Kommentar
08:02 Uhr, 20.03.2009

Interview: "Das Produktspektrum hat sich verändert"

BörseGo sprach mit Frau Birgit Lutzenberger, Expertin für strukturierte Anlageprodukte bei der HypoVereinsbank über die aktuelle Situation und die neuesten Trends am Zertifikatemarkt.

Frau Lutzenberger, der vielversprechende Jahresauftakt an den Börsen hat sich im Nachhinein leider nur als Eintagsfliege erwiesen. Zuletzt wurden sogar die alten Tiefststände aus dem vergangenen Jahr unterschritten. Wie schätzen Sie die augenblickliche Lage an den Finanzmärkten ein? Was erwarten Sie für den weiteren Jahresverlauf?

Nachdem sich die Aktienmärkte bereits 4 Monate stabilisiert hatten, führten im Februar – laut unserem Research - insbesondere zwei Entwicklungen zu einem neuerlichen Abgleiten nach unten: Einerseits wuchs trotz zahlreicher Unterstützungsmaßnahmen für das Bankensystem die Sorge vor weiteren Verstaatlichungen. Andererseits wurden die Wachstumsschätzungen für 2009 weiter massiv nach unten korrigiert. Trotz erster Anzeichen für eine Stabilisierung der Frühindikatoren überwiegt somit derzeit die Sorge vor einer weiteren Verzögerung der Konjunkturerholung in das Jahr 2010. Eine erfolgreiche Bodenbildung der Aktienmärkte dürfte sich daher noch weiter hinauszögern. Falls die Perspektive auf positive Wachstumsraten in 2010 intakt bleibt, rechnet unser Research jedoch mit deutlich höheren Aktienkursen im weiteren Jahresverlauf.

Der Zertifikatemarkt scheint nach dem Dämpfer durch die Lehman-Pleite im unsicheren Marktumfeld wieder einen Boden gefunden zu haben. Entspricht das auch Ihrer Beobachtung? Auf welche Faktoren führen Sie das zurück?

Aus unserer Sicht war der Start ins neue Jahr vielversprechend. Das Geschäft läuft wieder an, auch wenn wir es weiterhin mit turbulenten Märkten zu tun haben. Die Anforderungen der Anleger gehen verstärkt in Richtung Sicherheit. Das Produktspektrum hat sich verändert. Auch wenn sich Bonus- oder Express-Strukturen aufgrund der hohen Volatilität interessant ausgestalten lassen, werden eher kupontragende Strukturen mit großzügigen Sicherheitspuffern oder vollem Kapitalschutz nachgefragt.

Seit dem neuen Jahr gehört die alte einjährige Steuerfrist bei Neuengagements der Vergangenheit an und die meisten Emittenten setzen jetzt verstärkt auf sogenannte „Kurzläufer“. Welche Vorteile ergeben sich daraus für den Anleger?

Dadurch dass sich Investitionszeiten von unter einem Jahr mit der neuen Abgeltungssteuer nicht mehr negativ auswirken, haben Anleger ohne Steuernachteil die Möglichkeit mit kurzlaufenden Strukturen auf kurzfristige Marktbewegungen zu setzen.

Auch ein zweiter Trend ist unter dem neuen Steuerregime schon jetzt deutlich am Markt erkennbar: Das Revival der jetzt nicht mehr benachteiligten Aktien- bzw. Indexanleihen. Ihr Haus fokussiert sich dabei speziell auf die Protect-Variante. Warum?

Das Sicherheitsbedürfnis der Anleger ist deutlich gestiegen. Deshalb bieten die Protect Aktienanleihen der HypoVereinsbank dem Kunden einen hohen integrierten Sicherheitspuffer von zumeist 50 %. Wer also auf mehr Sicherheit Wert legt, hat mit einer Protect Aktienanleihe folgende Vorteile: Wie bei allen Anleihen erhält der Anleger eine attraktive Verzinsung. Sollte die Sicherheitsschwelle intakt bleiben, wird zum Laufzeitende der Nominalwert zurückgezahlt. Bei stark fallenden Kursen auf oder unterhalb der Sicherheitsschwelle, erhält der Anleger die Aktie. In diesem Fall macht er durch den festen Kupon weniger Verlust als mit einem vergleichbaren Direktinvestment, besteht hier die Chance Kursgewinne mitzunehmen, wenn sich die Aktie wieder erholt.

Sie forcieren unter der Bezeichnung „Crelino“ derzeit einen weiteren Anleihetyp relativ stark. Was hat es damit eigentlich auf sich? Was macht diese Spezies gerade jetzt für den Anleger interessant?

Die sogenannten "Credit-linked Notes" haben keine Sicherheitsschwellen und sind ausschließlich an die Bonität eines zugrunde liegenden Referenzwertes gekoppelt. Solange beim Referenzwert kein Kreditereignis eintritt, erhält der Kunde während der Laufzeit einen regelmäßigen, attraktiven Kupon und am Ende der Laufzeit sein eingesetztes Kapital. Als Referenzwert eignen sich neben Unternehmen auch Länder. Nach einer Crelino auf Österreich wird bald auch ein Produkt auf die Schweiz folgen.

Welche anderen Produkttypen würden Sie in der aktuell recht unsicheren Marktsituation Investoren empfehlen? Welche werden von Ihren Kunden gerade besonders gern gekauft?

Derzeit stehen Stufenzinsanleihen und Aktienanleihen mit tiefen Sicherheitsschwellen sowie kapitalgeschützte Produkte im Fokus. Interessant sind auch unsere Indexanleihen mit Sicherheitspuffern bis zu 65 %. Nachgefragt sind auch alternative Anlageprodukte auf Rohstoffe, wie Gold oder Öl.

Planen Sie auch wieder Produkte auf Ihre hauseigene Indexpalette? Wenn ja, welche?

Über intelligente Konzepte wird immer nachgedacht. Eine Umsetzung hängt letztendlich von der jeweiligen Marktsituation ab.

Sie haben den Sektor der strukturierten Fonds im vergangenen Jahr maßgeblich belebt. Soll diese Strategie weiter fortgesetzt werden oder stand zuletzt vor allem der steuerliche Aspekt im Vordergrund?

Wir bieten bereits seit 2006 strukturierte Fonds an – zu einer Zeit als es noch gar nicht um das Thema Bestandschutz ging. Strukturierte Fonds richten sich an Anleger, für die der hohe Anlegerschutz des Sondervermögens wichtig ist. Da sich mit strukturierten Fonds beliebte Zertifikate-Strategien nachbilden lassen, sind sie auch für Anleger interessant, die grundsätzlich nur in Fonds investieren, aber auch bei seitwärts oder leicht fallenden Märkten Gewinnchancen haben wollen. Unsere Kompetenz ist es, unterschiedliche Rechtsformen mit Auszahlungsprofilen und diversen Anlageklassen zu kombinieren. Daher wird es auch weiterhin Strukturierte Fonds geben.

Auf welche Neukreationen aus Ihrem Hause darf sich der Anleger in diesem Jahr noch freuen?

Das wird von der jeweiligen Marktsituation abhängen.

Welchen Informations-Service bieten Sie dem Investor derzeit an?

Wir bieten den Anlegern einen umfassenden Informations-Service an: Produkt-Flyer, Verkaufsprospekten, Internet, einen monatlichen Newsletter Z.plus, Broschüren zu Themen wie z.B. "Transparenz". Im direkten Kontakt mit dem Anleger stehen wir auf diversen Finanzmessen oder über unsere Hotline.

Vielen Dank für das Gespräch

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Über den Experten

Armin Geier
Armin Geier

Armin Geier beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren sehr intensiv mit Anlage-Zertifikaten. Begonnen hat sein berufliches Interesse im Jahr 2000, als er bei einem Münchner Internet-Portal über mehrere Jahre die erste Datenbank für diese spezielle Materie aufbauen konnte und dadurch die rasante Entwicklung dieser Spezies damals noch ganz hautnah Produkt für Produkt mitbekam. Wie sehr sich die Zeiten seitdem verändert haben, kann man allein an der Explosion der Produktzahl von anfangs nicht einmal 3.000 auf heute über eine Million Stück erkennen. Bei seinen nächsten Stationen wechselte er dann ganz in den journalistischen Bereich über, ohne seine Vorliebe für die diversen Produktstrukturen aufzugeben, an denen ihm nach wie vor gerade wegen ihrer asymmetrischen Chance-Risiko-Profile sehr gelegen ist. Insbesondere interessiert ihn dabei die Möglichkeit, aus Einzelansätzen langfristig funktionierende Strategien zu entwickeln. Leider wird dieser Zielsetzung seit Lehman vor dem Hintergrund einer immer kurzfristigeren Denkweise an den Märkten von Emittentenseite immer weniger entsprochen. Bei der BörseGo AG/Godmode-Trader ist Armin Geier seit sechs Jahren mit journalistischen Beiträgen in diversen Rubriken und Publikationen als Experte für Anlage-Zertifikate präsent.

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