Kommentar
11:20 Uhr, 11.12.2025

Ifo-Institut warnt vor "Niedergang des deutschen Standorts"

Die deutsche Wirtschaft tritt zum Jahresende 2025 auf der Stelle. Nach Berechnungen des ifo Instituts wächst das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt im laufenden Jahr lediglich um 0,1%. Für 2026 erwarten die Münchner Ökonomen einen Zuwachs von 0,8 %, 2027 soll die Wirtschaft um 1,1 % zulegen.

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Damit korrigiert das Institut seine Herbstprognose jeweils um 0,5 Prozentpunkte nach unten und verweist auf eine nachhaltige Schwächung des Produktionspotenzials. Der Arbeitsmarkt zeigt sich trotz der konjunkturellen Flaute vergleichsweise robust, die Arbeitslosenquote dürfte 2026 bei 6,3 % stagnieren und 2027 auf 5,9 % sinken. Die Inflation bleibt mit Raten um 2,2 bis 2,3 % moderat.

Strukturwandel und Produktivitätsverluste

Im Zentrum der Diagnose steht ein tiefgreifender Strukturwandel, der Deutschland weit intensiver trifft als andere Industrienationen. Dekarbonisierung, Digitalisierung, ein beschleunigter demografischer Wandel und geopolitische Verschiebungen verlangen nach schnellen und kostenintensiven Anpassungen. Gerade die Industrie, seit jeher Rückgrat der deutschen Volkswirtschaft, gerät unter Druck, da Produktivitätsfortschritte und innovative Geschäftsmodelle nur schleppend entstehen.

ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser spricht von einem Standort, der sich nur "langsam und kostspielig“ erneuere. Hinzu kommt eine strukturelle Belastung durch bürokratische Hürden und eine oft überforderte Infrastruktur. Diese Faktoren bremsen nicht nur laufende Produktionsprozesse, sondern auch Gründungen und Investitionen. Für die Ökonomen ist klar, dass die Potenzialwachstumsrate sinkt und das Produktionspotenzial für die vergangenen Jahre rückwirkend niedriger zu veranschlagen ist. Der Spielraum für Erholung schrumpft damit deutlich.

USA-Zölle und geopolitische Risiken als externe Bremsklötze

Auch global stehen die Zeichen für Deutschland ungünstig. Die von US-Präsident Donald Trump erhöhten Importzölle dämpfen den Welthandel und belasten zentrale exportorientierte Branchen. Laut ifo senken sie das deutsche Wachstum 2025 um 0,3 Prozentpunkte und 2026 um 0,6 Prozentpunkte. Zwar wurde ein transatlantisches Handelsabkommen geschlossen, doch die höheren US-Zölle bleiben bestehen und treffen besonders die Automobilindustrie sowie den Maschinenbau.

Die USA rechnen damit, dass ein Teil der Zölle allmählich in den Verbraucherpreisen ankommt. Gleichzeitig hält der KI-Boom die wirtschaftliche Dynamik auf Kurs. In China bleiben die Ungleichgewichte der Binnen- und Außenwirtschaft bestehen; die anhaltende Immobilienkrise bremst Konsum und Investitionen. Der Euroraum dürfte sich in den kommenden Jahren ebenfalls nur moderat entwickeln. Komponenten wie steigende Realeinkommen und bessere Finanzierungsbedingungen reichen nicht aus, um die dämpfenden Effekte von US-Zöllen, intensiviertem chinesischem Wettbewerb und einem starken Euro zu kompensieren.

Die Schere zwischen Weltwirtschaft und deutscher Industrie

Während die Weltwirtschaft bis 2027 voraussichtlich stabil um 2,5 % pro Jahr wächst, verliert Deutschlands Exportsektor erneut an Boden. Die heimische Industrie profitiert kaum vom globalen Aufschwung, sondern verliert weiter Marktanteile. Zwar wirken staatliche Investitionen und Konjunkturimpulse aus dem 500-Mrd.-EUR-Sondervermögen dämpfend auf den Abschwung, doch ihre Wirkung entfaltet sich laut ifo nur verzögert. Für 2026 rechnen die Forscher mit einem zusätzlichen Wachstumseffekt von 0,3 Prozentpunkten, 2027 könnten es 0,7 Prozentpunkte sein. Doch ohne strukturelle Reformen bleibt die Wirkung begrenzt.

Wollmershäuser warnt vor einer "Erosion des Wirtschaftsstandorts“, wenn Arbeitsangebot, Investitionen und Produktivität weiter sinken. Die Herausforderungen reichen von hohen Energie- und Sozialkosten über einen schleppenden Netzausbau bis hin zu langwierigen Genehmigungsverfahren. Reformen, die Arbeitsanreize erhöhen, den Staat digitalisieren und die Produktivität stärken, könnten das Potenzialwachstum heben. Ohne sie jedoch bleibe das Risiko einer längeren Stagnation bestehen.

Die Prognose bleibt eingebettet in ein hohes Maß geopolitischer Unsicherheit. Konflikte im Nahen Osten, eine fragile Lage in Ostasien und die unklare Rolle Chinas im künftigen Welthandel bergen zusätzliche Abwärtsrisiken. Auch die Reaktion globaler Lieferketten auf die US-Zollpolitik ist schwer kalkulierbar. Aufwärtsrisiken ergeben sich hingegen aus Reformfortschritten der Bundesregierung, insbesondere bei Arbeitsmarktanreizen und der Modernisierung des Staates.

Fazit: Die Wirtschaftsforscher haben ihr Prognosen für die beiden kommenden Jahre deutlich gesenkt. Ob es tatsächlich so kommt? Das wissen wir Stand heute nicht. Es gibt zahlreiche Herausforderungen zu bewältigen. Doch gelingt es durch Digitalisierung und Bürokratieabbau den Hebel umzulegen, dann ist auch wieder eine sich selbsttragende Erholung drin. Volkswirte liegen selten richtig mit ihren Prognosen, das wissen Börsianer bestens.

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