Kommentar
16:01 Uhr, 26.03.2008

ifo Geschäftsklima verblüfft zum dritten Mal

1. Das deutsche ifo Geschäftsklima stieg im März allen Unkenrufen zum Trotz zum dritten Mal in Folge von 104,1 auf 104,8 Punkte an (Bloomberg-Median: 103,5 Punkte; DekaBank: 104,0 Punkte). Dabei wurde erneut die Geschäftslage deutlich besser beurteilt – und zwar mit 111,5 (nach 110,3) Punkten so gut wie seit letztem Sommer vor Beginn der Finanzmarktturbulenzen nicht mehr. Gleichzeitig verbesserten sich aber auch zaghaft die Geschäftserwartungen für die nächsten sechs Monate auf 98,4 Punkte (nach 98,2).

2. Die Stimmungsverbesserung war breit angelegt. Allein der Einzelhandel zeigte sich schlechter gelaunt als im Vormonat (-0,9 nach 1,3 Punkten). Allerdings war die Stimmung der Einzelhändler im Februar rekordverdächtig (um fast 19 Punkte) nach oben geschossen. Wir hatten das in Ermangelung sonstiger positiver Meldungen aus der leidgeprüften Branche auf einen Basiseffekt zurückgeführt: Der Februar des Vorjahres 2007 war durch einen extremen Umsatz- und Stimmungseinbruch aufgrund der Mehrwertsteuererhöhung geprägt. Da hatte dieses Jahr wahrscheinlich schon ein durchschnittlicher Februar gereicht, um das Geschäftsklima im Einzelhandel aufzuhellen. Und das März-Klima dürfte nun das dieses Jahr besonders frühe Ostergeschäft gestützt haben (das bewegliche Osterfest kann nicht ganz von der Saisonbereinigung eingefangen werden). Ansonsten wäre der Rückgang im Einzelhandel vermutlich stärker ausgefallen. Einen Teil dieser noch ausstehenden Normalisierungsbewegung erwarten wir nun für April.

3. Das ist aber auch der einzige Wermutstropfen. Denn die Stimmung stieg in den übrigen drei Branchen jeweils deutlich. Im exportabhängigen verarbeitenden Gewerbe konnte sie zulegen – das hatte letzte Woche schon der Einkaufsmanagerindex angedeutet – und in dessen Windschatten auch im Großhandel. Ebenfalls hellte sie sich nach einem schwachen Vormonat am Bau auf. Besonders interessant ist die Tatsache, dass trotz der omnipräsenten Belastungsfaktoren (starker Euro, teure Rohstoffe, schwächeres Weltwirtschaftswachstum, Kreditmarktkrise) sich die Exporterwartungen (für die nächsten drei Monate) der vom ifo Institut befragten Unternehmen sogar wieder verbessert haben. Auch berichtet das ifo Institut davon, dass die gewerbliche Wirtschaft (alle vier genannten Branchen zusammen) weiterhin insgesamt gesehen einen Personalaufbau plant.

4. Die Lage in Euroland wird indes immer heterogener. In Spanien weisen schon seit dem zweiten Halbjahr 2007 die Konjunkturindikatoren nach unten. Italien befindet sich zumindest in einer leichten Rezession. Hier gab heute das Unternehmensvertrauen zum fünften Mal in Folge nach. In Frankreich verzeichnete das INSEE-Geschäftsklima hingegen nach drei Rückgängen nun erstmals wieder einen Anstieg. Dieser war überraschenderweise – und entgegen der Entwicklung des Einkaufsmanagerindex letzte Woche – stark von einer besseren Beurteilung der Auftragsbücher gekennzeichnet. Deutschland und Frankreich scheinen also die Felsen in der derzeit heftigen Finanzmarktbrandung zu sein, die einige südeuropäische Strände wegzuschwemmen droht. Im INSEE-Geschäftsklima versteckte sich aber auch eine nicht zu vernachlässigende Negativmeldung: Die Geschäftserwartungen der Investitionsgüterproduzenten gaben ungewohnt stark nach. Wenn man davon ausgeht, dass die Investitionsgüterhersteller als erste von einer Kreditkrise betroffen sind – weil sich die Finanzierungsbedingungen der Unternehmen für ihre Investitionsvorhaben verschlechtern –, wäre das durchaus als ein schlechtes Zeichen zu interpretieren.

5. Stellt sich die Frage, wie lange Deutschland noch mit den genannten Stressfaktoren zurechtkommt. Wir gehen davon aus, dass sich die Finanzmarktverspannungen in diesem Jahr nicht gänzlich lösen werden und auch nach deren Ende die Kreditvergabe nicht mehr so großzügig sein wird. Im zweiten Halbjahr könnten das dann die hiesigen Unternehmen zu spüren bekommen, wenn zudem die Gewinne nicht mehr so stark sprudeln sollten wie bisher.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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