Fundamentale Nachricht
15:24 Uhr, 16.01.2017

Ifo-Chef Fuest: Hard Brexit "wahrscheinlich"

Ein "harter" Austritt Großbritannien aus der EU könnte für beide Seiten sehr schädlich werden, warnt Ifo-Chef Fuest. Auch die Wahl Trumps könnte negative Folgen haben.

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Dieser Artikel basiert auf einem Vortrag von Ifo-Präsident Clemens Fuest bei der 32. Internationalen Kapitalanleger-Tagung 2017 in Zürich, die von der International Business School veranstaltet wird.

Ifo-Chef Clemens Fuest hat vor negativen Folgen für die wirtschaftliche Entwicklung durch einen "harten" Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union gewarnt. Als "harter Brexit" wird die Möglichkeit bezeichnet, dass Großbritannien nicht nur die Europäische Union (EU), sondern auch den gemeinsamen europäischen Binnenmarkt verlässt. Auch die Wahl Trumps könnte negative Folgen haben, so Fuest. In der Eurozone erholt sich unterdessen die Konjunktur, aber gleichzeitig steigt die Verschuldung weiter. Fuest schlägt die Einführung nachrangiger Staatsanleihen vor, um die Verschuldung zu begrenzen und eine Rückkehr der Krise zu verhindern.

Brexit: Harter Brexit wahrscheinlich

  • Eine Abkehr vom Brexit wird es nicht geben, hat die britische Premierministerin Theresa May betont.
  • Im Rahmen des Brexit will das Vereinigte Königreich die volle Kontrolle über die Immigration zurückgewinnen will, Urteile des Europäischen Gerichtshofes sollen in Großbritannien nicht mehr gelten und Großbritannien soll wieder die volle Souveränität haben, so May.
  • Die Aussagen von May deuten auf einen "harten" Brexit hin, bei dem Großbritannien auch den europäischen Binnenmarkt verlässt.
  • Allerdings sind die Hard-Brexit-Aussagen auch eine Reaktion auf Debatten, wonach Großbritannien einen Rückzieher vom Brexit machen könnte und es nicht zu einer "Rosinenpickerei" bei den Verhandlungen kommen darf.
  • Die Aussagen von May bedeuten nicht, dass es automatisch zum harten Brexit kommt. Aber die Wahrscheinlichkeit ist dennoch hoch.
  • Das Verhindern einer "Rosinenpickerei" bei den Austrittsverhandlungen kann sehr teuer für die EU und insbesondere Deutschland werden, wenn es deshalb zu einem harten Brexit kommt.

Mögliche Folgen der Trump-Wahl

  • Höhere US-Staatsverschuldung durch Steuersenkungen (=geringere Einnahmen) und möglicherweise höhere Infrastrukturausgaben (=höhere Ausgaben).
  • Abkehr von Klimaschutzzielen.
  • Zunehmender Protektionismus durch ein Scheitern des pazifischen Freihandelsabkommens TPP und des EU-USA-Abkommens TTIP. Möglicherweise steht auch das bereits seit vielen Jahren gültige nordamerikanische Freihandelsabkommen NAFTA zur Disposition.
  • Weniger US-Engagement bei der Verteidigung Europas.

Konjunktur in der Eurozone erholt sich, aber Verschuldung steigt weiter!

  • Konjunktur in der Eurozone erholt sich zögerlich, die Arbeitslosigkeit sinkt und die Wettbewerbsfähigkeit verbessert sich in Staaten mit hoher Arbeitslosigkeit.
  • Die Verschuldung sinkt aber nicht, sondern vor allem die Staatsverschuldung wächst weister an und es gibt kaum Fortschritte bei der Bankensanierung.
  • Italien ist ein besonderer Problemfall: Die Wettbewerbsfähigkeit verbessert sich im Vergleich zu Deutschland nicht, die Banken sind in einer schwachen Verfassung und die Verschuldung der Banken wird auf den Staat verlagert.
  • Als mögliche Lösung der strukturellen Probleme schlägt Fuest so genannte Accountability Bonds vor. Es handelt sich dabei um nachrangige Staatsanleihen, deren Laufzeit unter bestimmten Bedingungen automatisch verlängert wird bzw. die bei bestimmten Bedingungen automatisch ausfallen.

Lesetipp: Thomas Mayer: Europa 2017 - die neue Fragilität

Accountability Bonds könnten zur Lösung der Eurokrise helfen

  • Accountability Bonds sind nachrangige Staatsanleihen. Sie fallen endgültig aus, wenn es bei normalen Staatsanleihen zu Zahlungsausfällen kommt oder wenn ein Land ein Hilfsprogramm des Euro-Rettungsschirms ESM beginnt.
  • Die Laufzeit von Accountability Bonds wird automatisch verlängert, wenn die Staatsschuldenquote über 120 Prozent klettert. Außerdem gibt es ein Zinsmoratorium. Laufzeitverlängerung und Zinsmoratorium gelten solange, bis die Schuldenquote wieder unter 120 Prozent sinkt.
  • Accountability Bonds werden nicht von der EZB gekauft.
  • Wegen der höheren Ausfallwahrscheinlichkeit dürfen die Accountability Bonds von Banken nur mit hoher Eigenkapitalunterlegung gehalten werden.
  • Es könnte festgelegt werden, dass Staaten ihre Neuverschuldung immer dann über Accountability Bonds finanzieren, wenn das strukturelle Defizit über 0,5 Prozent des BIP klettert.
  • Accountability Bonds haben viele Vorteile: Die europäische Koordination der Haushaltspolitik wird verstärkt, Fehlanreize durch Elemente der Solidarhaftung (wie etwa bei Rettungsprogrammen) werden abgebaut, die Steuerzahler werden vor den Finanzrisiken anderer EU-Staaten geschützt und eine Destabilisierung des Anleihemarktes wird verhindert.

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  • Gone Fishing
    Gone Fishing

    Es gibt einen einzigen Grund für den "Hard Brexit" - und das ist die politische Verbohrtheit der Brüssel-EU die (fragwürdige) eigene Ziele vor die wirtschaftlichen stellt. Genauso ist mit Griechenland umgegangen worden, Griechenland wurde nicht gerettet, es wurde ein Exempel statuiert: Steuererhöhung - bei gleichzeitiger Senkung der Sozialausgaben - ist ein Konzept das noch nie funktioniert hat. Kein einziges der Krisenländer ist wettbewerbsfähiger geworden, die schöneren Zahlen ergeben sich ausschliesslich aus Konsumverzicht im Inland (höhere Steuern, geringere Nettogehälter bei hoher Arbeitslosigkeit und totalem Abbau der Mittelschicht). Konsequenz ist: die nächste bankenrettung steht immer wieder vor der Tür.

    Europa kann sofort wachsen wenn die Steuern - ALLE - merkbar - gesenkt werden also nicht um 1% oder 2% sondern fühlbar. Europa kann wachsen wenn übertriebene Umweltziele temporär zurückgesteckt werden (bis ein effizienter und kostengünstiger Energiespeicher erfunden wurde.) Deutschland hat seit 1995 über 500 Milliarden in alternative Energien investiert - der Primärenergieverbrauch (Erdöl/ Kohle/ Gas) ist dabei um 1,4% zurückgegangen, nicht um 10%, 20% oder 30%. Abgesehen davon produziert Deutschland seit 2003 mehr Energie als es konsumiert. Auf Balkengraphiken sieht das beeindruckend aus: die saubere Energie wird im Inland konsumiert die dreckige Kohleenergie wird statistisch exportiert - per Saldo war das Ergebniss Null. Für jede Tonne CO2 die Deutschland einspart stösst China 43 Tonnen mehr CO2 aus - 1 neues Kohlekraftwerk pro Woche, Tendenz steigend. Das ist keine Umweltpolitik, das ist eine Katastrophe. Politik hat durchaus darauf geachtet das gerade die umweltbelastenden Industrien exportiert worden sind - weit weg, damit man es erst einmal nicht sieht.

    Konfrontation mit GB, Sanktionen gegen Russland, demnächst Konfrontationskurs mit den USA, derweil kauft China alles was nicht Niet- und Nagelfest ist in Europa auf - gerade in den Krisenländern um dort die staatlichen Bilanzen zu schönen und damit fiktive 3% Ziele eingehalten werden, die gar nicht eingehalten werden können. Das ist nicht das Europa an das ich in 2005 geglaubt habe.

    17:51 Uhr, 16.01.2017

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Über den Experten

Oliver Baron
Oliver Baron
Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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