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15:46 Uhr, 18.01.2019

Healthcare: Was bietet die Gesundheitsbranche 2019?

Die globalen Wachstumstreiber für die Gesundheitsbranche sind nach Einschätzung von Maximilian-Benedikt Köhn, Analyst für den Sektor Healthcare bei der DJE Kapital AG, weiterhin intakt.

Pullach im Isartal (GodmodeTrader.de) – Zur Jahreswende gibt es trotz aller Rückschläge durchaus auch Positives von den Kapitalmärkten zu vermelden: Die Kursentwicklung von globalen Gesundheitsaktien war im vergangenen Jahr insgesamt erfreulich. Besonders die großen US-Pharmaunternehmen legten stark zu. Positive Kurstreiber waren nicht nur die US-Steuerreform, sondern auch neu zugelassene Produkte und gleichzeitige Aktienrückkäufe, wie Maximilian-Benedikt Köhn, Analyst für den Sektor Healthcare bei der DJE Kapital AG, in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.

Der Blick in den Rückspiegel helfe aber bekanntlich wenig bei der Fahrt nach vorn. Die Frage sei: Wie würden sich Gesundheitsaktien in 2019 entwickeln? Viele Rahmenbedingungen erschienen im Vergleich zu 2018 ungünstiger, wie die Abschwächung der Effekte der Steuerreform in den USA, Anstieg der Refinanzierungskosten sowie abnehmende Aktienrückkäufe und damit weniger „Kursdoping“ für US-Aktien. Über allem schwebe das Damoklesschwert der Handelsstreitigkeiten – mit möglichen Negativeffekten für die globale Konjunktur, heißt es weiter.

„Die globalen Wachstumstreiber für die Branche sind aber weiterhin intakt. Getrieben von ungesundem Lebensstil und dessen Folgen nehmen die sogenannten Wohlstandskrankheiten weiter stark zu. Zu diesen chronischen, nicht übertragbaren Erkrankungen, zählt zum Beispiel starkes Übergewicht/Adipositas. Zum Vergleich: In den USA waren in den 1980er-Jahren unter 18 % der erwachsenen Bevölkerung übergewichtig – inzwischen sollen aber bereits knapp 40 % an Adipositas leiden. Auch das sogenannte metabolische Syndrom – eine Herzerkrankung mit den Risiko-Folgeerkrankungen wie Diabetes Typ 2, Bluthochdruck, Arteriosklerose – nimmt deutlich zu, mit entsprechenden Folgekosten bei Behandlungen“, so Köhn.

Diese Erkrankungen nähmen weltweit zu. In den Schwellenländern sei die Verbreitung zwar absolut noch geringer als in den Industrieländern, der prozentuale Anstieg dort (parallel zur wirtschaftlichen Entwicklung) sei aber in den Entwicklungsländern drastischer. Denn solche so genannten Wohlstandskrankheiten seien vor zwei bis drei Jahrzehnten dort oft noch völlig unbekannt und undiagnostiziert gewesen. Die weltweit steigende Lebenserwartung sei nicht nur Folge einer immer besseren und aufwendigeren medizinischen Versorgung, sondern auch Auslöser lebensalterbedingter Erkrankungen wie Demenz – mit entsprechend steigenden Gesundheitskosten, heißt es weiter.

„In den USA könnte 2019 die Diskussion über die Medikamentenkosten wieder aufleben, die unmittelbar nach der Wahl von Trump schon einmal hochkochte. Immerhin liegt der Anteil für Gesundheitsausgaben bei 17,4 Prozent des gesamten BIP. In einer politisch getriebenen Diskussion wird dabei allerdings oft übersehen, dass die verschreibungspflichtigen Medikamente lediglich 9 % dieser Gesundheitsausgaben ausmachen, also nur 1,6 Prozent des gesamten Bruttoinlandsprodukts der USA. Dabei könnte die Verwendung von sogenannten Generika oder Biosimilars die Medikamentenausgaben stark reduzieren. Sie müssten aber auch von der Politik gefördert werden, beispielsweise durch Einschränkungen der Erstattungs- und Verschreibungsfähigkeit oder durch die Festsetzung von Quoten“, so Köhn.

Bei Generika handle es sich um pharmazeutisch identische Nachahmerprodukte, die von zahlreichen Firmen mit deutlichem Preisabschlag in den Markt gebracht würden – unter denen ein deutlicher Preiswettbewerb bestehe. Biosimilars hingegen würden durch biotechnische Verfahren viel aufwendiger hergestellt. Der Markt dafür und damit der Wettbewerb seien hier (noch) kleiner – die Preise höher als für Generika und der Preisabstand zu den Originalpräparaten (noch) geringer als im Generikamarkt. In 2019 liefen die Patente einiger der umsatzstärksten Medikamente aus, sodass sich die betroffenen Firmen auf eine stärkere Umsatz- und Margen-Erosion einstellen müssten, heißt es weiter.

„Im Herbst sorgte in Deutschland die Verunreinigung eines Bluthochdruck-Medikamentes durch einen Fehler eines chinesischen Zulieferers für Aufsehen. Denn Bevölkerung, Politik und auch die Kostenträger mussten erstaunt registrieren, wie viele Firmen vom selben Lieferanten beliefert werden. Dies könnte zu einer Diskussion analog etwa zur Lebensmittelindustrie führen: Gefährdet ein immer schärferer Preisdruck letztlich die Qualität der Produkte?“, so Köhn.

Gleichzeitig werde auch 2019 weiterhin von Innovationen getrieben sein. 2018 sei bislang das Jahr mit der höchsten Anzahl an neu zugelassenen Pharmaprodukten in den USA. Im Vergleich zu 2016 sei deren Anzahl um das 2,5-fache und gegenüber 2017 immerhin um 20 Prozent gestiegen. Abseits von der Immun-Onkologie (Nutzung körpereigener Reaktionen zur Bekämpfung von Tumoren) sei die Gentherapie ein weiterer interessanter Bereich. Es gebe bereits in den USA und der EU zugelassene Gentherapien, die teils erhebliche und erstaunliche Behandlungsoptionen ermöglichten. Wobei durchaus mögliche Kosten von 400.000 bis 800.000 Euro pro Behandlung nicht nur eine erneut aufflammende Preisdiskussionen auslösten, sondern letztlich einer gesellschaftlichen Antwort bedürften auf die Frage: Was seien uns Heilung, Verbesserung der Lebensqualität oder Verzögerung des Fortschreitens einer Krankheit letztlich wert, heißt es weiter.

„Gesundheitsaktien werden weiterhin gefragt sein. Sie werden derzeit im Durchschnitt mit dem 17-fachen Kursgewinnverhältnis (KGV) bewertet, befinden sich damit auf einem ähnlichen Niveau wie Ende 2013. Die einzelnen Sub-Sektoren unterscheiden sich untereinander nicht nur in der Größe, sondern auch hinsichtlich der Bewertung deutlich: Pharmaaktien sind mit knapp 45 Prozent, Medizintechnik mit 22 Prozent, Dienstleister mit 18 Prozent und Biotechnologie mit 15 Prozent im MSCI Healthcare gewichtet“, so Köhn.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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