Kommentar
07:52 Uhr, 23.06.2017

Großes Rätsel in US-Arbeitsmarktdaten

Die Notenbank, Politiker und viele Ökonomen sind nach wie vor optimistisch, was die wirtschaftliche Entwicklung in den USA anbelangt. Die Warnsignale scheint niemand zu sehen.

Das derzeit wohl größte Rätsel und gleichzeitig auch Warnsignal in den Arbeitsmarktdaten scheint an den meisten vorbeizugehen. Das kann sich in den nächsten Monaten rächen, denn das Signal ist eigentlich ziemlich eindeutig. Es zeigt an, dass der Aufschwung praktisch schon vorbei ist.

Bei den meisten ist davon keine Rede. Auch die Modelle, die das Wirtschaftswachstum vorhersagen sollen, sind noch recht optimistisch. Das Modell der Notenbank von Atlanta zeigte Anfang Juni noch ein Wachstum von 4 % im zweiten Quartal voraus. Das Modell der New Yorker Fed steht bei 2,3 %.

Inzwischen sind die Wert mit neuen Datenpunkten beim Atlanta Fed Modell etwas zurückgekommen. Die Prognose steht nun bei 3 %, aber auch das könnte noch zu optimistisch sein. Der Arbeitsmarkt will nämlich nicht mehr so recht.

Die Probleme auf dem Arbeitsmarkt zeigen sich anhand von zwei Datenreihen. Zunächst ist da der monatliche Arbeitsmarktbericht zu nennen. Dieser zeigt, dass der Aufschwung an Fahrt verliert. Im mehrmonatigen Durchschnitt werden immer weniger neue Stellen geschaffen. Die Dynamik nimmt deutlich ab. Da die US-Wirtschaft kaum noch Produktivitätswachstum ausweist, ist das Wirtschaftswachstum vor allem vom Beschäftigungsaufbau abhängig.

Das Beschäftigungswachstum impliziert derzeit ein Wachstum von 1,5 % pro Jahr. Die Tendenz ist abnehmend. Zusammen mit Wachstum in Übersee und kleinen Produktivitätsgewinnen kann das Wachstum 2 % erreichen – mit viel Glück. Im zweiten Quartal kann das Wachstum natürlich über 2 % liegen. Einzelne Quartale können immer deutlich über oder unter dem Trend liegen.

Ob es zu einem überdurchschnittlichen Wachstumsschub in Q2 kommt, wage ich zu bezweifeln. Der Arbeitsmarkt wirkt so, als würde er einen handfesten Abschwung andeuten. Damit sind wir bei der zweiten Datenreihe, die einen Schatten auf das Geschehen wirft.

Der zweite Datensatz ist in der Grafik abgebildet. Gezeigt werden die offenen Stellen und Neuanstellungen relativ zu den gesamten Stellen bzw. Beschäftigten. Die Datenreihe gibt es erst seit dem Jahr 2000. Entsprechend gibt es wenige historische Präzedenzfälle. Nichtsdestotrotz zeigt sich aktuell eine Situation wie 2006 und 2007. Damals stieg die Zahl offener Stellen weiter an, während Unternehmen in der Realität immer weniger Leute einstellten.

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Das ist so zu interpretieren: die Situation ist gut und das Wachstum rechtfertigt weiteren Stellenaufbau. Die Aussichten sind jedoch nicht mehr gut und Unternehmen sind skeptisch. Sie warten lieber, anstatt offene Stellen zu besetzen. Genau das scheinen wir derzeit zu sehen. Dieser Trend etabliert sich seit etwas über einem Jahr. Vor dem letzten Abschwung hat es zwei Jahre gedauert, bis sich der Trend auch in niedrigerem Wachstum widerspiegelte.

Auf die heutige Situation übertragen bedeutet dies, dass die US-Wirtschaft noch eine Galgenfrist bekommt, vermutlich bis Ende 2017 oder Anfang 2018. Die Zeichen für einen Abschwung mehren sich jedoch deutlich. Die Entscheidungsträger, vor allem Notenbanker, zeigen sich derzeit immun gegen diese „offensichtlichen“ Trends.

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1 Kommentar

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    Bleibt noch zu erwähnen, dass die participition rate bei einem historische Tief von glaube ich nur um die 60% derzeit liegt.

    08:45 Uhr, 23.06. 2017

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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