Kommentar
15:40 Uhr, 23.02.2021

Ist der Aktienmarkt doch in einer Blase?

Steckt man mitten in einer Übertreibungsphase, merkt man es häufig nicht. Nun mehren sich die Zeichen, dass der Aktienmarkt in einer Übertreibung steckt.

Erwähnte Instrumente

  • US 30Y Bond Yield - Kurs: 2,130 % (Bonds)

Einer der bekanntesten Valueinvestoren, Jeremy Grantham, hat eine klare Meinung zum Aktienmarkt. Dieser befindet sich seiner Meinung nach in einer epischen Blase, die vergleichbar ist mit der aus dem Jahr 1929 und 2000. Persönlich halte ich diese Einschätzung für maßlos übertrieben und halte es wie einige Strategen, die den Markt in einer „rationalen“ Blase sehen. Aktienmarktblasen sind eigentlich per Definition nicht rational. Das Wesen einer Übertreibung ist ja vielmehr, dass Anleger sich bei ihren Entscheidungen von den Fakten lösen. Seit Beginn der Pandemie gibt es aber eine Mischung an Umständen, die hohe Bewertungen bis zu einem gewissen Grad rechtfertigen.

Notenbanken haben die Zinsen gesenkt, den Markt über QE mit Geld geflutet und Regierungen stützen die Wirtschaft mit Billionenbeträgen. Eine gewisse Euphorie ist da durchaus rational. Das ganze wird jedoch dann irrational und gefährlich, wenn die Argumente für die hohe Bewertung wegfallen.

An diesem Punkt befinden wir uns nun zum Teil. Eines der Hauptargumente für hohe Bewertungen sind niedrige Zinsen. Der Wert eines Unternehmens bestimmt sich aus den abgezinsten zukünftigen Gewinnen. Je niedriger die Zinsen sind, desto geringer ist auch der Abzinsungsfaktor. Ein Unternehmen ist bei niedrigen Zinsen mehr wert.

Von niedrigen Zinsen kann nun keine Rede mehr sein. Notenbanken haben die Leitzinsen zwar nicht angetastet, aber der Leitzins ist nicht das, was für den Aktienmarkt relevant ist. Das sind die marktbasierten Zinsen, also jene auf dem Anleihemarkt. Hier ist eine rasante Rallye zu beobachten.

In den USA liegt die Rendite für 30-jährige Anleihen inzwischen bei deutlich über 2 %.

US 30Y Bond Yield
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    Bonds

Die Rendite für 10-jährige Anleihen hat sich seit den Tiefs im März 2020 fast verdreifacht. Grafik 1 zeigt dazu Renditen in Ländern mit konsistent positiven Zinsen. Die Zahlen hinter den Ländern entsprechen den Laufzeiten.


In Ländern mit sehr niedrigen und teils negativen Zinsen zeigt sich ein ähnliches Bild (Grafik 2). In Japan sind die Zinsen auf Mehrjahreshoch. Sie haben das Niveau vor Pandemiebeginn weit überschritten. In der Eurozone und der Schweiz steigen die Renditen wieder Richtung 0 %. Negativzinsen könnten bald der Vergangenheit angehören.

Niedrige Zinsen rechtfertigen eine hohe Bewertung des Aktienmarktes. Das Argument fällt zunehmend weg. In einigen Ländern sind die Zinsen heute höher als vor Krisenbeginn. Der Aktienmarkt steht teils jedoch massiv höher, so etwa der Nikkei, der das Vorkrisenhoch um 25 % übertrifft.

An dieser Stelle muss man davon sprechen, dass die „rationale“ Blase so langsam zu einer irrationalen wird. Im Nachhinein, wenn die Blase erst geplatzt ist, ist es allen klar. Wenn man mittendrin steckt, ist es weniger offensichtlich. Neben Zinsen zeigen sich allerdings auch immer mehr Auswüchse, die es in einem normalen Umfeld nicht gibt. Dazu zählt nicht nur die Gamestop-Saga, sondern auch die Bewertung so mancher Kryptowährung (Dogecoin), der Boom an Blankoscheckunternehmen(SPACs) und die Bewertung von Börsenneulingen.

Keiner weiß, wann die Übertreibung endet. Persönlich gehe ich davon aus, dass die Übertreibung noch nicht ganz am Ende ist und bleibe weiter investiert.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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