Kommentar
07:33 Uhr, 09.08.2010

Investieren mit ETN – Besonderheiten und Alleinstellungsmerkmale

Seit Dezember 2009 können deutsche Anleger in Exchange Traded Notes (ETN) investieren. Das Produkt gehört ebenso wie auch Exchange Traded Commodities (ETC) und Exchange Traded Funds (ETF) zur Familie der Exchange Traded Products (ETP). ETN haben ihren Ursprung in den USA und wurden dort erstmalig im Jahr 2006 gehandelt. Rechtlich gesehen sind ETN und ETC identisch. In der Praxis hat sich allerdings eingebürgert, Produkte mit Rohstoffen als Basiswert den ETC zuzuordnen. Hinzu kommt, dass die meisten ETC in Frankfurt physisch durch Rohstoffe oder mit anderen Sicherheiten hinterlegt und damit besichert sind.

Von ETF heben sich ETN allerdings in verschiedenen Bereichen ab: Da ETN meist nicht besichert sind, fallen sämtliche variablen Kosten weg – der Tracking Error – also die Abweichung der Wertentwicklung vom Basiswert – gehört mit ETN der Vergangenheit an. Somit spiegeln ETN den Basiswert exakter wider als besicherte ETC und ETF, deren Kursentwicklung durch variable Kosten minimal vom Kursverlauf des jeweiligen Basiswerts abweicht.

Alleinstellungsmerkmal der ETN: Investitionen in exotische Anlageklassen

In Deutschland emittierte ETN bilden die Entwicklung von Indizes, Währungen, Rohstoffen oder der Volatilität ab und können börsentäglich gehandelt werden. Durch die große Zahl der Marktteilnehmer sind ETN genau so liquide wie andere ETP – und das bei geringeren Kosten. Die Liquidität von ETN ist auch einer der größten Vorteile gegenüber Zertifikaten: Während bei Zertifikaten der Emittent für den Handel sorgt, sind ETN liquider. Auch sind beim Handel von ETN meist mehrere Market Maker beteiligt – diese Konkurrenz sorgt für enge Spreads und marktgerechte Preise. Weiterhin können sich vornehmlich institutionelle Investoren ETN leihen und damit Shortpositionen eingehen, die Papiere also leer verkaufen. Dies ist mit Zertifikaten nicht möglich.

Doch nicht nur hinsichtlich ihrer Struktur bestehen zwischen ETN und den anderen Mitgliedern der ETP-Familie Unterschiede. Auch bei den zugrunde liegenden Basiswerten weisen ETN Alleinstellungsmerkmale auf. Bereits die ersten in Deutschland zum Handel zugelassenen ETN ermöglichten es Anlegern, von der Entwicklung der Volatilität zu profitieren. Solche Formen der Geldanlage sind für Ralph Stemper, der den ETP-Vertrieb für Privatanleger in Deutschland und Österreich bei Barclays Capital leitet, keineswegs exotisch: „Diese ETN können Investoren helfen, Risiken zu managen und Aktienpositionen abzusichern." Zwar können Anleger auch mittels Zertifikaten an der Volatilität partizipieren, doch fallen hier die Vorteile der transparenten Struktur von ETN weg.

Durchblick im Begriffs-Dschungel: „Eine Standardisierung ist nicht in Sicht"

So hat der Emittent Barclays Capital anhand historischer Kursvergleiche herausgefunden, dass ein Aktienkorb aus EuroStoxx 50 und dem Volatilitätsindex VStoxx im Verhältnis 90 zu 10 den voll gewichteten EuroStoxx 50 im Vergleich schlägt. Doch ist die minimale Outperformance unterm Strich nicht entscheidend. Insbesondere in turbulenten Börsenphasen machte sich die Beimischung des Volatilitätsindex bezahlt: Während eines Kurseinbruchs des EuroStoxx 50 auf 60 Prozent des Ausgangswertes, sinkt der Wert des Korbs aus EuroStoxx und VStoxx lediglich auf 90 Prozent. Diese Glättung der Wertentwicklung reduziert das Risiko und spart aktiven Anlegern Geld und Nerven.

Doch bieten auch ETN auf Indizes, Rohstoffe oder Währungen den Kunden den Vorteil eines transparenten Produkts. Im Detail wird die Abgrenzung zur offiziellen Definition von ETN hier allerdings schwierig. Insbesondere bei Währungs-ETN von ETFSecurities fällt die Zuordnung schwer: „Die Frankfurter Wertpapierbörse hat bisher kein spezielles Segment für Währungen eingerichtet, deshalb fallen unsere Währungsprodukte in den Bereich der ETN, obwohl deren Struktur eher den ETC entspricht, da unsere ETN kein Emittentenrisiko aufweisen, das Kreditrisiko abgesichert ist sowie Sicherheiten hinterlegt sind", stellt Michael Geister, Vertriebsleiter für den deutschsprachigen Raum bei ETFSecurities klar. „Es existiert keine einheitliche Definition, was bedeutet, dass Produkte beliebig bezeichnet werden können. Im stark wachsenden Segment der Zertifikate, ETN und ETC verliert der Anleger zunehmend die Orientierung. Eine Standardisierung ist noch nicht Sicht", so Geister.

Um den Details der zahlreichen angebotenen Produkte auf den Grund zu gehen, bleibt Anlegern bei Investitionen in ETN daher nur der Blick ins Kleingedruckte oder der Anruf beim Emittenten. Diese Recherche könnte sich allerdings lohnen: Neben innovativen Anlageklassen bietet das ETN-Segment auch Index- oder Rohstoff-Investoren ein einfaches und transparentes Anlageprodukt.

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