Handelskrieg: Deutschland weist US-Vorwürfe scharf zurück
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Deutschland hat ein Problem: Seit dem Wahlsieg von Donald Trump in den USA steht der riesige Handelsbilanz- und Leistungsbilanzüberschuss Deutschlands wieder verstärkt in der Kritik. In den vergangenen Jahren kam die Kritik vor allem aus Südeuropa. Doch nun hat auch die US-Regierung in den Chor der Kritiker eingestimmt. Deutschland überschwemme den Rest der Welt mit seinen Waren und investiere viel zu wenig in die Binnenwirtschaft. Dabei profitiere Deutschland mit dem Euro von einer Währung, die eigentlich viel zu schwach sei für das Land. Keine Frage: Das ganze "Geschäftsmodell" der deutschen Wirtschaft ist der neuen US-Regierung ein Dorn im Auge. Schließlich will sie erreichen, dass wieder mehr in den USA produziert wird. Länder wie Deutschland mit einem riesigen Handelsbilanz- und Leistungsbilanzüberschuss geben da gewissermaßen ein "natürliches Ziel" für verbale Angriffe ab.
Aus Deutschland wurden im vergangenen Jahr Waren im Wert von 1.195 Mrd. Euro in den Rest der Welt exportiert, aber nur Waren im Wert von 923 Mrd. Euro importiert. Der Handelsbilanzüberschuss belief sich damit auf 272 Mrd. Euro. In der Leistungsbilanz insgesamt, die neben der Handelsbilanz noch weitere Teilbilanzen umfasst, belief sich der Überschuss Deutschlands im vergangenen Jahr auf gigantische 8,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Sowohl in Bezug auf das BIP als auch absolut ist der deutsche Leistungsbilanzüberschuss inzwischen deutlich höher als der anderer exportlastiger Länder wie China.
Im aktuellen Monatsbericht verteidigt sich das Bundesfinanzministerium nun gegen Vorwürfe, Deutschland beute mit dem hohen Exportüberschuss den Rest der Welt aus. Zunächst betont das Bundesfinanzministerium, der hohe Leistungsbilanzüberschuss sei "das Ergebnis einer ausgesprochen wettbewerbsfähigen deutschen Volkswirtschaft". "Deutschland hat bei den Warenexporten in den vergangenen Jahren vor allem von der steigenden Nachfrage nach technologisch hochwertigen Produkten seitens der Schwellenländer aber auch von der günstigen Wirtschaftsentwicklung in den USA profitiert. Hier macht sich die besondere Stärke der deutschen Wirtschaft im Bereich technologieintensiver Investitionsgüter bemerkbar, die im weltweiten Qualitätswettbewerb überzeugen", heißt es im Monatsbericht. Gleichzeitig habe aber auch der schwächere Euro zu den gestiegenen Exporten beigetragen.
Ganz deutlich erteilt das Finanzministerium Forderungen eine Absage, die deutsche Politik sei gefordert, das hohe Ungleichgewicht zu beseitigen. "Die Leistungsbilanz wird in Deutschland nicht staatlich gesteuert; ohnehin wären die wirtschaftspolitischen Handlungsmöglichkeiten hierzu sehr begrenzt", heißt es im Monatsbericht. So hätte auch eine Erhöhung der staatlichen Investitionen in einer realistischen Größenordnung kaum eine Auswirkung auf den Leistungsbilanzüberschuss, so das Ministerium. Zudem seien die öffentlichen Investitionen bereits stark gestiegen. Bis 2020 sei eine jährliche Ausweitung um fünf Prozent pro Jahr geplant.
Das Bundesfinanzministerium verweist darauf, dass der Leistungsbilanzüberschuss im Verhältnis zum BIP bereits im vergangenen Jahr um 0,3 Prozentpunkte gesunken sei. Für die kommenden Jahre sei mit einem weiteren Rückgang zu rechnen. Dafür sieht das Finanzministerium verschiedene Gründe: "Aufgrund der dynamischen Binnennachfrage und der Entwicklung an den Rohstoffmärkten ist in den kommenden Jahren mit einem Rückgang des Leistungsbilanzsaldos zu rechnen. Auch eine Normalisierung der Geldpolitik des Euroraums kann dazu einen Beitrag leisten. Und auch die demografische Entwicklung in Deutschland wird zumindest mittelfristig zum Abbau des Leistungsbilanzsaldos beitragen", heißt es im Monatsbericht.
Die Verteidigungslinie der Bundesregierung ist klar: Der hohe Exportüberschuss Deutschlands ist kein Problem, sondern einfach Ausdruck einer leistungsfähigen Wirtschaft. Andere Länder seien gefordert, die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Wirtschaft zu fördern, statt Deutschland für den wirtschaftlichen Erfolg zu kritisieren. Zudem habe die Politik gar keine realistischen Möglichkeiten, am hohen Überschuss etwas zu ändern. Für US-Kritiker, die Strafzölle auf deutsche Produkte fordern, hält das Finanzministerium noch eine besondere Warnung parat: „Jede Demontage gut etablierter marktgesteuerter Handelsstrukturen ginge zulasten des Wohlstands aller Länder.“
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