Kommentar
13:43 Uhr, 10.03.2017

Inflation: Zweistellige Preissteigerungsraten möglich!

Gerade haben wir erst die Deflation hinter uns gelassen und schon ist von zweistelligen Raten die Rede. Ist das überhaupt seriös?

Wie schnell Inflation zurückkehren kann, haben die letzten Daten gezeigt.

Noch im April 2016 wurde in Deutschland eine leicht negative Rate ausgewiesen. Im Februar 2017 waren es 2,2 %. Nun kann man sagen: alles nicht so wild, die Energiepreise sind schuld. Nun, das sind sie, aber nicht allein. Energiepreise stiegen auf Jahressicht um 7,2 %. Nahrungsmittelpreise stiegen um 4,4 % an. Insgesamt brachten es Waren auf eine Inflationsrate von 3,2 %. Da Dienstleistungen mit einer Teuerung von lediglich 1,3 % die Gesamtrate drückten, blieben insgesamt unterm Strich 2,2 % übrig.

Auch ohne den starken Anstieg der Energiekosten ist die Inflation vergleichsweise hoch.

Sie liegt unterhalb von 2 %, doch im Vergleich der letzten Jahre ist sie hoch. Das muss auch noch lange nicht das Ende der Fahnenstange sein, denn es gibt einige Parallelen zu früheren Jahren.

Der Präsident der Notenbank von Richmond, Jeffrey Lacker, sieht Parallelen zu den 60er Jahren. Er analysiert zwar die US-Daten, doch die Voraussetzungen waren global sehr ähnlich. Heute kann man nicht pauschal alle Länder in einen Topf werfen, doch viele Staaten sind mit ähnlichen Ausgangslagen konfrontiert wie damals.

In den USA sank die Arbeitslosenquote von 7 % auf unter 4 %. Notenbanker schauten der Entwicklung zu und debattierten wie heute darüber, ob der Wert nun der Vollbeschäftigung gleichkommt oder nicht. Sie warteten jedenfalls mit Zinsschritten zu. In Deutschland sank die Quote damals von über 10 % auf unter 2 %.

Parallelen zu den 60er Jahren

Die Inflationsrate lag in den USA in der ersten Hälfte der 60er Jahre zwischen 0 % und 2 %. In Deutschland war sie höher, bewegte sich aber recht stabil zwischen 2-3 %. Obwohl die Inflation relativ stabil und niedrig war, begannen die Löhne langsam zu steigen. Es gab viele Jahre hintereinander einen Reallohnzuwachs.

Die Wirtschaft lief gut. Trotzdem legte die Regierung ein Konjunkturprogramm auf. Steuern wurden gesenkt, die Militärausgaben stiegen und Präsident Lyndon B. Johnson implementierte sein Great Society Program. Mit diesem Programm wurde der Armut der Kampf angesagt. Am Ende hieß das einfach höhere Staatsausgaben. Das erinnert schon stark an heute.

Ganz nebenbei wurde die Notenbank von der Politik stark angegriffen. Es herrschte ein vergiftetes Klima. Als die Notenbank es wagte, die Zinsen 1964 anzuheben, flippte der Präsident angeblich aus. Der Notenbankchef wurde 1965 einbestellt und von Johnson persönlich zurechtgewiesen. Auch das könnte man sich heute gut vorstellen.

Für die Zinsschritte war es da praktisch ohnehin schon zu spät. Das Kreditwachstum hatte sich bereits beschleunigt. Das galt in den USA ebenso wie in Deutschland. In den USA stieg die Kreditwachstumsrate von 5 % auf über 10 %.

Die Notenbank war mit ihren Zinsschritten zu langsam. Es gab lediglich zwei Zinsschritte in zwei Jahren – damals wie heute.

Ein Grund für die zaghafte Straffung der Geldpolitik war die große Unsicherheit darüber, wie locker oder straff die Politik überhaupt war.

Keiner wusste so genau, ob das Zinsniveau expansiv oder straffend wirkte. Auch das erinnert an heute.

Kurz gesagt: die Fed reagierte zu langsam und zaghaft. Die Inflation stieg bis Ende der 60er Jahre auf über 6 % und erreichte ein Jahrzehnt später sogar knapp 15 %. In Deutschland wurden Werte nördlich von 7 % gemessen.

Die Parallelen sind schon bezeichnend. Es gibt jedoch einen signifikanten Unterschied, den Lacker gar nicht nennt: die Lohnentwicklung. Die Grafik zeigt, dass die Reallöhne (Stundenlöhne stiegen schneller als die Inflation) über ein Jahrzehnt lang zulegen konnten. Wer real mehr Geld in der Tasche hat, kann auch mehr ausgeben und die Nachfrage beleben.

Wegen niedriger Inflation stiegen auch zuletzt die Reallöhne, doch der Anstieg war vergleichsweise kurz und dürftig. Verbraucher haben schlicht nicht das Geld für große Nachfrageschocks und Nachfrage ist letztlich der bestimmende Faktor von Inflation. Die Inflation kann in den kommenden Jahren tatsächlich etwas höher ausfallen als gedacht, doch eine Wiederholung der 60er und 70er Jahre sehe ich persönlich nicht.

Eine Inflationsrate von 2, 3 oder sogar 4 % darf man trotzdem nicht unterschätzen. Im Gegensatz zu damals gibt es heute keine Zinsen. Diese steigen zu langsam, um vorhandenes Vermögen vor der Inflation zu schützen. Die Konsequenzen für die Menschen dürften also heute spürbarer sein als damals.

Clemens Schmale

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3 Kommentare

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  • bembes
    bembes

    so ein Schwachsinn

    12:03 Uhr, 13.03.2017
  • Andreas Hoose
    Andreas Hoose

    Der Begriff Inflation kommt von "inflare", aufblasen. Gemeint ist natürlich das "Aufblasen" der Geldmenge. Damit ist auch schon die wichtigste Ursache der Geldentwertung genannt:

    http://www.inflation-deutschland.de/inflationsursa...

    00:31 Uhr, 11.03.2017
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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