Kommentar
00:00 Uhr, 06.05.2008

Handelssysteme – Systematisch zum Gewinn - Wenn der Computer die Signale generiert!

Systematische Handelsansätze erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Sie können dem Anwender großen Recherche- und den damit verbundenen Zeitaufwand erleichtern. Handelssysteme geben uns mit ihrer ausgeklügelten Logik und nachvollziehbaren Ergebnissen eine gewisse Entscheidungssicherheit und nicht zuletzt können sie unsere Emotionen in einem gesunden Rahmen halten.

Für die breite Öffentlichkeit und für den normalen Privatanleger ist folgender Unterschied herauszuarbeiten.

--> Beim Systemhandel werden Algorithmen (quasi Formeln) von Menschen programmiert und anschließend wertet der Computer basierend auf diesen Algorithmen die Märkte aus und generiert automatisch Signale. Systementwicklung, Systemhandel, Systemtrading, das ist die Thematik, die ich Ihnen im Rahmen einer umfassenden Artikelserie vorstellen möchte.

--> Dem Systemhandel steht der diskretionäre Ansatz gegenüber, bei dem der Mensch als auswertendes Individuum subjektiv die Märkte beobachtet und analysiert. Der Trader schaut auf den Chart, der Trader wertet den Chart aus, der Trader ist fortlaufend involviert bei der Entscheidungsfindung. Das ist diskretionär. Wenn Herr Weygand Chartanalysen erstellt, wenn Herr Gräfe den DAX Ausblick erstellt und wenn Herr Strehk Momentumtrading betreibt, dann handelt es sich dabei jeweils um den diskretionären Ansatz.

So und nun geht es los ...

In dieser Serie stelle ich Ihnen die Thematik „Handelssysteme“ grundlegend vor. Es werden wichtige Schritte bei der Entwicklung von Handelssystemen erörtert und an praktischen Beispielen veranschaulicht. Sie erfahren die wesentlichen Ansätze systematischen Handelns und den Umgang mit den wichtigsten Systemparametern zur Verifikation von Handelssytemen.
Im weiteren Verlauf werden Systemsignale eines DAX-Handelssystems auf EOD- und auf Intraday-Basis regelmäßig vorgestellt.

1. Diskretionär vs. Mechanisch
Grundsätzlich können Handelsansätze zwischen drei Arten unterschieden werden:

Diskretionäre Händler nutzen viele Informationen aus unterschiedlichsten Quellen, die sie für ihren Handel als wichtig erachten: Charttechnik, Nachrichten, Unternehmensdaten, Astrologie u.v.m.

Der diskretionäre Ansatz bietet die Flexibilität und Vorteile, seine Parameter jederzeit zu verändern und auf neue Marktbedingungen schnell zu reagieren. Umfangreiche Erfahrung an den Märkten und eine adäquate psychische Belastbarkeit sind für den langfristigen Erfolg dieses Ansatzes unabdingbare Voraussetzungen. Diese Konditionen sind bei den meisten Händlern jedoch nicht vorhanden. Daher können die meisten von ihnen ihre Erfolgschancen durch den Einsatz mechanischer Handelssysteme überproportional verbessern.

Mechanische Händler verwenden fest definierte und damit unveränderliche Regelmechanismen, die objektiv nachvollziehbar sind. Ihre Positionen gehen mechanische Händler in der Regel ohne störende Emotionen ein. Voraussetzung dafür ist das Vertrauen in das eigene System, dass durch entsprechende Validierung der Systemperfomance anhand historischer Kursdatenreihen aufgebaut worden ist.

Der Duale Handelsansatz kombiniert den mechanischen mit dem diskretionären Ansatz, wobei durch diskretionäre Entscheidungen der mechanische Ansatz gefiltert, also durch diskrete Entscheidungen optimiert werden soll.

2. Was ist ein Handelssystem?
Grundlage eines Handelssystems bilden Berechnungsmodelle für Kauf- und Verkaufssignale, wobei zusätzlich das Marktrisiko (Verlustrisiko) und Money-Management-Modelle (Algorithmen zur Absicherung vor Verlusten bzw. Sicherung von Gewinnen) berücksichtigt werden. Das Risiko ist die messbare mögliche Verlusthöhe bezogen auf die aktuelle Marktlage. Aufschluss über das Marktrisiko kann z.B. die aktuelle Volatilität (durchschnittlich Schwankungsbreite eines Kurses) bzw. True-Range (Maß für die Volatilität) geben. Das Ergebnis der Risiko-Quantifizierung wird in die Handelssystematik eingebunden oder durch andere Finanzinstrumente (z.B. Optionen) umgesetzt.

In direkter Abhängigkeit zum Ergebnis der Risiko-Quantifizierung steht die Höhe des Tradingkapitals. Das profitabelste Handelssystem würde das Tradingkonto in den Totalverlust führen, wenn das Verhältnis von Tradingkapital zum Risiko unzureichend groß ist.
Erst mit Risiko- und Money-Management-Funktionalität ist ein Handelssystem vollständig entwickelt.
Auf diesen Bereich wird im Teil 4 genauer eingegangen.

3. Gründe für den Einsatz mechanischer Handelssysteme
Der entscheidende Vorteil beim Einsatz mechanischer Handelssysteme liegt in der Möglichkeit der Analyse und Verifikation der Systemparameter. Die mechanischen Regeln können sowohl anhand historischer Daten (In-Sample-Test), als auch anhand von Out-of-Sample-Daten getestet werden. Dabei werden die wichtigsten statistischen Kennzahlen ermittelt, die sich durch ein systematisches Handeln der festgelegten Systemregeln ergeben würden.

Sind die Ergebnisse signifikant und haben statistische Aussagekraft, kann der Erfolg des Handelssystems für eine zukünftige Periode prognostiziert werden. Diese Prognose gibt dem Händler jedoch keine absolute Sicherheit, aber sie kann das notwendige Vertrauen und die psychologische Unterstützung in das Handelssystem für den realen Handel schaffen.

Ein gewisses Maß an Unsicherheit bleibt und muss zwangsläufig einkalkuliert werden, da zukünftige Kursentwicklungen zwar prognostizierbar, aber nicht vorhersagbar bleiben. Mechanische Handelssysteme können jedoch mit entsprechenden Berechnungsmodellen Strukturen in der Preisentwicklung erkennen, die in der Vergangenheit innerhalb eines definierten Zeitrahmens und Zeitfensters profitabel gehandelt werden konnten. Ein Handelssystem kann z.B. die Richtung eines aktuellen Markttrends berechnen, potentielle Umkehrpunkte signalisieren oder zum Positionsmanagement verwendet werden. Dabei steht die Umsetzung einer langfristig profitablen und robusten Handelsstrategie im Vordergrund, der Erfolg einzelner Handelsaktionen ist dabei nicht entscheidend. Zudem werden Handelssysteme nur selten exakt am Top einer Preisentwicklung Signale generieren. Die zu erwartenden Gewinne aus Handelssystemen sollte man daher realistisch einschätzen.

Der Einsatz von mechanischen Handelssystemen erfordert die konsequente Befolgung der systematischen Regeln. Die für den Erfolg erforderliche Disziplin walten zu lassen, fällt vielen Händlern schwer, kann aber z.B. durch automatische Ordersysteme komplett dem Computer überlassen werden.

Fortsetzung folgt ...

Autor: Dipl.-Ing. Lutz Engelland, Handelssystem-Entwickler

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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