Kommentar
15:00 Uhr, 18.07.2022

Inflation: Kommt jetzt die große Entwarnung?

Die Rally am Freitag hatte gute Gründe. Es gab eine überzeugende Inflationsentwarnung. Der Markt feierte, möglicherweise zu früh.

Die US-Notenbank machte sich lange Zeit keine Sorgen um die Inflation (Stichwort: vorübergehend), dann verwies sie darauf, dass die von ihr favorisierte Kernrate kein Grund zur Sorge sei, zumal die Inflationserwartungen stabil blieben. Dann änderte sich im vergangenen Monat vieles. Die kurzfristigen Inflationserwartungen von Verbrauchern sind hoch und folgen einfach der Inflationsrate bzw. dem Benzinpreis. Was der Fed Sorgen bereitete, war ein Anstieg der langfristigen Inflationserwartungen auf Sicht von fünf Jahren. Die Erwartung stieg von 3 % auf 3,3 %. Das wirkt wie ein kleiner Anstieg und ist im Langfristchart kaum der Rede wert. Auf kürzere Sicht schienen sich die Erwartungen zu lösen. Seit Mai 2021 lagen die Werte bei 3 % oder darunter. Der deutliche Anstieg über die Marke von 3 % löste leichte Panik aus. Sich lösende Inflationserwartungen sind das letzte, was die Notenbank gebrauchen kann. Schnell kommt es zur sich selbst erfüllenden Prophezeiung. In Erwartung langfristig hoher Inflation werden Lohnforderungen höher und es wird Konsum vorgezogen. Wer steigende Preise erwartet, kauft, solange es noch billig ist. Das heizt die Inflation weiter an und bestätigt das Verhalten.


Am Freitag gab es Entwarnung. Auf Basis der vorläufigen Zahlen liegt die langfristige Erwartung nun bei 2,8 %. Die vorläufigen Zahlen des Vormonats, die bei der Fed für Unruhe sorgten, stellten sich mit den endgültigen Zahlen als irreführend heraus. Dies kann auch dieses Mal geschehen. Würde etwa der Benzinpreis wieder steigen, wären die Erwartungen auch schnell wieder bei mehr als 3 %.

Jetzt schon zu feiern, ist verfrüht, zumal Inflation immer noch der bestimmende Faktor für Haushalte ist. Einerseits lässt die Konsumlaune nach. Preise für Immobilien, Autos oder langlebige Güter wie Haushaltsgeräte werden als zu hoch empfunden. Selbst Ende der 70er Jahre gaben weniger Verbraucher an, dass die hohen Preise ein Problem sind (Grafik 3).


Andererseits häufen sich auch Rückmeldungen, dass Verbraucher jetzt kaufen, um später höhere Preise zu vermeiden. Die Zahlen sind frisch und vorläufig. Es ist zu früh, um sich ernsthafte Sorgen zu machen.

Das positive Signal, dass die Inflationserwartungen wieder unter 3 % gefallen sind, wird durch den neuen Trend (jetzt kaufen, um später höhere Preise zu vermeiden) wettgemacht. Von Entwarnung kann noch keine Rede sein, zumindest in den Daten. Persönlich halte ich es dennoch für wahrscheinlich, dass auch die eigentlichen Inflationsdaten bald eine belastbare Entwarnung geben werden.

Rohstoffpreise sind in den letzten Wochen deutlich gefallen. Ob Benzin-, Strom- oder Gaspreise, der Rückgang wird bei den Konsumenten in den kommenden Wochen ankommen (in Europa ist es etwas anders als in den USA). Dies dürfte die Gefahr, die von den Inflationserwartungen ausgeht, endgültig bannen.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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