Fundamentale Nachricht
06:00 Uhr, 25.10.2016

HFT-Trading: Werden wir alle abgezockt?

Die Bundesbank hat den sogenannten Hochfrequenzhandel im DAX- und im Bund-Future genauer unter die Lupe genommen und ist zu überraschenden Ergebnissen gekommen.

Erwähnte Instrumente

  • DAX
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  • EUR/USD
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Der sogenannte Hochfrequenzhandel (High Frequency Trading, HFT) hat den Börsenhandel in den vergangenen Jahren revolutioniert. Schnelle Hochleistungsrechner treffen innerhalb von Sekundenbruchteilen eigenständig Entscheidungen über den Kauf und Verkauf von Wertpapieren und erzeugen ohne menschliches Eingreifen entsprechende Kauf- oder Verkaufsorders. Oftmals sind diese Computer direkt bei den entsprechenden Börsen platziert und haben deshalb einen räumlichen und zeitlichen Vorsprung gegenüber anderen Marktteilnehmern.

Beim Hochfrequenzhandel geht es nicht immer nur mit rechten Dingen zu, denn die schnellen Algorithmen basieren oft auch auf zweifelhaften Strategien. Einige Algorithmen versuchen etwa, sich vor größere Kaufaufträge zu setzen, dem Käufer die Aktien schnell wegzuschnappen und die Aktien dann zu einem etwas höheren Kurs an den eigentlichen Käufer weiterzuverkaufen. Doch der Hochfrequenzhandel kann auch positive Effekte auf den Gesamtmarkt haben und etwa die Liquidität bei einzelnen Aktien deutlich erhöhen.

Die Bundesbank hat sich nun die Folgen des Hochfrequenzhandels am deutschen Kapitalmarkt genauer angesehen. Denn wegen der geringen Datenverfügbarkeit gab es bisher kaum verlässliche Informationen zum Hochfrequenzhandel in Europa. Die Bundesbank analysierte dabei den Markt für DAX- und Bund-Future-Kontrakte auf Mikrosekundenebene. Dazu wurden zwei Datensätze verwendet: Der erste Datensatz beinhaltet eine besonders volatile Handelswoche vom 6. bis 13. März 2014 während der Krim-Krise sowie eine Woche mit relativ geringer Volatilität vom 3. bis 10. Juni 2014, als der DAX ein neues Allzeithoch bei mehr als 10.000 Punkten erreichte.

Die Ergebnisse wurden im aktuellen Monatsbericht der Bundesbank veröffentlicht und zeigen, dass eine pauschale Beurteilung des Hochfrequenzhandels nicht sinnvoll ist. So gibt es etwa passiv agierende HFT-Teilnehmer, die in der Funktion als Market Maker Liquidität bereitstellen, indem sie ständig bereit sind, ein bestimmtes Wertpapier sowohl zu kaufen als auch zu verkaufen. Diese Marktteilnehmer verdienen an dem oft winzigen Bid-Ask-Spread, also der Differenz zwischen dem gestellten Kauf- und Verkaufskurs sowie an Entgelten für die Liquiditätsbereitstellung, die vor allem an US-Börsen üblich sind.

Die Ergebnisse der Bundesbank zeigen allerdings, dass die für den Markt insgesamt positive Liquiditätsbereitstellung durch HFT-Marktteilnehmer gerade in Zeiten höherer Volatilität oft deutlich abnimmt. So ziehen sich liquiditätsgebende HFT-Marktteilnehmer, deren Strategien auf dem Market Making oder ähnlichen Ansätzen basieren, bei stärkeren Kursschwankungen oft zurück. Gleichzeitig nehmen aktive, also liquiditätsnehmende Marktteilnehmer, in Zeiten höherer Volatilität verstärkt am Handel teil und sorgen damit unter Umständen für noch stärkere Kursbewegungen bis hin zu den gefürchteten Flash-Crashs, bei denen Verkaufsaufträge einiger Marktteilnehmer immer weitere Verkaufsaufträge anderer Marktteilnehmer nach sich ziehen und so starke Kursverluste zur Folge haben.

Eine ähnliche Entwicklung ist auch bei der Veröffentlichung wichtiger Wirtschaftsdaten zu beobachten. Die folgende Grafik der Bundesbank zeigt die Rate von gelöschten Handelsaufträgen und die Anzahl neuer Handelsaufträge zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der monatlichen US-Arbeitsmarktdaten. Vor der Veröffentlichung der Daten ziehen sich die HFT-Marktteilnehmer zunehmend aus dem Markt zurück, was zu einer deutlich abnehmenden Liquidität führt.

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"Die Ergebnisse demonstrieren, dass unabhängig von der Natur der Volatilität, ob erwartet oder unerwartet, HFT-Akteure bei ansteigendem Marktstress weniger Liquidität anbieten und sich (...) zurückziehen", schreiben die Bundesbank-Ökonomen. Deshalb sei es sinnvoll, Anreizmechanismen zu setzen, damit passive HFT-Akteure auch in höheren Stressphasen weiter Liquidität bereitstellen, so die Bundesbank.

Nach Veröffentlichung der Daten gehen hingegen vor allem aktive HFT-Marktteilnehmer neue Positionen ein. Dadurch erhöhe sich die Markteffizienz, da neue Informationen durch HFT besonders schnell in den Marktpreisen erfasst würden. Die Verbesserung liege allerdings nur im Mikrosekundenbereich, so dass der ökonomische Wert dieser höheren Effizienz schwierig zu analysieren sei.

Eine "Geschwindigkeitsbegrenzung" im Hochfrequenzhandel könnte nach Einschätzung der Bundesbank die Wettbewerbsnachteile langsamer Marktteilnehmer teilweise kompensieren und "das in Hinblick auf den volkswirtschaftlichen Nutzen zweifelhafte technologische 'Wettrüsten'" an den Börsen reduzieren, so die Bundesbank.

Hier geht es zur Studie der Bundesbank.

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11 Kommentare

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  • Fredo Escalade
    Fredo Escalade

    @Herrn Hoose,

    danke für Ihre Ausführungen.

    Es ist übrigens überaus schade und m.M.n. nicht gut für die lebendige Diskussion hier auf GMT, dass man Ihren Artikel zum Wochenende nicht mehr kommentieren kann.

    Das war - ich denke ich spreche hier für viele Leser - immer eine der spannendsten Lektüren am Wochenende Ihren Artikel UND die sich anschließende Diskussion zu lesen.

    Mir ist klar, dass es dabei oftmals durchaus hart / z.T. auch unfair gegenüber Ihnen zuging... Dennoch war diese Diskussion oft Denkanstoß gebend und deshalb "gut" für die ganze Seite GMT und deren Community...

    Viel zu schnell wird doch heute Kritik - auch bei GMT - einfach "ABGESCHALTET".
    Ich finde dies nicht sinnvoll, schließlich sollte hier doch ein anderer Umgang als bei Propaganda-Organen wie "ZEIT" und "SPON" vorherrschen (dort wurden ja auch bekanntlich die Foren "dicht gemacht" weil man die meist völlig berechtigte Kritik der Leser nicht aushalten konnte...)

    Es wäre sehr nett von Ihnen, wenn Sie die erneute "Aktivierung" der Kommentarfunktion unter Ihren Artikeln wieder in Erwägung ziehen würden.
    Viele würden es Ihnen danken...

    VIELE GRÜßE

    15:25 Uhr, 25.10.2016
  • Andreas Hoose
    Andreas Hoose

    Was ist seit der Anhörung im Bundestag im Januar 2013 eigentlich passiert?

    http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2013/...

    Zu dieser Frage gibt es interessante Stellungnahmen. Im Grunde kann man sagen, dass der Hochfrequenzhandel mit dem neuen Gesetz weitgehend unangetastet bleibt - was natürlich alles andere als überraschend ist.

    Dazu ein Zitat eines Bankrechtsexperten aus dem folgendem Beitrag:

    "Im Interesse größerer Stabilität verpflichtet der Gesetzgeber die algorithmischen Handel treibenden Unternehmen unter anderem sicherzustellen, dass ihre Handelssysteme belastbar sind, über ausreichende Kapazitäten verfügen und angemessenen Handelsschwellen und Handelsobergrenzen unterliegen, dass die Übermittlung von fehlerhaften Aufträgen vermieden wird und die Systeme nicht missbräuchlich verwendet werden können".

    http://www.pwc.de/de/finanzdienstleistungen/banken...

    Dass solche Systeme nicht missbräuchlich verwendet werden, sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Wenn dies nun als tolle Sache verkauft wird, dann zeigt das schon, woher der Wind weht...

    Es wäre auch nicht das erste Gesetz, das die Banken selbst formuliert haben. Man denke etwa an den Gründungsakt der Fed im Jahr 1913...

    10:59 Uhr, 25.10.2016
  • Fredo Escalade
    Fredo Escalade

    Danke, Herr Baron.

    Das Ganze ist auf Youtube ebenfalls nochmals "live" anzusehen.
    Dirk Müller gibt dort eine überaus Fakten-basierte und kompetente Stellungnahme ab.

    Viele Grüße

    22:14 Uhr, 24.10.2016
  • Fredo Escalade
    Fredo Escalade

    Ich empfehle die Anhörung zum HFT in Deutschen Bundestag... M.M.n. sollte dieser - zu einem Großteil - unterbunden werden.

    Gruß

    18:31 Uhr, 24.10.2016
    1 Antwort anzeigen
  • moneymaker22
    moneymaker22

    "sowie eine Woche mit relativ geringer Volatilität vom 3. bis 10. Juni 2016, als der DAX ein neues Allzeithoch bei mehr als 10.000 Punkten erreichte" da hat die BuBa dann aber einen anderen Dax :-)))

    18:28 Uhr, 24.10.2016
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Oliver Baron
Oliver Baron
Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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