Kommentar
10:02 Uhr, 14.06.2024

Ist das die ineffizienteste Zinswende aller Zeiten?

Den Rückgang der Inflation kann man kaum der Zinspolitik zuschreiben. Diese wirkt so wenig wie nie zuvor. Das spricht vor allem in den USA für ein langes Zinsplateau. Eine Bestätigung dafür kam beim jüngsten Zinsentscheid.

Die EZB hat nach neun Monaten Zinsplateau aufgegeben und die Zinsen gesenkt. Wie schnell die Zinsen erneut gesenkt werden, bleibt abzuwarten. Ein erneutes Zinsplateau für viele Monate kann man nicht ausschließen. In den USA dürfte das Zinsplateau bis mindestens September halten. Seit Mittwoch ist die Wahrscheinlichkeit für ein Plateau bis Dezember deutlich gestiegen. Dafür ist vor allem ein Umstand verantwortlich: die hohen Zinsen wirken kaum.

Ein hoher Zinssatz bremst Wachstum und Inflation nur, wenn z.B. Haushalte weniger Kredit aufnehmen und Unternehmen und Staat weniger investieren. Weder das eine noch das andere ist zu beobachten. Der Hauptgrund dafür ist die ungewöhnlich langsame Übertragung des höheren Leitzinses auf die Wirtschaft.


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Bei Hypotheken liegt der Zinssatz ausstehender Hypotheken in den USA unter dem Zins, den man zahlen würde, wenn man eine neue Hypothek aufnimmt. Seit Beginn der Zinswende hat sich der Zins kaum erhöht (Grafik 1). Die langsame Umwälzung der Hypotheken auf den höheren Marktzins ist eine Folge der Finanzkrise. Damals kamen viele Haushalte in Schwierigkeiten, weil sie Hypotheken mit variablem Zinssatz abgeschlossen hatten.

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In der Folge wurden fast nur noch Hypotheken mit festem Zinssatz und sehr langen Laufzeiten vergeben. Das verhindert zwar eine Wiederholung der Krise von 2008, führt aber gleichzeitig dazu, dass die Zinsen sehr viel langsamer bei Haushalten ankommen.

Ebenfalls eine Folge der Finanzkrise war der Schuldenabbau von Haushalten. Die Bilanzen mussten saniert werden. Die Verschuldung ist im Vergleich zu den vergangenen 20 Jahren sehr tief. Ist die Verschuldung gering, wirkt auch ein höherer Zins weniger. Die Zinslast im Verhältnis zum Einkommen ist immer noch auf dem Niveau von Anfang 2020 (Grafik 2).

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Bei Unternehmen ist das Bild gemischt. Großunternehmen haben hohe Reserven, die in kurzfristigen Schuldverschreibungen des Staates angelegt werden. In früheren Zinswenden überstiegen die Zinsausgaben die Zinseinnahmen. Das ist bisher nicht der Fall (Grafik 3). Höhere Zinsen bremsen nur unzureichend. Für Kleinunternehmen gilt dies nicht. Sie sind das einzige Segment, welches unter der Zinswende tatsächlich leidet.

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Zu guter Letzt gibt der Staat weiterhin Geld mit vollen Händen aus. Im Normalfall steigen die Ausgaben während einer Rezession und die Zinsen sinken. Im aktuellen Zyklus sind die Ausgaben mit den Zinsen gestiegen (Grafik 4). All das zusammen macht die Zinswende zur ineffizientesten aller Zeiten. Hält das Zinsplateau lang genug, stellt sich die Bremswirkung ein und zwar sehr plötzlich. Bevor es dazu kommt, sollte der Zins sinken. Den Zeitpunkt nicht zu verpassen, ist die größte Herausforderung.

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