Kommentar
08:49 Uhr, 09.06.2020

Ist die Krise schon wieder vorbei?

In den USA boomt der Arbeitsmarkt bereits wieder und der Nasdaq 100 erreichte am Freitag ein neues Allzeithoch. Die Krise scheint abgehakt zu sein.

Der US-Arbeitsmarktbericht für Mai überraschte alle. Manche bezeichneten ihn als die größte Überraschung der Geschichte. Stellenstreichungen wurden erwartet. Stattdessen wurden neue Jobs geschaffen. Nach den offiziellen Zahlen wurden 2,5 Mio. Stellen wieder besetzt. Tatsächlich ist der Stellenaufbau sogar noch größer.

Die Gesamtbeschäftigung stieg im Mai um fast 4 Mio. Die Zahlen sind also noch besser als es der erste Blick vermuten lässt. Der Grund für den Unterschied zu den in den Medien diskutieren Zahlen ist die Berechnungsweise. Verabschieden sich frühere Arbeitnehmer aus der Erwerbsbevölkerung wird dies in den diskutieren Zahlen ebenso berücksichtigt wie ein Wiedereintritt. Die offiziellen Zahlen werden um diese Bewegungen bereinigt.


Das verfälscht die tatsächliche Entwicklung. Während der Krise sank die Beschäftigung um 25 Mio. Der Anstieg der Arbeitslosenzahlen zeigte allerdings einen Wert von 17 Mio. Die Differenz ergibt sich daraus, dass viele bei der Zählung der Arbeitslosen nicht berücksichtigt wurden, weil sie nicht mehr als Teil der Erwerbsbevölkerung gesehen wurden.

Die Zahlen sind also immer mit Vorsicht zu genießen. Welche Zahlen man auch immer betrachtet, sie sind positiv. Daran lässt sich nicht rütteln. Das sahen auch Anleger so. Indizes überall auf der Welt bauten ihre Kursgewinne aus. Besonders bezeichnend war die Rally bei Aktien, die besonders stark unter der Krise leiden. Dazu zählten die Aktien von Fluggesellschaften und Kreuzfahrtunternehmen.

Es herrschte an dieser Stelle regelrechte Kaufpanik und das grenzt an blinde Euphorie. Der Weg zur vollständigen Erholung ist noch ein weiter. Die Zahl der Beschäftigten befindet sich nur unwesentlich über dem Niveau von 2009, dem Tief nach der Finanzkrise (Grafik 1).

Geht der Stellenaufbau im aktuellen Tempo weiter, dauert es immer noch bis Jahresende bis sich die Zahl der Arbeitslosen wieder normalisiert hat. Mit offiziell immer noch 21 Mio. Arbeitslosen bleibt viel zu tun (Grafik 2).

Insbesondere für Menschen, die keinen High School Abschluss haben ist der Weg noch ein langer. Die Erwerbsquote (Anteil der Bevölkerung, der arbeitet) ist im Mai weiter gesunken, obwohl sich die Lage gebessert hat (Grafik 3). Der Teil der Bevölkerung, der schon in guten Zeiten kämpft, kann noch nicht vom Turnaround profitieren.


Der Aktienmarkt ist davon unbeeindruckt. Das täuscht darüber hinweg, dass der Weg erstens noch ein langer ist und zweitens das Tempo der Erholung abflachen wird. Im Juni könnte es zunächst noch eine Beschleunigung geben. Das ist das Zurückschnappen nach der Krise und ist ebenso zu erwarten wie der Einbruch zu erwarten war.

Was für die Wirtschaft wirklich relevant ist, geschieht danach. Für diese Zeit sieht es düster aus. Immer mehr Unternehmen, die bisher nicht an permanenten Jobkahlschlag gedacht haben, sehen genau das nun vor. Ausschlaggebend für die Wirtschaft und Börse ist das, was nach Juli geschieht. Bis es soweit ist, kann die Euphorie den Markt noch tragen.

Clemens Schmale


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  • BrunoWillis
    BrunoWillis

    Natürlich wird es nochmal runtergehen. Die Frage liegt einzig darin, in welchem Monat dies geschehen wird. Das hängt sicher vor allem von der Stimmung in der Wirtschaft ab. Aber auch die Angst vor einer zweiten Welle ist noch nicht vom Tisch und wird sicher wieder aktuell.

    11:43 Uhr, 09.06.2020

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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