Fundamentale Nachricht
11:34 Uhr, 27.02.2015

Hoffnungsschimmer für die Aktienmärkte Osteuropas

Die Investoren dürften nach Meinung der Experten von Erste Asset Management nach mehreren Jahren in der Warteposition an die CEE-Börsen zurückkehren.

Wien (BoerseGo.de) - Die Wirtschaft in Zentral- und Osteuropa (CEE ohne Russland) wird 2015 etwa 2,5 bis 3,5 Prozent wachsen und damit mindestens doppelt so stark wie in der Eurozone (ca. 1,3 Prozent). Negative Wachstumseffekte durch den Ukraine-Konflikt würden durch die positiven Effekte niedriger Öl- und Gaspreise ausgeglichen. Die Konjunkturerholung, getrieben durch Aufholeffekte, Restrukturierungen und Privatisierungen, werde anhalten. Auch die jüngsten Daten aus der Eurozone geben Anlass zur Hoffnung, dass das Wachstum bei den Nachbarländern in Osteuropa an Fahrt gewinnt, wie die Erste Asset Management GmbH in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.

„Die global niedrigen Zinsen und die niedrige Inflationserwartung zwingen die Notenbanken in Zentral- und Osteuropa die Zinsen zu reduzieren. Von diesen Zinserwartungen werden die Börsen in diesem Jahr teilweise ‚beflügelt‘“, so Peter Szopo, Osteuropa-Experte der Erste Asset Management. Seit Jahresbeginn liegen die Börsen Zentral- und Osteuropas trotz teilweise schwieriger Rahmenbedingungen im Schnitt um 13 Prozent im Plus.

Mehr als zwei Jahre waren die CEE-Aktienmärkte in einer Seitwärtsbewegung „hängen geblieben“. Nur Rumänien habe sich positiv entwickelt. Auch jetzt gehe die Erste Asset Management davon aus, dass die Länder unterschiedlich abschneiden werden. Die Volatilität an den Börsen und bei den Währungen werde hoch bleiben. Mit einem aktuellen Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von knapp 14 liege die Bewertung über dem Schnitt der vergangenen Jahre und auch über dem Schnitt der übrigen Schwellenländer. Die Gewinnentwicklung verlaufe unterschiedlich auch innerhalb der Sektoren. Während Konsum-, Industrie- und Telekomwerte vom niedrigen Ölpreis und den niedrigen Zinsen profitieren, könnten die Gewinne der Banken schrumpfen.

Weniger gut sieht es laut Szopo für Russland aus. Analysten erwarten einen Rückgang des Bruttoinlandsproduktes um vier bis fünf Prozent. Negative Faktoren sind der Konflikt in der Ukraine, die Halbierung des Ölpreises, die zweistellige Inflation und die Kapitalflucht der Investoren. Dennoch werde die Rezession milder ausfallen als 2009. Relativ zum Ölpreis verlaufe die Kursentwicklung an der Börse: Das KGV des russischen Aktienmarktes liege bei 6. Eine Fortsetzung der Aktienrally erfordere eine Erholung des Ölpreises und eine Entspannung in der Ukraine mit Aussicht auf Lockerung der Sanktionen.

Für die Türkei, die zweitgrößte Position im Fonds, wirken sich alle negativen Russland-Faktoren genau umgekehrt aus: Die Unternehmen und die Konsumenten profitieren vom fallenden Ölpreis. Das Leistungsbilanzdefizit hat sich auf 5,8 Prozent reduziert, und die Inflationsrate ist auf 8,4 Prozent gesunken. Von der nun erwarteten Zinssenkung werden am meisten die Banken profitieren. An der Börse Istanbul sind die Kurse zwar schon 2014 um 3,5 Prozent gestiegen. „Türkische Banken könnten noch ein weiteres gutes Jahr vor sich haben“, betont Fondsmanagerin Ripfl. „Störfeuer“ könnten von der Diskussion über eine Verfassungsänderung nach den Wahlen im Juni ausgehen. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis an der Börse Istanbul liege mit 10,5 auf dem Niveau der vergangenen fünf Jahre.

Im Fonds ESPA STOCK EUROPE-EMERGING ist Russland neutral gewichtet, erklärt die im CEE- Fondsmanagement tätige Amalia Ripfl. „Wir sehen seit Anfang des Jahres kleinere Mittelzuflüsse in den russischen Markt von internationalen Investoren, die vorher untergewichtet in Russland waren.“ Russland ist das mit Abstand wichtigste Land im Fonds.

Das größte Übergewicht habe der Fonds momentan in Rumänien, das sich außerhalb des Vergleichsindex befindet, und in der Türkei. „Rumänien hatte im vierten Quartal 2014 das stärkste Wirtschaftswachstum in Europa und die Anzeichen sprechen dafür, dass der wirtschaftsfreundliche Kurs mit den Privatisierungen weiter geht“, betont Ripfl. Die inländische Nachfrage werde von den privaten Pensionsfonds getragen. Deren Anlagevolumen wachse jährlich 30 bis 40 Prozent. Etwa ein Fünftel dieses Kapitals müsse in Aktien investiert werden. Ripfl erwartet, dass Rumänien 2016 in den MSCI-Emerging-Markets-Index aufgenommen wird. Eine entsprechende Gewichtung im Vergleichsindex könnte noch mehr Investoren ansprechen. Das größte Untergewicht nimmt Polen ein. Gegen Polen spreche die relativ hohe Bewertung (KGV 14) und das relativ schwierige Umfeld für Banken und Versorger, die ein Umstrukturierungsprogramm umsetzen müssen, wo höhere Ausgaben anfallen werden.

Insgesamt zeigen sich Szopo und Ripfl optimistisch, dass die Investoren nach mehreren Jahren in der Warteposition an die CEE-Börsen zurückkehren werden: „Die globalen Schwellenländer und auch die CEE-Aktienmärkte könnten auf die Einkaufliste der großen Investoren kommen“. In den vergangenen zwei Jahren hätten sie sich auf die entwickelten Börsen konzentriert. Auch im Hinblick auf die gute Entwicklung von CEE-Anleihen sei zu erwarten, dass sich das Kapital von den Anleihen in Richtung Aktien bewege. Der Rendite-Unterschied zwischen Aktien und Anleihen sei so hoch wie nie.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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