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13:55 Uhr, 18.02.2008

Gründe und Konsequenzen der Kreditkrise

Frankfurt am Main (BoerseGo.de) - Weltweit erlebten die Aktienmärkte ihren schlechtesten Start ins Jahr seit Beginn der Konjunkturaufzeichnungen im Jahre 1970. So fiel der DAX seit Jahresbeginn um 17 Prozent. Ein Grund ist die Finanzkrise in den USA. Sie begann mit Problemen im Subprime-Anleihenmarkt und wächst sich nun zu einer drohenden Rezession aus. Angesichts des deutlichen Anstiegs der Arbeitslosenrate und des rückläufigen Immobilienmarktes ist deren Eintritt sehr wahrscheinlich.

Der Citigroup CEO Chuck Price dazu: "So lange die Musik spielt, musst du aufstehen und tanzen. Wir tanzen noch." Dies bedeutet: "Solange ausreichend Liquidität vorhanden ist, solange wird sich Citigroup an den Kreditmärkten engagieren." meint Keith Wade, Chefvolkswirt bei Schroders. Die Citigroup musste bisher 18 Milliarden US-Dollar Subprime-Verluste abschreiben. Aber auch Merrill Lynch, Morgan Stanley und UBS mussten herbe Verluste hinnehmen. Insgesamt schrieben die Institute bisher 108 Milliarden Dollar ab.

Die Krise greift auch auf die Realwirtschaft über. So kündigen viele Banken die Verschärfung der Kreditvergabekriterien an. Die britische Tochter der Citigroup entzog bereits 160.000 Kunden die Kreditkarte.

Spekulationsblasen und Krisen treten immer wieder an den Finanzmärkten auf. Beispiele sind der Hightech-Booms in den 1990er Jahren, die britische Hauspreisblase in den 1980er Jahren, die "Nifty 50" in den 1960ern oder der Boom der Konglomerate in den USA in den 1970ern.

"Diesmal kamen zwei Dinge zusammen: Leute, die sich normalerweise keine Hypothek hätten leisten können, waren dazu bei Zinssätzen von nur einem Prozent auf einmal sehr wohl in der Lage", so der Finanzexperte in einem Marktkommentar. Hinzu komme, dass die risikoreichen Kredite verbrieft und so weltweit handelbar gemacht wurden. Die Käufer vertrauten auf die Beurteilungen der Rating-Agenturen und geraten so in Schwierigkeiten. "Die Arbeitsweise der Rating-Agenturen und die systemimmanenten Interessenkonflikte müssen nunmehr grundsätzlich überdacht werden", erklärt der Chefvolkswirt.

Unterdessen wurden die Vorstände der in Schieflage geratenen Institute mit einem Boni belohnt. Dies mache die Asymmetrie zwischen Aktionären und Management deutlich, die die Frage aufwirft, wie börsennotierte Finanzkonzerne geführt werden sollen. Gleichzeitig führt der Zustrom neuen Kapitals u. a. aus den Devisenvorräten Chinas und Singapurs zu einer zunehmenden Verwässerung der Anteilswerte.

Aus der makroökonomischen Perspektive kam die Krise unerwartet, denn die Weltwirtschaft schrieb solide Wachstumszahlen, die Inflation war unter Kontrolle und die Volatilität an den Finanzmärkten gering. Die Kreditkosten stiegen jedoch zusammen mit der Wiederbelebung der Wachstumserwartungen, wodurch die Subprime-Kreditnehmer in die Klemme gerieten. Die entscheidende Frage lautet für den Chefvolkswirten von Schroders deshalb: "Muss der Markt stärker reguliert oder ist er bloß dem Zusammentreffen unglücklicher Umstände zum Opfer gefallen."

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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