Inflationssorgen sind übertrieben
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In den letzten Wochen haben die Aktienmärkte weltweit stürmische Zeiten erlebt: "Diese Entwicklung ist in einem Umfeld abnehmender globaler Liquidität symptomatisch. Denn die Zentralbanken drehen in der Spätphase eines Konjunkturzyklus gern an der Zinsschraube", erklärt Tom Elliott, globaler Stratege bei JPMorgan Asset Management in London. Seiner Meinung nach wurden jedoch oft falsche Gründe genannt, um die plötzliche Verkaufswelle ab dem 9. Mai zu erläutern. Die grundlegende Haupterklärung war, dass die Kursschwankungen an den Aktienmärkten durch die Furcht vor einer steigenden Inflation verursacht wurden. Die plausiblere Erklärung beruht jedoch auf der allgemeinen Reduzierung risikobehafteter Engagements. "Der Risikoindex von Credit Suisse ist nach einem 20-Jahreshoch von 7,9 auf aktuell 1,7 zurückgegangen - sprich von einem Zustand der Euphorie zurück zur Neutralität", unterstreicht Elliott.
Seiner Ansicht nach sind die Sorgen über globale Inflationsängste übertrieben. "Es ist zwar verständlich, dass die in den vergangenen drei Jahren beträchtlich gestiegenen Öl- und Rohstoffpreise Sorgen bereiten. Wir haben es jedoch hier mit einer Veränderung der relativen Preise zu tun, die für sich genommen das absolute Preisniveau nicht berühren - außer sie werden von einer lockeren Geldpolitik begleitet oder auf Unternehmensseite besteht ausreichend Preisgestaltungsmacht, um diesen erhöhten Kostendruck weiterzureichen", so Elliott. Sein Fazit: "Trotz der kurzfristigen Sorge um die Basiseffekte lassen sich die der Inflation zugrunde liegenden Fundamentaldaten weiterhin sehr gut kontrollieren."
Die aktuelle Entwicklung beschreibt Tom Elliott als "innerzyklische Verschnaufpause und nicht als Ende des Konjunkturzyklus" und betont: "Unser Optimismus gründet sich unter anderem darauf, dass es im Unternehmenssektor bislang zu keiner nennenswerten Erosion der Finanzkraft gekommen ist. Der globale Gewinnzyklus ist weiterhin robust und die Unternehmensbilanzen befinden sich - alles in allem - weiterhin in sehr guter Verfassung. Hinzu kommt, dass der Unternehmenssektor weltweit nach wie vor unterinvestiert ist, urteilt man nach dem niedrigen Verhältnis der Investitionstätigkeit zum Umsatz. Darüber hinaus bleibt er wahrscheinlich auch weiterhin mit einem verhältnismäßig niedrigen Fremdkapitalanteil ausgestattet".
Elliott sieht aber auch Risiken, die mit dem aktuellen Stadium des Konjunkturzyklus verbunden sind. "Auch wenn wir das Inflationsrisiko insgesamt weiterhin entspannt sehen, so darf es doch nicht aus den Augen verloren werden", schließt er.
In diesem volatilen Umfeld agieren auch die Investmentprofis von JPMorgan Asset Management vorsichtig. Karsten Stroh, Leiter des Teams für Aktien und gemischte Portfolios in Frankfurt, erläutert die aktuelle Vorgehensweise der Vermögensverwalter: "Aus strategischer, also langfristiger Sicht sind wir in unseren globalen Mischportfolios Aktien gegenüber weiterhin wohl gesonnen. Denn die Bewertungen machen nach den meisten Maßstäben einen sehr konservativen Eindruck. Vergleicht man beispielsweise die aktuellen Kurs-Gewinn-Verhältnisse mit den dreijährigen gleitenden Durchschnitten, ergibt sich durchweg eine neutrale bis moderat günstige Bewertung. Aus taktischer Sicht ist es jedoch für Kaufaktivitäten an diesen Märkten möglicherweise noch zu früh."
Nun ist die Frage, die alle Anleger interessiert: Wann könnte man wieder einen Einstieg wagen? Laut Karsten Stroh gibt es eine Reihe von Schlüsselereignissen, die Marktbewegungen auslösen könnten. Die Sitzung des Fed-Offenmarktausschusses (FOMC) am 29. Juni könne die Erwartungen des Marktes in entscheidendem Maße beeinflussen; wichtig sei dabei auch der Ton, den die US-Notenbank in ihrem Begleitkommentar anschlägt. In diesem fortgeschrittenen Stadium des Konjunkturzyklus müssen die Marktteilnehmer vor allem Gewissheit über die Inflationsrisiken haben. Darüber hinaus wird auch von Bedeutung sein, welche Richtung der US-Dollar einschlägt. Anzeichen von Stabilität dürften dabei eine beruhigende Wirkung auf die Aktienmärkte haben, während ein weiterer Schwächeanfall des Greenback für Nervosität sorgen könnte.
Laut Stroh werden die kommenden ein bis zwei Monate vermutlich noch von einer gewissen Unsicherheit und Unruhe geprägt sein, doch dürften die Sorgen abklingen und die Märkte dann wieder besser laufen. "Unsere Strategie beruht unterdessen weiterhin auf einer leichten taktischen Untergewichtung von Aktien gegenüber Anleihen. Unsere bevorzugten Aktienmärkte heißen weiterhin Japan und Kontinentaleuropa. An unserer Untergewichtung der USA halten wir fest, haben aber Large Caps leicht aufgestockt. Wenn die Ereignisse ihren weiteren Lauf nehmen und dabei größere Klarheit über das Timing im US-Zinszyklus verschaffen, werden wir wahrscheinlich weitere Aufstockungen vornehmen."
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