Kommentar
09:28 Uhr, 13.08.2015

IronFX im Visier der Behörden

Die Verdachtsmomente verdichten sich, dass bei IronFX Unstimmigkeiten zu gröberen Problemen führen könnten. Nachdem seit Monaten Auszahlungen verschleppt oder abgelehnt werden, hat sich nun auch die CySEC offiziell eingeschaltet.

Zwei Tage nach unseren Recherchen zu den Unruhen bei IronFX tritt die zypriotische Regulierungsbehörde CySEC das erste Mal in Aktion und gibt eine Untersuchung der Vorwürfe bekannt. Der Broker hat mit einer steigenden Zahl von Anklagen und Beschwerden bezüglich verweigerter und verzögerter Auszahlungen zu kämpfen, beruft sich dabei auf langwierige Untersuchungen wegen des Missbrauchs von Einzahlungsboni. Die Stunde der Wahrheit rückt näher, während den Kunden nur mit einer raschen Bedienung ihrer Auszahlungswünsche geholfen wäre.

Offizielle Untersuchung

Die zypriotische Regulierungsbehörde geht explizit darauf ein, dass Medienberichte in Kombination mit einer steigenden Zahl von Kundenbeschwerden Grund für die nun laufende Untersuchung sind. Genaueres lässt sie noch nicht verlauten, d.h. es sind noch keinerlei aussagekräftige Beweise gesichert worden, egal zu Gunsten welcher Seite. Alleine dass diese Ankündigung aber überhaupt publiziert wurde, lässt erahnen welches Räderwerk im Hintergrund angelaufen ist. Die Meldung im Originallaut:

IronFX-im-Visier-der-Behörden-Kommentar-Michael-Hinterleitner-GodmodeTrader.de-1

IronFX heißt diese Untersuchung willkommen und erhofft sich davon einen Beweis ihrer Unschuld. Der Text der offiziellen Reaktion:

“We welcome the investigation that will prove there is no wrongdoing on behalf of the company and will put an end to the defamatory claims being made against the company. We have been working closely with CySEC to assist them and to date we have received no indications of wrongdoing. We have obtained several legal opinion and expert opinions supporting our actions to date”

Was lief schief

Es wird wohl noch eine ganze Weile dauern, bis offizielle Ergebnisse vorliegen. Bis dahin wollen wir noch einmal einen Blick auf den Werdegang der Misere werfen.

  • Begonnen hat alles vor etwa einem Jahr in China, dort betroffene Trader haben mittlerweile in Zypern Klage eingereicht, dessen Ausgang mit Spannung erwartet wird.
  • Die Rechtfertigung von IronFX lautete damals schon, dass sich der Broker vor Missbrauch zu schützen versucht. Das ist völlig legitim wenn tatsächlich Einzahlungs- und Werberboni in betrügerischer Absicht ausgenutzt werden. Konkret könnte das folgendermaßen ablaufen: eine Vielzahl miteinander vernetzter Trader eröffnen neue Konten bei IronFX. Der Broker gewährt z.B. 40% Einzahlungsbonus, wofür eine gewisse Handelsaktivität vorausgesetzt wird. Erst nach einer bestimmten Anzahl von Orders und/oder einem gewissen Handelsvolumen wird der Einzahlungsbonus dem neuen Konto tatsächlich gutgeschrieben. Diese Order können nun völlig risikolos getätigt werden, wenn auf einem weiteren Konto die Gegenpositionen dazu eingegangen werden. Die geringen Kosten in Form des Spreads sind nur ein kleiner Preis für den 40%igen Bonus.Und tatsächlich hat IronFX BrokerDeal exklusiv Beweise für so einen Missbrauch der Aktionsbedingungen vorlegen können. Und zwar nicht in kleinem Maßstab, hier ging es schon um Beträge knapp im siebenstelligen Bereich.Dass sich ein Unternehmen dagegen wehrt ist verständlich. Der Broker nahm also eine Vielzahl von Auszahlungswünschen genau unter die Lupe, was zeit- und personalintensiv ist.
  • Weniger verständlich ist daher für uns denn auch, warum Personal massiv abgebaut wird, anstatt diese Prüfungen sogar mit Verstärkung vehement voran zu treiben und den lädierten Ruf wieder herzustellen.
  • Denn seit Anfang dieses Jahres ufern die Beschwerden auch außerhalb von China massiv aus, die Anklagen und Screenshots betroffener Kunden, deren Auszahlungswunsch seit Monaten "in Bearbeitung" ist, gehen bereits in die Hunderte.
  • Ein ehemaliger Sales-Mitarbeiter von IronFX hat BrokerDeal dann auch noch berichtet, dass selbst langjährige Heavytrader, die besten Kunden also, genauso wie Kleinstkonten die niemals für einen Einzahlungsbonus qualifiziert waren, von Auszahlungsproblemen betroffen sind.

Reaktion und Maßnahmen von IronFX

Nach langem Schweigen hat der Broker endlich neuerlich seine Sicht der Dinge dargelegt, ich zitiere aus einer Mail an BrokerDeal:

The Company has identified a group of abusive traders that followed an abusive trading strategy to manipulate our promotions. This group has been placed under investigation for breach of our trading terms and pending this investigation we have put a limitation on all promotions-related withdrawals from this abusive trading strategy as we are entitled to do. This investigation is an ongoing and upon completing the investigation the findings will be announced to the relevant persons. Please note that we undertake a formal internal process to identify the level of abuse, if any, and the amount that is eligible for withdrawal. The first set of investigations related to formal complaints has resulted that only 6% of the accounts have an available balance to withdraw. The rest of the accounts have no available balance as a result of the abuse.

Please note that there are particular claims that have no merit and are simply defamatory. Instead of providing facts and following the prescribed route to lodge a complaint via the regulator, they have instead chosen to follow a strategy of defamation via social media or public websites in order to force the Company to give money to clients who have no merit in their claim given that they have clearly violated the terms and conditions of our product offerings.

The Company is undertaking the process as prescribed above once it receives formal complaints and presents its findings to the client together with the relevant regulator. Once this is done, it is considered as final settlement and the remaining pending withdrawal for the client is cleared.

Finally, please note that the Company is regulated by 6 regulatory authorities globally (FCA in the UK, ASIC in Australia, DFSA in Dubai, FSB in South Africa, UCRFIN in Ukraine and CySEC in Cyprus) and to-date no warnings or fines have been received.

IronFX festigt darin ihren Standpunkt, sich gegen Missbrauch der Boni zu verteidigen. Es laufen interne Prozesse das Ausmaß des Missbrauchs zu identifizieren, bis dahin seien viele verdächtige Auszahlungen auf Eis gelegt. Erste Ergebnisse hätten zu Tage gebracht, dass lediglich 6% der Konten mit einem Auszahlungswunsch auch tatsächlich einen Betrag auf dem Konto haben. Die restlichen Konten wurden wegen Missbrauch geleert, diese Quote ist eine alarmierende Hausnummer. Ob berechtigt oder nicht wird sich erst noch zeigen müssen.

IronFX hat BrokerDeal aber ebenfalls Dokumente vorgelegt die beweisen, dass sich einige (chinesische) Trader des Missbrauchs schuldig bekannt haben und damit einverstanden waren, das Konto auf 0.- gestellt zu bekommen. Von einigen anderen derart betroffenen Tradern ist hingegen bekannt, dass sie diese einseitig auf Null gesetzten Kontostände nicht akzeptieren werden.

Schwarze Schafe bzw. Wölfe sind also die Ursache der Misere. Die Begründungen von IronFX können aber über gröbere Probleme darüber hinaus nicht hinweg täuschen, wenn selbst Beträge von 100�� und weniger nicht ausbezahlt werden an Kunden, die nie auch nur einen Trade gemacht haben. Erst heute wieder nahm ein betroffener Kunde Kontakt mit mir auf, dessen größere Auszahlungen nicht bedient wurden, während kleinere Beträge geklappt haben. Sein Account Manager erwähnte ihm gegenüber am Telefon auch kein einziges Mal, dass dessen Konten Gegenstand von Untersuchungen seien.

BaFin nur Beobachter

Die deutsche Regulierungsbehörde ist für Betroffene keine nützliche Anlaufstelle, da diese für IronFX nicht zuständig ist. Der Broker ist in Zypern angemeldet und reguliert, ist in Deutschland denn auch nur grenzüberschreitender Dienstleister gemäß $ 53b KWG und fällt damit nicht unter die Zuständigkeit der BaFin.

BrokerDeal hat trotzdem versucht eine Auskunft zu erhalten, da etwa Dr. Patrizia Vigiani-Kampka, die Gründerin der Facebookgruppe "IronFx clients", dort als Betroffene nebst anderen vorstellig geworden ist. Dabei ging es zu allererst auch um eine unlautere Werbung von IronFX, die damit geworben hatten von der BaFin reguliert zu werden:

IronFX-im-Visier-der-Behörden-Kommentar-Michael-Hinterleitner-GodmodeTrader.de-2

Dieser irreführende Hinweis findet sich nun nicht mehr auf der Webseite, bezüglich dieser Angelegenheit und ob weitere Beschwerden vorliegen konnte uns die BaFin leider keine Auskunft geben mit Hinweis auf die Verschwiegenheitspflicht.

Fazit

IronFX hat mit den dicken Bonuszahlungen Betrüger angelockt und ist selbst Geschädigter. Selbst wenn alle betroffenen Trader, deren Auszahlungswünsche nicht bearbeitet werden, die Einzahlungsboni missbraucht haben sollten (was nachgewiesenermaßen nicht der Fall ist), erklärt das aber immer noch nicht, warum sich die Überprüfungen seit Monaten in die Länge ziehen. Das beschwört ein PR-Desaster ja geradezu herauf. Anstatt den Personalstand aufzustocken zu diesem Zweck wird dieser mehr als halbiert. Dass dies im Zuge des SNB-Debakels am 15. Januar geschah kann, muss aber kein Zufall sein.

Jetzt untersucht also auch die CySEC die Vorkommnisse, die deutsche Polizei ermittelt ebenfalls, summa summarum ist IronFX schwer unter Beschuss. Das Unternehmen versucht Betrügern den fälschlich erlangten Profit abzugraben, reißt dabei aber viele Unbeteiligte mit und beschädigt seinen eigenen Ruf. Ob aus Unvermögen oder aus Liquiditätsproblemen, die einzig sinnvolle und auch logische Maßnahme wäre, Auszahlungswünschen souverän und schleunigst nachzukommen.

Viel Erfolg beim Trading
Michael Hinterleitner
Dieser Artikel erschien im Original auf www.brokerdeal.de

8 Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen
  • Michael Hinterleitner
    Michael Hinterleitner

    Natürlich haben vor allem deshalb viele Broker ihren Sitz in Zypern, weil man schneller und günstiger eine Lizenz erhält als etwa in Deutschland. Aber man denke nur an das FXDirekt-Debakel, wo die BaFin schon jahrelang von Missständen wusste und nichts dagegen unternahm. Der Sitz alleine sagt also noch lange nichts über Seriosität und Vertrauenswürdigkeit aus. Für die soliden Broker mit Sitz in Zypern sind solche schwarzen Schafe immer enorm unangenehm.

    09:00 Uhr, 14.08.2015
    1 Antwort anzeigen
  • Christian Kämmerer
    Christian Kämmerer Freier Finanzanalyst

    Hallo und beinahe volle Zustimmung! Bis auf zypriotischen Broker ;) denn waren Sie schon einmal vor Ort? Es gibt kaum einen internationalen Broker der nicht in Zypern eine Zweigstelle- oder auch Zentrale besitzt. Zypern ist in Bezug auf Trading ein sehr erfahrenes Land und es gibt viele Experten vor Ort. In beinahe jeder zweiten Familie ist irgendein Mitglied bei einem Broker vor Ort angestellt und dies nicht erst seit gestern. Die Steuervorteile und die unternehmensfreundlichen Strukturen sind natürlich auch gut. Und wichtig für den Kunden ist primär ja auch wo das Geld via Einlagensicherung "verbucht" ist (: da spielt der Sitz nicht immer die entscheidende Rolle.

    18:19 Uhr, 13.08.2015
    1 Antwort anzeigen
  • KURIOSUM
    KURIOSUM

    Also wer sein Geld bei einem zypriotischen(!!!) Broker wegen 40% Einzahlungsbonus (was irgendwie stark an die Spam emails von diversen Online Casinos erinnert) einzahlt, der hat es vielleicht auch mal verdient, wenn ihm das Leben einen kleinen Denkzettel - oder nennen wir es WECKRUF - beschert. Da kommt mir jegliches Mitgefühl abhanden.

    16:59 Uhr, 13.08.2015

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Michael Hinterleitner
Michael Hinterleitner

Michael Hinterleitner ist seit 2006 Redakteur und Trader bei GodmodeTrader.

Bereits 1998 der Faszination Börse erlegen, wurde Trading neben dem Studium der Wirtschaftswissenschaften zu seiner Hauptbeschäftigung. Sein Fokus: Aktien. Neben der täglichen spannenden Jagd an den Börsen kam 2011 die Idee zu einem neuen Brokervergleich, der nicht nur einen detaillierten Blick hinter die Kulissen erlaubt, sondern auch handfeste Vorteile für Mitglieder bringt.

Als Mitbegründer der Vergleichsplattform BrokerDeal.de hat sich Michael Hinterleitner zum Ziel gesetzt, Licht in den Brokerdschungel zu bringen. Er erklärt, worauf es bei der Brokerwahl ankommt, welche Anbieter für welche Bedürfnisse Sinn macht und auf welche Unterschiede man bei den Produkten und der Ausführungsqualität achten sollte.

Mehr Experten