Kommentar
15:41 Uhr, 31.10.2016

Investoren schmeißen Saudi-Arabien das Geld hinterher

Es war ein geradezu historischer Moment. Nach vielen Jahren kehrte Saudi-Arabien in der vergangenen Woche an den Anleihemarkt zurück. Investoren sind begeistert und schmeißen dem Staat das Geld nur so hinterher. Das kann sich rächen.

Ein bisschen Nervosität war den Vertretern Saudi-Arabiens schon anzumerken. Immerhin fehlte die Erfahrung, wenn es um Anleihen geht. Saudi-Arabien brauchte den Anleihemarkt für viele Jahre überhaupt nicht. Das war nicht immer so. Auch Saudi-Arabien war einmal hoch verschuldet.

Grafik 1 zeigt die Entwicklung der Staatsverschuldung in Relation zum Bruttoinlandsprodukt. Es ist keine 20 Jahre her, dass auch Saudi-Arabien eine Schuldenquote von mehr als 100 % hatte. Dank steigender Ölpreise von 1999 bis 2008 und stabil hoher Preise von 2011 bis Mitte 2014 gelang ein rasanter Schuldenabbau. Die Einnahmen sprudelten nur so und wuchsen in einigen Jahren fast im dreistelligen Bereich (z.B. im Jahr 2000).

Der Staat hat sich daran gewöhnt, dass die Einnahmen kontinuierlich hoch bleiben. Entsprechend stiegen auch die Ausgaben. Viele Jahre war das jährliche Ausgabenwachstum im Bereich von 10-15 % kein Problem. 2014 war das zum ersten Mal seit 15 Jahren anders. Die Einnahmen brachen weg und die Ausgaben stiegen fröhlich weiter. Das führte erstmalig seit mehr als einem Jahrzehnt zu einem nachhaltigen Anstieg der Staatsschulden.

Nun spart der Staat, wo er nur kann. Das senkt zwar die Ausgaben, doch die Einnahmen werden so bald nicht wieder steigen. Die Stabilisierung der Ölpreise in diesem Jahr ist positiv zu werten und immerhin sollten die Einnahmen ab 2017 nicht mehr wesentlich sinken und ab 2018 wieder steigen, doch einen weiteren Anstieg der Schulden wird das nicht verhindern.
Zu viel sparen kann der Staat nicht. Die wirtschaftliche Dynamik lässt bereits jetzt spürbar nach. Das letzte, was das Königshaus braucht, sind gleichzeitig steigende Arbeitslosigkeit und sinkende Ausgaben. Der soziale Friede ist maßgeblich von den Subventionen der Regierung für die Bevölkerung abhängig. Saudi-Arabien kann bei den Ausgaben etwas auf die Bremse treten, aber eben auch nur etwas.

Entsprechend kann die Verschuldung bis Anfang des nächsten Jahrzehnts Richtung 80 % steigen. In einem positiven Szenario, welches der Internationale Währungsfonds entwickelt hat, könnten sich die Schulden auch bei 60 % einpendeln. Kommt es zu keinen Verbesserungen gegenüber dem aktuellen Status kann die Verschuldung auch auf 90 % steigen.

Wirklich günstig sind die Prognosen nicht. Trotzdem begeistern sich Investoren (vor allem Staatsfonds und Notenbanken) für die gerade ausgegebenen Anleihen. Eine Anleihe mit 5 Jahren Laufzeit und einem Volumen von 5,5 Mrd. Dollar bringt eine Rendite von 2,37 %. Eine Anleihe mit 10 Jahren Laufzeit und Volumen von 5,5 Mrd. bringt 3,25 % und eine Anleihe mit 30 Jahren Laufzeit und Volumen von 6,5 Mrd. bringt 4,5 %.

Investoren begründen ihren Appetit und die niedrigen Renditen damit, dass Saudi-Arabien auf großen Vermögen sitzt. Gemeint sind damit natürlich die Ölvorkommen. Saudi-Arabien ist eines der ganz wenigen Länder, die eine positive Nettovermögensposition haben. Grafik 2 zeigt diese Vermögenssituation. Mit den nun rasant ansteigenden Schulden könnte damit in fünf Jahren schon Schluss sein und das Land nach vielen Jahrzehnten eine negative Nettoposition ausweisen.

Das ist nun kein Beinbruch. Die meisten Staaten haben schon seit Jahrzehnten kein Vermögen mehr. Die Nettoposition der meisten Länder liegt recht nah an der Schuldenquote. Rutscht Saudi-Arabien also in den negativen Bereich, steht es immer noch besser da als 95 % aller anderen Staaten.

Das Vermögen hängt letztlich am Ölpreis und der Ölnachfrage. Keiner weiß wie viel die Erdölvorkommen in 20 Jahren noch wert sind – je nachdem wie schnell die Energiewende und die Elektromobilität voranschreitet. Da das Vermögen fast nur aus einer einzigen Quelle stammt, ist das Klumpenrisiko sehr groß. Persönlich würde ich zu den aktuellen Renditen niemals Geld für 30 Jahre verleihen. Das spiegelt das Risiko nicht einmal ansatzweise wider.

Clemens Schmale

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Über den Experten

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Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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