischen Grippe zu verhindern. Um genau das zu gewährleisten sind die Maßnahmen notwendig.

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17 Kommentare

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  • Ella
    Ella

    Ich danke Ihnen für ihre aufschlußreichen Kommentare. Ich finde, in solch panischen Zeiten sollte man sich nur an ähnlichen Ereignissen früherer Zeit orientieren (Angst fressen Seele auf!!!) Sie beruhigen mich und mein Portfolio.

    Gruß Jürgen

    12:46 Uhr, 13.03.2020
  • Julius25
    Julius25

    sehr interessante Grafik in dem verlinkten Artikel – wieviel drastische Maßnahmen erreichen können. Man schaue bei dem Chart mal auf Deutschland. Die Asiaten haben es besser im Griff.

    https://www.nzz.ch/panorama/co...

    18:29 Uhr, 12.03.2020
    1 Antwort anzeigen
  • Data75
    Data75

    Die Amis hauen mal schnell eine halbe Billion in den Markt. DOW heute noch grün? 😂

    18:02 Uhr, 12.03.2020
  • Waterson
    Waterson

    Erstaunlich dass immernoch an dieser "Corona-Korrektur" festgehalten wird.

    Ich habs schon unter dem "man darf auf keinen Fall Long-Positionen auflösen wenn man von Upmoves profitieren will" Artikel von Lisa bei einem Kurs von ~12500 geschrieben dass es sich höchst wahrscheinlich um die Fortsetzung von 2009 handelt.

    Nehmen sie einfach mal einen ATX, RTSI, CAC40, Kursdax zur Hand und sie sehen evtl dass seit 2009 nur ein Pullback stattgefunden hat.

    Bei dem aktuellen Verlauf seh ich auch keinen Grund von dieser Ansicht abzurücken

    17:06 Uhr, 12.03.2020
    1 Antwort anzeigen
  • 2 Antworten anzeigen
  • TrendInvest_RUH
    TrendInvest_RUH

    Die Sterbewahrscheinlichkeit ist abhängig (!) vom Status des IMMUNSYSTEMS der betroffenen Person. Ein kompetentes Immunsystem reduziert die Sterblichkeit! Für diese Erkenntnis gab es 2018 den Nobelpreis für Medizin. (festgemacht an der Krankheit "Krebs")

    Da sich ältere Menschen in der Regel nicht mehr gut oder (was die Nährstoffe angeht) nur defizitär ernähren, erklärt das die hohe Sterblichkeitsrate.

    Weithin unbekannt ist, dass in Asien die Corona-Infektionen mittlerweile sehr erfolgreich mit Vitamin-C-Infusionen "bekämpft" werden. So erfolgreich, dass die "Regierung" von Shanghai eine offizielle Empfehlung hierfür herausgegeben hat.

    Vitamin C wird allgemein "belächelt" ("Ach, ein Vitamin kann das doch nicht...") Es ist einer der 47 essentiellen Vitalstoffe für den Menschen (essentiell heißt: Fehlt er vollständig, ist der Mensch tot.)

    Entscheidend ist es, die genügend hohe Konzentration im Blutserum zu erreichen. Das geht nicht durch die orale Einnahme von Vitamin C, sondern nur mittels Infusion (mindestens 200 mg/kg Körpergewicht).

    Quelle: http://www.orthomolecular.org/...

    16:32 Uhr, 12.03.2020
    1 Antwort anzeigen
  • tetsui
    tetsui

    Man informiere sich über exponentielles Wachstum. 2 4 8 16 32 und so weiter, Die Verdoppelungsrate der Infektionen wird mit 6 Tagen angegeben. Stand heute sind wir offiziell bei knapp 2400 Fällen, dazu kommen alle, die angesteckt sind, aber nicht getestet wurden. 10 Verdoppelungsperioden wären 2 Monate, 2 hoch 10 = 1024. und dann rechnen wir nochmal die 3% Sterberate, mein Taschenrechner spuckt da 72tausend au; und wann genau das Ende der Infektionswelle ist, weiß keiner. Der Vergleich mit Grippe ist schlicht dämlich.

    16:17 Uhr, 12.03.2020

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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