Kommentar
08:10 Uhr, 18.02.2015

Inflation: Erwartungen und Realität

Die Fed richtet sich in ihren Entscheidungen nach Wirtschaftsdaten. Was gut klingt, ist im Einzelfall schon absurd. Bestes Beispiel: Inflation.

Die US Notenbank hat in den letzten Jahren gelernt, flexibel zu sein. Ursprünglich gab es einen klaren Fahrplan für den Ausstieg aus QE und den ersten Zinsschritt nach oben. Kenngröße war die Arbeitslosenrate. Sobald diese unter 6,5% sinkt, sollte mit der Geldflut Schluss sein. Der Zielwert wurde vor knapp einem Jahr erreicht. An der Zinsfront ist seitdem noch nichts geschehen. Das liegt auch daran, dass eine neue Zielgröße in den Fokus gerückt ist: die Inflation.

Die Inflation ist für die Fed das neue Maß aller Dinge. Sie sollte langfristig bei 2% liegen. Davon ist die Teuerungsrate im Moment weit entfernt. Das wiederum ermöglicht der Notenbank, auf dem Weg zur ersten Zinserhöhung sehr geduldig zu sein.

Die Zielgröße ist klar bestimmt. Die aktuelle Inflationsrate ist bekannt. Die Notenbank richtet sich jedoch nur bis zu einem gewissen Grad nach dem aktuellen Inflationsniveau. Sie betrachtet mindestens ebenso genau die Inflationserwartungen. In jedem Statement der US Notenbank gibt es einen Satz zu den Inflationserwartungen. Die Zinspolitik richtet sich unter anderem nach diesen Erwartungen.

Grundsätzlich macht es Sinn die Geldpolitik nicht nur an dem auszurichten, was momentan ist, sondern auch an dem, was erwartet wird. Will die Notenbank z.B. zu hoher Inflation durch Zinserhöhungen entgegenwirken, muss sie mit Zinsanhebungen beginnen, bevor die Inflation zu hoch steigt. Zinsanhebungen brauchen ca. ein halbes Jahr bis sie ihre Wirkung entfalten. Daher muss die Notenbank zwangsläufig einen Blick in die Glaskugel werfen. Die Glaskugel der Fed sind eigene Überlegungen und vor allem die Inflationserwartungen von Anlegern und Verbrauchern.

Grafik 1 zeigt die Inflationserwartung von eben diesen zwei Gruppen: Anlegern und Verbrauchern. Die Break Even Rate ist die Erwartung von Investoren. Sie berechnet sich, indem die Rendite von inflationsgebundenen Anleihen von jener ohne Inflationsbindung abgezogen wird. In der Grafik ist die Break Even Rate auf Sicht von 5 Jahren abgebildet. Das heißt, dass die Rate die Erwartung des Inflationsniveaus über die nächsten 5 Jahre widerspiegelt. Das ist die Investorensicht.

Die Sicht von Verbrauchern wird regelmäßig erhoben. Es gibt mehrere Institute, die durch Umfragen die Erwartungen erheben. Am bekanntesten ist die Erhebung der Universität Michigan, die auch für ihr Consumer Sentiment bekannt ist. Die Uni Michigan erhebt zwei verschiedene Werte für die Inflationserwartung, die Einjahres- und die Fünfjahreserwartung. Die Einjahreserwartung ist relativ schwankungsanfällig und läuft parallel zu den Erwartungen von Investoren. Die Fünfjahreserwartung bewegt sich im Großen und Ganzen kaum. In den vergangenen Jahren schwankte sie zwischen 2,5 und 3,5%.

Die Erwartungshaltung im Markt und auf Verbraucherseite wird von der Fed genau beobachtet und analysiert, schließlich dienen die Inflationserwartungen als Basis für gelpolitische Entscheidungen. Nur: Inflationserwartungen sind „Mist.“ Inflationserwartungen könnten von der Realität kaum weiter entfernt sein als sie es sind.

Grafik 2 zeigt das Problem. Hier sind die Erwartungen und die tatsächliche Inflation abgebildet. Man kann gut sehen, dass die Erwartung (blaue Linie) parallel zur tatsächlichen Inflation laufen. Die Inflationsrate ist jedoch ein Ist-Zustand. Die Erwartungen sollten idealerweise widerspiegeln, was in einem Jahr geschieht. Das funktioniert überhaupt nicht. Wie sehr das fehlschlägt, zeigt die grüne Fläche in der Grafik. Sie zeigt die Abweichung der Inflation von den Erwartungen. Um die Abweichung zu berechnen, wird die Inflation von der Erwartung abgezogen.

Ein Beispiel: Im Dezember 2013 erwarteten Verbraucher auf Jahressicht eine Inflationsrate von 3%. Sie erwarteten also grob gesprochen für Dezember 2014 eine Inflationsrate von 3%. Tatsächlich lag die Inflation nun aber bei 0,66%. Die Abweichung beträgt demnach 2,34%. Das ist schon eine erhebliche Abweichung.

Im Idealfall würden sich Erwartungen und Inflation decken. Die grüne Fläche in der Grafik wäre dann sehr klein und würde sich nah um die Nulllinie bewegen. Das tut sie ganz offensichtlich nicht. Die Inflationserwartungen sind bestenfalls so gut wie ein Münzwurf. Um zentrale, geldpolitische Richtungen zu bestimmen, ist das eigentlich nicht gut genug. Den Versuch die Geldpolitik mit Inflationserwartungen zu rechtfertigen kann man fast nicht ernst nehmen.

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4 Kommentare

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  • mkgeld
    mkgeld

    Natürlich gibt es eine riesige Inflation. Haben alle den Umstieg von DM auf Euro vergessen. Was ist mit den Mieten und Energiekosten passiert. Ebenso die Lebenshaltungskosten usw. Wenn man aus der Berechnung die Preistreiber herausnimmt dann gibt es in der Statistik die man fälscht auch keine Inflation. Also mein Lebensstandard ist massiv gefallen seit 2000 durch Abgaben und die mangelnde Möglichkeit als Selbständiger die Preise zu erhöhen.

    12:27 Uhr, 18.02.2015
  • Löwe30
    Löwe30

    Das Navigationssystem der FED hat offensichtlich lediglich eine Genauigkeit von 10 Km und sie navigiert damit in einer Stadt um dort eine Adresse zu finden. Das ist nun mal so gut wie unmöglich. Der logische Schluss daraus ist: "End The FED!" (Ron Paul)

    Es wird höchste Zeit diesen Geldsozialismus zu beenden! Da das wohl kaum geschieht, wird es zu einem totalen Zusammenbruch kommen. Bis dahin wird weiter getanzt, wie auf der Titanic, nachdem sie einen Eisberg gerammt hatte.

    09:11 Uhr, 18.02.2015
  • bembes
    bembes

    Der letzte Satz in dem Artikel sagt alles !!

    Der Versuch die Goldpolitik mit Inflationserwartungen zu rechtfertigen kann man fast nicht

    ernst nehmen.

    Dennoch machen dies die Notenbanker mit Super-Draghio an der Spitze. Die werden sich alle noch wundern, wenn diese demnächst ansteigt. Mit dem Ölpreis ist der Anfang gemacht.

    08:14 Uhr, 18.02.2015
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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