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10:50 Uhr, 31.10.2023

Ifo-Präsident Fuest sieht Industriestrompreis als "Brücke ins Nichts"

BERLIN (Dow Jones) - Der Präsident des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, Clemens Fuest, spricht sich gegen einen Industriestrompreis aus, den Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) durchsetzen will. "Der Industriestrompreis ist eine Brücke ins Nichts - und das schreibt das Ministerium jetzt ja sogar selbst: Energie wird dauerhaft teuer sein in Deutschland. Schon deshalb ist die Idee eines Brückenstrompreises verfehlt", sagte Fuest der Wirtschaftswoche. Die hohen Energiekosten seien zum einen verursacht durch den Wegfall der billigen Gaslieferungen aus Russland, aber auch durch die Energiepolitik der Bundesregierung, die sich trotz der Krisen für den endgültigen Ausstieg aus der Kernkraft entschieden habe.

"Wir haben jetzt eine Situation, in der die Regierung die Energieverknappung mitbetrieben hat und sich wundert, dass das problematische Folgen hat. Wenn die Politik die energieintensive Industrie nun doch halten will, dann sollte man die Energiepolitik eben ändern, beispielsweise Schiefergasförderung zulassen. Stattdessen wird in die Staatskasse gegriffen, um Milliardensubventionen zu zahlen", sagte Fuest. Die sehr enge Energiepolitik, die Deutschland verfolge, habe die Konsequenz, "dass wir dauerhaft weniger Energieangebot haben werden als andere Standorte. Selbst wenn wir die Erneuerbaren ausbauen, brauchen wir sehr, sehr teure Speichertechnologien, die andere Länder weniger brauchen", sagte Fuest.

Der Ökonom sprach sich auch gegen Staatshilfen für Siemens Energy aus. "Meines Erachtens gibt es keinen überzeugenden Grund dafür, Siemens Energy mit Staatsgarantien zu helfen", sagte Fuest. "Wenn ein Unternehmen in Finanzschwierigkeiten gerät, ist zunächst die Eigenverantwortung der Aktionäre und der Gläubiger gefragt. Staatshaftung läuft darauf hinaus, dass Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert werden. Das ist nicht nur unfair, es werden auch falsche Anreize gesetzt, übermäßige Risiken einzugehen."

Die Warnung vor einer möglichen Ausbremsung beim Ausbau der Erneuerbaren überzeugte Fuest nicht. "Man kann die Hilfen auch nicht damit rechtfertigen, dass es sich um Produkte handelt, die für den Ausbau der Windenergie gebraucht werden. Die Produktion könnte auch nach einem Sanierungs- oder Insolvenzverfahren weiterlaufen. Selbst wenn sie nicht weiterläuft, kann die Windkraft weiter ausgebaut werden, dann eben mit importierten Windrädern", betonte der Ökonom.

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

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