Kommentar
11:34 Uhr, 24.11.2000

Intertainment Update

Intertainment Update aus aktuellen Anlass

Die in München ansässige Intertainment AG ist ein auf das Filmlizenz-Geschäft und den Merchandising-Bereich ausgerichtetes Medienunternehmen.
Das Unternehmen vermarktet hauptsächlich nordamerikanische Filmrechte an überwiegend Prime-Time-tauglichen Mainstream-Titeln im deutschsprachigen Raum. Im Vermarktungsraum Deutschland, Österreich, der Schweiz, Luxemburg, Liechtenstein und Südtirol verfügt das Unternehmen über sehr umfangreiche Lieferantenkontakte. Auf der Kundenseite befinden sich die größten deutschen Medienunternehmen wie CLT-UFA mit einem Umsatzanteil von 40 Prozent, Taurus, Kinowelt, Pro Sieben mit 26 Prozent Umsatzanteil, RTL, RTL2, Vox, ZDF und Premiere, wobei das Unternehmen auf langjährige Geschäftsbeziehungen zurückblicken kann. Die europaweite Auswertung der Filmrechte über Video und Pay-TV sichern u.a. zwei langfristige Vertriebskooperationen mit Warner Bros. und 20th Century Fox.

9-Monatszahlen:

Nachdem eigentlich in der letzten Zeit, bis auf die allgemeine Schwäche im Mediensektor, alles ganz gut aussah, schockte Intertainment am 17.11.2000 die Anleger mit einer Umsatz- und Gewinnwarnung für das laufende Geschäftsjahr. Dies brachte der Aktie in einem sowieso schon schwachen Marktumfeld einen Kursverlust von mehr als 20 Prozent ein.

Intertainment glaubt nur noch 60 Prozent seines ursprünglichen Umsatzziels erreichen zu können. Am Freitag Morgen teilte das Unternehmen mit, statt eines ursprünglich prognostizierten Geschäftsvolumens von 290 Millionen Mark nun lediglich rund 170 Millionen im Jahr 2000 zu erzielen. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) werde sich voraussichtlich auf 60 Millionen Mark statt der angekündigten 84 Millionen belaufen. Das prognostizierte Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, so Intertainment, werde bis zum Jahresende nur 48 Millionen DM statt der ursprünglich veranschlagten 76 Millionen DM erreichen.

In 1999 hatte das Unternehmen 56,1 Millionen DM bei einem Ergebnis der gewöhnlichen Geschäfts-tätigkeit von 27,4 Millionen DM umgesetzt. Das EBIT belief sich auf 25,6 Millionen DM.

Grund für die Korrektur der Planzahlen sind nach Unternehmensangaben Verhandlungen über TV-Rechte, die sich verschoben hätten. Zudem habe sich die Lieferung beziehungsweise der Start von drei Kinofilmen und damit auch der Verkauf der Free-TV-Rechte ins kommende Jahr verlagert. Damit würden in diesen Bereichen Umsätze und Gewinne ebenfalls erst im kommenden Jahr generiert.

Die Zahlen sehen im Jahresvergleich 1999/2000 gar nicht so schlecht aus. Das Ebit hat sich um über 234 Prozent gegenüber 1999 gesteigert. Der Umsatz stieg sogar um 303 Prozent an. Schaut man aber genauer hin öffnet sich folgender Blick:

Im dritten Quartal lief bei dem Unternehmen um Vorstandschef Rüdiger Baeres fast überhaupt nichts mehr. Im Zeitraum von Juli bis September 2000 brach das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit von 1,31 Millionen Euro in der Vorjahresperiode (1999) auf 11.000 Euro ein. Also hat man praktisch ausgehend von den Halbjahreszahlen in den drei Monaten bis zu den Neunmonats-zahlen keinen Gewinn erwirtschaftet !
Das Ausmaß der Misere wird aber erst richtig durch einen Blick auf die beiden vorangegangen Quartale deutlich. Von April bis Juni erwirtschaftete Intertainment ein Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit von mehr als 17,21 Millionen DM. Von Januar bis März waren es sogar fast 34,23 Millionen DM!.
Der größte Mißstand liegt allerdings hier: Das addierte Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit erreichte in den ersten neun Monaten also insgesamt 51,44 Millionen DM. Aber Moment, denn das bedeutet, daß Intertainment im vierten Quartal einen Verlust von 3,52 Millionen Euro erwartet. Diese Zahl ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Ergebnis bis September von bekanntlich 51,44 Millionen DM und der neuen Prognose, wonach dieses Ergebnis bis zum Jahresende nur 47,92 Millionen DM betragen soll. Diesen Umstand erwähnt das Unternehmen in seinen Presseberichten mit keinem Wort !

Die Geschäftsflaute spiegelt sich auch beim Umsatz wieder. Im ersten Quartal 2000 betrug dieser 65,32 Millionen DM, im zweiten Quartal waren es 69,04 Millionen DM, im vorerst letzten Dreimonatszeitraum nur noch kümmerliche 10,95 Millionen DM, zusammen also die am Freitag bekanntgegebenen 145,30 Millionen DM für 9 Monate.

Wie in der Grundanalyse dargestellt wurde, bekam das Unternehmen Mitte Juli frische Geldmittel aus einer Kapitalerhöhung von knapp 200 Millionen DM. Intertainment hätte die bis Juli ursprünglich zur Verfügung stehenden Finanzmittel bis jetzt nahezu vollständig aufgebraucht! Die Aktionäre haben also mit ihrem Geld den Filmrechtehändler vor der Zahlungsunfähigkeit in nächster Zeit bewahrt.
Das Geld aus der Kapitalerhöhung reicht aber nun erst einmal aus. In der Grundanalyse wurde davor gewarnt, daß Intertainment falls dem Unternehmen kein geschicktes Cash-Management gelingt, ernsthafte Schwierigkeiten entstehen würden. Es ist zu bezweifeln, daß nach den schlechten Zahlen am Freitag die Anleger noch eine Kapitalerhöhung zum Aufkauf und Bezahlen von schon erworbenen Filmrechten dulden würden. Intertainment muß also mit seinem verbliebenen Geld gut haushalten.

Zugegeben, mit so einer Entwicklung hätte ich in der kurzen Zeit nicht gerechnet. Da die für dieses Jahr geplanten Umsätze laut Unternehmensangaben im nächsten Jahr generiert werden sollen, dürfte sich Intertainment auf längere Sicht wieder etwas erholen. Vorerst sollte man die Aktie aber trotz des starken Kursverfalls und der günstigen Bewertung meiden, da wie auch schon bei einigen anderen Unternehmen in letzter Zeit das Vertrauen verloren gegangen ist und noch mehr verloren gehen wird, wenn im nächsten Quartal tatsächlich ein Verlust ausgewiesen wird (siehe oben). Die negative Geschäftsentwicklung dürfte auch den Kurs der Aktie weiter drücken. Erschwerend kommt hinzu, daß die meisten Investmentgesellschaften nach der Planzahlen-Korrektur die Finger von der Aktie lassen werden.

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