Kommentar
14:58 Uhr, 21.04.2016

Im Korsett der Geldpolitik

Inzwischen mehren sich die Stimmen, die da meinen, dass die Europäische Zentralbank (EZB) das aktuelle Leitzinsniveau in diesem Jahr nicht mehr unterbieten könne. Unter anderem hält der frühere Vorstandschef von Pimco, dem weltgrößten Anleiheinvestor, Mohamed El-Erian, die Einführung negativer Zinsen für ein „wahnwitziges“ Experiment mit unkalkulierbaren Risiken für die gesamte Finanzbranche. Manche Ertragslöcher lassen sich momentan noch auf andere Weise stopfen, aber nicht ewig. Im Finanzsystem sind alle Beteiligten auf Zinserträge angewiesen und wenn diese nicht zu erzielen sind, so bleibt dies nicht ohne Folgen.

„In Japan wird ein Land mittels expansiver Geldpolitik gelenkt, aber in Euroland müssen viele Staaten unter einen Hut gebracht werden.“

In diesem Zusammenhang wird von den Anhängern der expansiven Geldpolitik immer wieder gerne angemerkt, dass der aktuelle Kurs der EZB alternativlos sei. Das mag auf den ersten Blick zutreffend sein, aber wenn durch diese Niedrigzinspolitik Banken, Pensionsfonds, Versicherungen und andere Kapitalsammelstellen in Schieflagen geraten, hat dies gravierende Auswirkungen, die jeder Bürger spüren wird. Und an dieser Stelle sei auch nochmals darauf hingewiesen, dass Euroland nicht mit Japan zu vergleichen ist. Nur weil es dort seit vielen Jahren so praktiziert wird, heißt das nicht, dass damit eine Blaupause für andere Staaten gefunden wäre. In Japan wird ein Land mittels dieser Geldpolitik gelenkt, aber in Euroland sollen Staaten mit unterschiedlicher Wirtschaftskraft in ein Korsett gezwängt werden. Das kann nur eine begrenzte Zeit gut gehen. Somit ist es nicht verwunderlich, dass bereits jetzt Finanzexperten die Frage stellen, wann mit dem Tapering begonnen wird.

Sechs Wochen nach der Aufstockung des Ankaufprogramms ist es zwar noch nicht soweit, aber der Zeitpunkt wird früher oder später kommen. Doch hierzu wird Mario Draghi auf der heutigen EZB-Pressekonferenz sicherlich nichts sagen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass andere Themen im Mittelpunkt seiner Erklärung stehen werden. So erwartet man weitere Informationen zum geplanten Ankauf von Corporate Bonds, zu den Langzeittendern und zum sinnlosen „Helikoptergeld“. Sicherlich wird er alles unternehmen, um Zweifel an der Handlungsbereitschaft des Gremiums zu zerstreuen. Lassen wir uns also von „Super-Mario“ überraschen und ihn die Zinswelt neu erklären!

Klaus Stopp, Head of Market Making Bonds der Baader Bank

Auch Lissabon werkelt an eigener Bad Bank
Nachdem Italien einen Rettungsfonds für seine Kreditinstitute über 5 bis 6 Mrd. Euro ins Leben gerufen hat, will nun auch Portugal das Problem der faulen Bankkredite mit einer Lösung in den Griff bekommen, die allerdings anders geartet sein soll.

Ministerpräsident Antonio Costa sprach sich gegen eine Lösung mit Hilfe von Steuergeldern aus. Er sei dagegen, öffentliches Geld in die Banken zu pumpen, sagte Costa. Natürlich bleibt es für Lissabon eine große Herausforderung, einen solchen Rettungsfonds oder eine Bad-Bank auf die Beine zu stellen. Ende 2015 hatte Portugal die Bank Banif mit 2,2 Mrd. € stützen müssen.

Wie Lissabon das Problem lösen will, ist noch unklar. Laut Costa will man dabei nicht nach dem Vorbild von Italien oder Spanien vorgehen, wo die Banken mit Krediten der Euro-Partner bzw. privater Investoren gestützt wurden. Er hoffe, man werde eine gute Lösung nach portugiesischer Art haben, orakelte der Regierungschef, um den Banken neuen Spielraum zu verschaffen.

Basteln an Notfalllösung erinnert an Sisyphus-Aufgabe
Die Bewältigung der griechischen Schuldentragödie erinnert immer wieder an die Aufgabe von Sisyphus, was als Synonym für eine sinnlose und dabei schwere Tätigkeit ohne absehbares Ende steht. Nun sagte der Chef des ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus), Klaus Regling, die finanzielle Rettung Griechenlands könne noch immer gelingen. Ja, er glaube sogar, es sei nicht unrealistisch, dass eine Lösung in den nächsten vier Wochen beschlossen werden könne.

Die Botschaft hört man wohl, allein es fehlt angesichts der vergangenen Erfahrungen ein Stück weit der Glaube. Die Umsetzung versprochener Reformen ist eine Voraussetzung für weitere Auszahlungen des ESM an Athen. 2015 hatten die Europäische Kommission, die Europäische Zentralbank (EZB) und der Internationalen Währungsfonds (IWF) ein drittes Hilfspaket für Griechenland von bis zu 86 Mrd. € geschnürt. Damit wird eine für morgen angedachte Lösung im Rahmen eines Treffens der EU-Finanzminister zum wiederholten Male nach hinten verschoben.

Bei den aktuellen Gesprächen in Athen geht es nun darum, eine Notfalllösung zu erarbeiten, sollte das Land mit den bisherigen Maßnahmen seine Sparziele nicht erreichen. Man baut schon vor für den Fall, dass Athen seine Haushaltsziele verfehlen wird. Dies impliziert, dass die Verhandlungspartner sehr wohl wissen, dass es so weit kommen wird. Man bastelt also bereits jetzt an der nächsten Auffanglösung. Der Grund liegt wohl darin, dass die europäischen Geldgeber unbedingt den IWF im Boot halten wollen, der immer wieder einen Schuldenschnitt fordert. Andernfalls droht der IWF, aus dem Kreis der Gläubiger auszuscheren.

Um nun eine Notfalllösung auf Vorrat zu finden, drängt wie üblich die Zeit. In den Kassen des Landes herrscht eine gähnende Leere und dennoch muss bis Mitte Juli eine Lösung her, denn dann müssen 2,3 Mrd. € zurückgezahlt werden.

EZB-Politik lässt kostenloses Girokonto sterben
Mit der Infragestellung des kostenlosen Girokontos durch Postbank-Chef Frank Strauß wurde einmal mehr deutlich, wie sehr die Zinspolitik der EZB den Banken zusetzt. Strauß, hatte der „Welt am Sonntag“ gesagt, dass die Postbank das kostenlose Girokonto für Privatkunden in Frage stelle und an einem neuen Preismodell arbeitet.

Klar ist, dass derzeit viele Institute neue Preismodelle durchkalkulieren und gegebenenfalls gezwungen sind, die Kontogebühren zu erhöhen. Seit EZB-Präsident Mario Draghi den Leitzins auf null % und den Einlagenzins der Banken bei der EZB ins Negative gesenkt hatte, versuchen die Banken zu vermeiden, den Kunden Negativzinsen für Spareinlagen aufzubrummen. Allerdings werden dafür andere Stellschrauben gedreht, um irgendwo noch Ertrag zu generieren. Dass die Zeit der kostenlosen Kontoführung vorbei ist, hatte bereits der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), Georg Fahrenschon, betont. Dafür würden Leistungen verursachergerecht bepreist werden. Alle Marktteilnehmer müssten angesichts der „falschen Zinspolitik“ der EZB neue Ertragsquellen erschließen.

Sparen würde dann aber über Gebühren „bestraft“ werden. Mit der Folge, dass die Bürger in die Versuchung geraten, ihr Geld lieber abzuheben und es zuhause zu verwahren. Dies könnte auch für Unternehmen eine Alternative sein. Dann würde nur noch die Wiedergeburt der Lohntüte fehlen und wir wären wieder im 20. Jahrhundert angekommen.


Konkurrent der Weltbank beginnt mit Kreditvergabe

Die New Development Bank hatte 2015 in Shanghai den Geschäftsbetrieb aufgenommen. Sie war 2014 von den BRICS-Staaten Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika ins Leben gerufen worden, die damit gleichzeitig ihre wirtschaftliche Stärke dokumentierten. Gleichzeitig beabsichtigten diese Länder, mit der New Development Bank einen Gegenpol zum Internationalen Währungsfonds und zur Weltbank zu schaffen. Denn bereits seit 2010 sollen z.B die IWF-Stimmrechte neu verteilt und den wirtschaftlichen Kräfteverhältnissen angepasst werden.

Schwerpunkt der Kreditvergabe sollen erneuerbare Energien sein. Und nun war es endlich soweit. Die New Development Bank gewährt zum ersten Mal grüne Kredite im Volumen von ca. 811 Mio. US-Dollar (717 Mio. €), welche in Projekte für erneuerbare Energien in vier Gründerländern der Bank fließen. Dazu zählen Kraftwerke in Brasilien und Solarkraftwerke in China. Die Laufzeit der Darlehen liegt zwischen 12 und 20 Jahren.

IWF plant neue Quotenreform
Bevor die Quotenreform von 2010 überhaupt umgesetzt ist, sollen 2017 bereits die Vorstellungen für eine neue vorgelegt werden. So fordert der Lenkungsausschuss des Internationalen Währungsfonds (IWF) das operative Führungsgremium des IWF auf, rasch die anstehende 15. Quotenreform anzugehen.

Mit dieser überfälligen Anpassung soll beispielsweise die Repräsentation großer Schwellenländer wie China im IWF aufgewertet werden. Aktuell halten die USA knapp 17 % der IWF-Stimmrechte. Die Sperrminorität liegt bei 15 %. China kommt auf nur knapp 4 % und die Mitglieder der Eurozone halten insgesamt 22 %.

Um die Schwellenländer entsprechend ihrer gewachsenen wirtschaftlichen Bedeutung besser im IWF zu repräsentieren, müssten die so genannten Industrieländer – allen voran die USA – Stimmrechte abgeben. Letzteres durchzusetzen gilt aber als aussichtslos, da für den US-Kongress eine Minderung der US-Stimmrechte im IWF nicht in Frage kommt.

Shanghai fordert London beim Gold-Fixing heraus
Mit der Aufnahme eines eigenen Gold-Fixings fordert die Shanghai Gold Exchange (SGE) den Handelsplatz London heraus. Am Dienstag wurde in Shanghai zum ersten Mal ein Referenzpreis für Gold bestimmt. Da in London der Goldpreis in US-Dollar festgestellt wird, bedeutet das Fixing in Shanghai, das in Yuan erfolgt, auch eine stärkere Positionierung der chinesischen Landeswährung gegenüber dem US-Dollar. Der Yuan soll offenbar immer mehr als Alternative zur US-Währung aufgebaut werden. Passend hierzu ließ die Aufstockung der Goldbestände durch die chinesische Zentralbank während der vergangenen Monate Spekulationen aufkommen, wonach China die Einführung eines neuen Goldstandards plane.

Ein Gramm Gold kostete am Dienstag in Shanghai 256,92 Yuan (etwa 35 €). Da China als wichtigster Importeur des Edelmetalls gilt und inzwischen auch dessen größter Produzent ist, hat die Aufnahme des Fixings eine gewisse Logik.

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