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09:30 Uhr, 20.08.2024

IMK: Nur gut ein Viertel findet aktuelle CO2-Bepreisung akzeptabel

Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones) - Nur gut ein Viertel und damit eine Minderheit der Deutschen findet die aktuelle CO2-Bepreisung in den Bereichen Verkehr und Wärme in der aktuellen Form akzeptabel. Das ergibt eine neue Studie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung auf Basis einer repräsentativen Befragung. Laut IMK wären eine bessere Information und Kompensation nötig, um die Akzeptanz zu steigern. Generell sinkt bzw. steigt die Zustimmung zu der CO2-Bepreisung mit Einkommenshöhe und finanziellen Sorgen, so die Studie.

"Wer sich große Sorgen um die wirtschaftliche Situation macht, lehnt den CO2-Preis häufiger ab als Menschen ohne finanzielle Sorgen", erklärte das IMK. Dabei seien Landbewohner skeptischer als Städter.

Das beeinflusse auch die Akzeptanzwerte in den unterschiedlichen Bundesländern. Laut IMK ist die Zustimmung in den Stadtstaaten Hamburg mit 43 Prozent und in Berlin mit 32 Prozent noch am höchsten. In den ostdeutschen Flächenländern finde der CO2-Preis besonders wenig Unterstützung und erreiche in Sachsen-Anhalt mit 11 Prozent den niedrigsten Wert. Auch im Saarland (16 Prozent) und in Niedersachsen (24 Prozent) sind die Werte relativ gering.

Bessere Information und Kompensationsmechanismus nötig

Die IMK-Forscher sehen kurzfristig bessere Informationen zur CO2-Bepreisung als einen Weg, die Akzeptanz zu erhöhen. Kurzfristige Kosten würden über- und mittelfristige unterschätzt. So schätzten die Befragten, dass ihnen durch den aktuellen Preis von 45 Euro pro Tonne CO2 im Jahr Kosten von 396 Euro entstehen. Die tatsächlichen durchschnittlichen Kosten pro Haushalt, die die IMK-Forschenden aus typisierten Verbrauchsmustern für Heizenergie und Kraftstoffe errechnen, lägen indes nicht einmal halb so hoch, bei 192 Euro. Dabei überschätzen Befragte aus den neuen Bundesländern die Belastung noch stärker als Befragte aus dem Westen.

Die zu erwartenden künftigen Kosten nach Einführung des Marktmechanismus würden dagegen deutlich unterschätzt. Bei einem durchschnittlichen Preis von 200 Euro pro Tonne CO2, den Experten nach 2027 für realistisch halten, errechnen die IMK-Forscher reale Kosten von 853 Euro pro Jahr im Haushaltsdurchschnitt. Die Befragten erwarten hingegen 564 Euro.

Um den Rückhalt in der Bevölkerung auch bei künftig deutlich steigenden CO2-Preisen zu sichern, sollte zeitnah ein Kompensationsmechanismus eingeführt werden, so das IMK.

"Dieser sollte nach Analyse des IMK insbesondere untere und mittlere Einkommensgruppen entlasten, weil diese einen höheren Anteil ihres Einkommens für Mobilität und Heizenergie aufwenden müssen und daher stärker belastet sind", erklärte das IMK.

Direkte Zahlungen bevorzugt

In der Umfrage favorisieren die Befragten in erster Linie, die Einnahmen als direkte Zahlungen an die Haushalte zurückzugeben. Teilweise sollten sie als pauschale Pro-Kopf-Zahlung und teilweise mit einem Schwerpunkt bei Haushalten mit niedrigeren Einkommen oder besonderer Betroffenheit durch den CO2-Preis zurückgegeben werden.

Eine mangelnde soziale Flankierung berge "die Gefahr, dass die Umsetzung der Klimapolitik von großen Teilen der Bevölkerung als ungerecht empfunden wird und die gesellschaftliche Akzeptanz der CO2-Bepreisung schwindet", warnten die IMK-Forscher Jan Behringer, Lukas Endres und Maike Korsinnek. "Bereits 2023 verdeutlichte die politische Kontroverse um die Reform des Gebäudeenergiegesetzes, in Folge derer es zu einer deutlichen Abschwächung des Gesetzes kam, dass fehlendes Vertrauen in die soziale Ausgewogenheit politischer Maßnahmen zum Hindernis für die Klimapolitik werden kann."

Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com

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