Hat der konjunkturelle Aufschwung seinen Höhepunkt erreicht - Zinsentwicklung und Rohstoffe im Fokus
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Verantwortlich hierfür waren weniger die Beschlüsse der Notenbankmitglieder als vielmehr ein Diagramm über die Erwartungshaltung der Notenbankmitglieder, welches in der Vergangenheit allerdings kaum eine Aussagekraft hatte. Beachtung fand es wohl wurde es doch von den Wünschen eines nicht stimmberechtigten Notenbankmitgliedes befeuert, welches sich wünschte, dass die US-Notenbank früher restriktiver wird, erachtet es die Gefahr der Inflation doch höher als zum Beispiel der Notenbankchef. Nachdem der Notenbankchef aber erneut beteuerte, dass man erst in einigen Monaten darüber sprechen wird, ob und in welchem Umfange man den Liquiditätszufluss reduzieren könnte und dass eine Zinsanhebung in ferner Zukunft liege und nachdem auch das „Inflationsängste- Mitglied“ etwas zurückruderte, konnten die Aktienmärkten neue Höchststände erklimmen.
Bei den Edelmetallen kam es ebenfalls zu einem Rücksetzer. Nachdem dieser Rücksetzer allerdings einen erheblichen technischen Schaden anrichtete und damit zum Beispiel die Algorithmen auf fallende Kurse setzen ließ, blieben trotz des hervorragenden monetären und fundamentalen Umfelds bisher neue Höchststände aus. Ganz im Gegenteil, technische Analysten bekommen nun den Eindruck, dass eine große Bodenbildungsformation erst abgeschlossen werden muss, bevor dann eine dynamische Aufwärtsbewegung einsetzen wird. Dies könnte noch einige Wochen Zeit beanspruchen. Nachdem die Edelmetallmärkte nun aber technisch überverkauft sind, kann die Trendwende aber auch schon in Kürze beginnen. Bis zur nächsten Notenbanksitzung wird man voraussichtlich verstärkt den Inflationsindikatoren Beachtung schenken aber auch der Zinsentwicklung. Da aus technischer Sicht noch mit leicht steigenden Zinsen zu rechnen ist, dürfte im Falle einer Trendwende diese allerdings zunächst ohne Dynamik stattfinden.
Im Netz herrscht weiterhin eine heftige Diskussion darüber, wie stark die Inflation sein wird nachdem die Einmaleffekte aufgrund der Pandemie ausgelaufen sind. Wir haben dies in den letzten Wochen bereits breit diskutiert und möchten daher nur einige Kommentare weitergeben, welche zur Einschätzung hilfreich sein könnten.
Die Lage am Arbeitsmarkt bessert sich in den USA weiter, die Notenbanken gehen trotzdem davon aus, dass es zu keinen nachhaltigen Lohnsteigerungen kommen wird. Die Menschen kündigen aber ihren Job inzwischen in Rekordgeschwindigkeit, es locken höhere Löhne bzw. bessere Arbeitsbedingungen. Die Bereitschaft in Frührente zu gehen scheint sehr hoch zu sein, zwischen Februar 2020 und Mai 2021 sagten 5,3 Millionen Menschen im Alter von 60-64 Jahren, dass sie kein Interesse mehr an einer neuen Stelle haben. Dies führt zu einem Verlust an Fachkräften auf breiter Front.
Bei den Lieferketten ist inzwischen erkennbar, dass zwar in einigen Bereichen bald wieder Normalität einkehren dürfte, dass aber andere Bereiche sich im Umbau befinden was definitiv zu höheren Kosten führt und somit inflationäre Auswirkungen haben wird. Die Umweltpolitik international wird ebenfalls kostentreibend sein. Der CEO von Glencore geht davon aus, dass die Rohstoffrally noch lange andauern wird und wir aktuell nur eine Korrektur des zunächst überzogenen Anstiegs sehen. Hierfür sind die Chinesen verantwortlich, versuchen sie doch durch die Nutzung der Reserven die Preise etwas zu drücken um einem stärkeren heimischen Inflationsanstieg entgegenzuwirken. Er verweist aber darauf, dass die Konjunkturprogramme noch überhaupt nicht zum Tragen kommen, insbesondere im Bereich der Infrastruktur. Bis zu ihrer Umsetzung wird es noch bis zu 18 Monaten dauern und dann wird es gleichzeitig eine Nachfrage aus China, Europa und den USA geben. Man wird in der Bergbauindustrie Schwierigkeiten haben mit der neuen Nachfrage Schritt zu halten, insbesondere soweit sie von der grünen neuen Wirtschaft herrühre (Silber).
Wir haben bereits mehrfach über die sehr fraglichen Ansätze bei der Inflationsmessung gesprochen, gemeint sind die hedonistischen Anpassungen bzw. die Substitutionsanpassungen. Nach der Messmethode der achtziger Jahre liegt die Inflation in den USA derzeit bei 13 %. Einen sehr interessanten lesenswerten Artikel hierzu hat C.H. Smith verfasst, sie können ihn über folgenden Link (www.zerohedge.com/personal-finance/inflation-transitory-heres-your-simple-test) abrufen. Man sollte sich vielleicht auch mal Gedanken darüber machen, dass man von Nachhaltigkeit spricht, aber die Produkte eine immer kürzere Lebensdauer haben, die Produktzyklen immer kürzer werden – welch ein Rohstoffverschleiß, welch eine Müllproduktion!
Es gibt natürlich auch Stimmen, welche von der derzeitigen Korrektur bei den Rohstoffpreisen ableiten, dass sich der konjunkturelle Aufschwung seinem Höhepunkt nähert, welchem eine deutliche Abflachung beim Konjunkturwachstum folgen wird. In der Tat haben die stark gestiegenen Preise sicherlich die Anschaffungsneigung in einigen Bereichen abgekühlt. In den USA hat eine Umfrage ergeben, dass die Konsumenten weniger ausgeben wollen wegen der stark gestiegenen Preise. Besonders im Bausektor sind die Preise regelrecht explodiert, ein Preisanstieg von 24 % lässt die Kaufbereitschaft deutlich sinken. Die Nahrungsmittel- und Energiepreise sind in den letzten drei Monaten um 8,3 % gestiegen, die Produzentenpreise legten im Jahresvergleich um 6,6 % zu, die Mieten stiegen um 5,4 %, der von der Notenbank beachtete weniger schwankungsintensive PCE Preisindex stieg um 3,9 % und die Inflationserwartungen liegen bei 4 % (Uni Michigan).
Aus diesen Anstiegen muss man nun versuchen den Einmaleffekt herauszurechnen, gleichzeitig muss man aber Aufschläge machen, sind doch noch längst nicht alle Preisanstiege in den Indices angekommen. Diese könnten sich noch verstärken, sind die Lagerbestände doch auf ein Rekordtief gefallen und ist man doch bestrebt aufgrund vieler Engpässe sowie aufgrund des Handelskriegs zwischen den USA und China nun wieder größere Lagerbestände aufzubauen. Dies könnte einen zusätzlichen Preiswettbewerb auslösen. Der Preisindex des Markitinstituts stieg im gewerblichen Bereich von 78,1 auf 83,8 Zähler. Selbst US-Notenbank hat ihre Inflationserwartungen nun von 2,4 % auf 3,4 % angehoben.
Doch was wird passieren, wenn die Notenbänker erkennen sollten, dass nachhaltig mit einer Inflation zwischen 3 % und 5 % gerechnet werden muss? Wenn Sie den Liquiditätszufluss stoppen und die Zinsen anheben? Kann dies eine nur noch auf Schulden aufgebaute Wirtschaft überhaupt verkraften? Wird es ein Desaster am Anleihemarkt geben? Zwei Star-Investoren schlagen bereits jetzt unabhängig voneinander Alarm, J. Grantham und Michael Burry. Sie warnen vor dem größten Aktiencrash der Geschichte. Doch welcher Notenbänker will dies verantworten? Wird man versuchen, nur mit Worten und noch mehr Worten die Märkte zu steuern? Man wird einen Probeballon nach dem anderen steigen lassen um herauszufinden, ob man den Zins um ein Viertel Pünktchen erhöhen darf. Man wird Liquidität bereithalten um am Aktienmarkt einzugreifen, sollte dieser in einen Crashmodus umschalten. Bereits jetzt ist eine sehr hohe Korrelation zwischen dem Standard & Poor‘s 500 und der Bilanz der US-Notenbank erkennbar. Ist man also bereit mit einem Tiefzins und unbegrenzter Liquidität eine unendliche Rally an den Aktienmärkten zu manifestieren? Einen Trendbruch sollte man vermeiden, hat doch sogar die deutsche Aufsichtsbehörde bereits erkannt, dass man auch die Algorithmen in irgendeiner Form regulieren muss, verstärken diese doch nicht nur den Aufwärtstrend sondern bei einem Trendbruch auch einen Abwärtstrend, was wiederum einen Crash herbeiführen könnte. NTV wirbt ständig mit dem „Geheimtipp“ Algorithmenfonds.
Bedenkt man nun noch, dass in diesem Umfeld Amerikas Politiker bestrebt sind, mit allen Mitteln die Konkurrenz aus China in Schach zu halten, man hat den Eindruck, am liebsten würden sie einen Krieg zwischen Taiwan und China provozieren, so kann man nicht gerade von einem günstigen Umfeld für Aktienanlagen sprechen, auch wenn dies inzwischen die Überzeugung fast aller Anleger ist. Man hat ja gelernt, andauernde Niedrigzinsen zusammen mit immer mehr Liquidität können die Finanzblase nur immer weiter aufblähen.
Wer also von der Aktienhausse noch profitieren will, muss sich beeilen, denn bekanntlich beißen die letzten die Hunde. Unsere Chancen-Risikoanalyse deutet auf sehr hohe Risiken bei nur noch sehr moderaten Chancen hin, wenn die Aufwärtsbewegung auch noch nicht vollständig ausgereizt sein dürfte. Wesentlich attraktiver sind derzeit einzelne Sektoren und sollte es nicht zu erhöhten Spannungen im asiatischen Raum kommen, so sollten die Anleger nicht die äußerst günstige Bewertung des Hongkonger Marktes übersehen. Darüber hinaus sind Edelmetallaktien sowohl im Vergleich zum Edelmetall selbst als auch zum Standard & Poors 500 im Bereich ihrer Tiefststände, was nach den Bilanzbereinigungen in den letzten Jahren nun eine äußerst günstige Bewertung ergibt. Darüber hinaus bleiben auch die Edelmetalle selbst sehr günstig bewertet, NDR erwartet in den nächsten zwölf Monaten einen zweistelligen Preisanstieg, vorausgesetzt der Realzins steigt nicht um mehr als 2 %.
Dies war ein Gastbeitrag von Dr. Christoph Bost
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