Im Fokus: SARS-CoV-2-Impfstoffe
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Der Beginn der Impfungen gegen das Virus SARS-CoV-2 ist in Reichweite. Allerdings üben sich die Menschen in Deutschland noch in Zurückhaltung, wenn es um die Bereitschaft geht, sich eines der Mittel auch tatsächlich verabreichen zu lassen. Laut einer in der vergangenen Woche vorgelegten Forsa-Umfrage beispielsweise wollen 50 Prozent der Befragten wahrscheinlich erst einmal abwarten, 43 Prozent wollen sich impfen lassen und sieben Prozent lehnen es ab, sich ein Mittel verabreichen zu lassen. „Ein Grund für diese Zurückhaltung dürfte in der ungewöhnlich kurzen Zeit liegen, in der die Impfstoff-Kandidaten entwickelt, erprobt und zur Zulassung bei den Regulierungsbehörden eingereicht wurden“, sagt Noushin Irani, Fondsmanagerin des DWS Biotech. Aktuell (Stand 10. Dezember 2020) sind laut der Weltgesundheitsorganisation 52 Kandidaten in der klinischen Erprobung, davon 13 in Phase III. Weitere 162 Kandidaten stecken noch in der vorklinischen Untersuchung.
Bei jeder Studie 30.000 bis 60.000 Probanden
Ende November haben Biontech und Pfizer ihren Kandidaten bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) zur Genehmigung eingereicht. Das Ergebnis der Prüfung soll laut EMA bis zum 29. Dezember vorliegen. In den USA hatten Biontech und Pfizer bereits am 20. November eine Notfallgenehmigung beantragt, Ende vergangener Woche ließ die US-Arzneimittelbehörde Food and Drug Administration (FDA) den Impfstoff dann für Menschen ab 16 Jahren zu. In Großbritannien ist das Mittel seit dem 2. Dezember genehmigt und wird seit einigen Tagen bereits Personen mit besonders hohem Erkrankungsrisiko verabreicht. Auch für den Kandidaten von Moderna läuft das Prüfverfahren bereits. Die Entscheidung der EMA wird für den 12. Januar erwartet, die FDA hat für den 17. Dezember ein Treffen eines Berater-Komitees angesetzt, bei dem der Antrag diskutiert werden soll.
„Ein Vakzin zu finden ist grundsätzlich sehr aufwändig. In der Vergangenheit hat es von der Analyse des Krankheitserregers bis zur Zulassung oft länger als zehn Jahre gedauert. Die Mittel gegen SARS-CoV-2 sind also in einem historisch beispiellosen Tempo entwickelt worden“, sagt Irani. Doch dieser Rekord sei nicht durch aufgeweichte Standards erreicht worden. So habe die Zahl der Probanden bei jeder Studie zwischen 30.0000 und 60.000 gelegen. Gleichzeitig hätten Biontech und Pfizer versichert, dass der Kandidat mindestens acht Wochen nach Verabreichung der letzten Impfstoffdosis an die Probanden keine schweren Nebenwirkungen verursacht habe. „In der Regel werden die meisten Nebenwirkungen tatsächlich in den ersten zwei Monaten nach der Impfgabe sichtbar“, so die Biotechnologin.
Parallele statt sequentieller Prozesse auf eigenes Risiko
Dieses hohe Tempo bei Entwicklung und Erprobung hat Irani zufolge mehrere Gründe. Zunächst sei bei allen Beteiligten auf allen Stufen des Verfahrens dem SARS-CoV-2-Impfstoff oberste Priorität eingeräumt worden. „Es wurde sieben Tage die Woche und 24 Stunden am Tag unter Hochdruck gearbeitet“, sagt sie. Darüber hinaus seien bei der Entwicklung viele Prozesse parallel durchgeführt worden, die sonst erst sequentiell nach dem erfolgreichen Abschluss des vorangegangenen Schritts erfolgt seien. „Es wurde also vieles auf eigenes Risiko bereits getestet oder hergestellt in dem Bewusstsein, dass es unter Umständen wieder verworfen werden muss“, so Irani. Und schließlich sei das so genannte Rolling-Review-Verfahren eingesetzt worden, bei dem die Pharmaunternehmen schon vor dem kompletten Zulassungsantrag Daten zu Unbedenklichkeit und Wirksamkeit liefern könnten, um die Zulassung zu beschleunigen. „Bildlich gesprochen kann man also sagen, dass bei der Entwicklung die Strecke nicht verkürzt wurde, sondern alle viel schneller gelaufen sind“, sagt die Fondsmanagerin.
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