Kommentar
07:19 Uhr, 28.03.2008

Hausse nährt Hausse, Baisse nährt Baisse

Gemäß einer von der Rating-Agentur Fitch veröffentlichten Studie hat die Hedge-Fonds im Jahr 2006 Investorengelder in Höhe von etwa einer Billion US-Dollar eingesammelt, was etwa 650 Milliarden Euro zum aktuellen Wechselkurs entspricht. Inklusive der vergebenen Kredite schätzt die Ratingagentur, dass die Hedge-Fonds ein Jahr später im Sommer 2007 bereits vier bis sechs Billionen US-Dollar an den Kapitalmärkten investiert hatten. Die von der Kreditvergabe bis zum 20-fachen des Eigenkapitals getriebene kreditfinanzierte Liquiditätsbevorratung der Fonds hat in der Folge zum Kursanstieg vieler Vermögenswerte bis Mitte 2007 beigetragen. Neben dem Rohstoffmarkt geriet dabei auch der schnell wachsende Markt für kreditbesicherte Wertpapiere, Kreditausfallversicherungen und andere Kreditderivate ins Visier. Aus dieser Luftblase entweicht nun zunehmend die Luft. Steigende Ausfälle bei Subprime-Krediten führen zu einer Neubewertung der Risiken. Damit verschlechtern sich nicht nur die Kreditkonditionen, sondern zum Unglück vieler Banker sinkt auch der Kurs der als Sicherheit dienenden Wertpapiere.

Eine einfache Rechnung:
Ein Hedge-Fonds hat auf Eigenkapital von 20 Millionen US-Dollar Kredite in Höhe von 80 Millionen US-Dollar aufgenommen. Damit liegt der Kredithebel bei 80/20=4. Die Gesamtsumme von 100 Millionen US-Dollar wird nun in Wertpapiere investiert, deren Kurs von 100 auf 95 um schlappe 5 Prozent fällt. Folglich sinkt das Eigenkapital auf 15, wodurch der Kredithebel nun um weit mehr als 20 Prozent von zuvor 4 auf 5,33 steigt. Erst bei einem Gesamtportfolio von 75 Millionen US-Dollar, das sich aus einem Kreditanteil von 60 Millionen US-Dollar und 15 Millionen US-Dollar Eigenkapital zusammensetzt, liegt der Kredithebel wieder bei 4.

Während der Kredithebel zuvor noch die Kurse der Wertpapiere in die Höhe trieb, wodurch die Hausse die Hausse trieb, legen nun fallende Kurse die Basis für weiter fallende Kurse. Die Baisse nährt damit die Baisse. Im schlimmsten Fall kommt es wie beim RTL-Domino-Day zur Panik und einer Kettenreaktion. Die inzwischen attraktive Bewertung vieler Vermögenswerte kann eine Beschleunigung des Abwärtstrends verhindern, sofern es den Investoren gelingt, einen klaren Kopf zu behalten und die Lage zu durchschauen.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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